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Norbert Eder: Wie es einen Vize-Weltmeister in die Fußball-Provinz verschlug

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Es war in den 1990ern der Fußball-Coup schlechthin im Landkreis: Ex-Profi Norbert Eder übernahm als Trainer beim 1. FC Garmisch-Partenkirchen. Nach seinem Tod erinnern sich FC-Größen an einen feinen Menschen.

Garmisch-Partenkirchen – Als Norbert Eder im März 1998 Knall auf Fall seine Zelte in Garmisch-Partenkirchen abbricht, schwingt Bitterkeit in seinen Worten, aber auch ein wenig Positives. „Zu Beginn hatte ich das Gefühl, eine Thekenmannschaft übernommen zu haben. Das hat sich geändert, denn das Team ist stärker und leistungsfähiger geworden.“ Die Rede ist vom damaligen Landesligisten 1. FC Garmisch-Partenkirchen, bei dem der Ex-Profi viereinhalb Monate zuvor als prominenter Feuerwehrmann anheuerte.

Kein einziges Spiel hat Eder, der vor sechs Tagen im Alter von 63 Jahren gestorben ist, in der Folge gewonnen. Somit geht der Vize-Weltmeister von 1986 als der erfolgloseste Coach in die FC-Historie ein. Ohne Punkte und Geld, das ihm ein Sponsor versprochen hat, kehrt er zurück nach Rosenheim. „Ich bin hier der falsche Mann“, sagt er und verschwindet.

Deal am Irschenberg

Doch der Mann mit dem stechenden Blick und dem festen Händedruck hat am Gröben Spuren hinterlassen – vor allem bei Andreas Wiedenmann, der den Ex-Profi vor 22 Jahren nach Garmisch-Partenkirchen gelotst hatte. „Über den Norbert kann ich nur das Allerbeste sagen.“ Kennengelernt hatte der ehemalige FC-Funktionär den vielgereisten Meisterkicker in den 1990ern im Dorint-Hotel. Nach einem Prominenten-Spiel sitzen Eder und Wiedenmann beim Bankett an einem Tisch. „Wir haben sofort festgestellt, dass wir einen guten Draht zu einander haben.“

Als der 1. FC Garmisch-Partenkirchen, der mit viel Geld des damaligen Sponsors Roland Holly von der Kreis- in die Landesliga marschiert ist, nach dem Rückzug des Geldgebers sportlich ins Schlingern gerät, erinnert sich der Manager an seinen sympathischen Tischnachbarn. Dann geht alles ganz schnell. Wiedenmann und der Technische Leiter Heini Lanz steigen ins Auto und brausen los. Auf halbem Weg treffen sich die Werdenfelser mit dem Rosenheimer – in der Autobahn-Gaststätte am Irschenberg. „Der Deal geschah bei Nacht und Nebel“, scherzt Wiedenmann. Am 13. November 1997 wird Eder der staunenden Öffentlichkeit im FC-Stüberl präsentiert. „Entweder uns gelingt ein Wunder oder wir beginnen bereits die Planungen für die kommende Saison“, bemerkt Eder.

Turbulente Zeiten

Doch schnell muss der Ex-Nationalspieler erkennen, dass sein Team nicht liga-tauglich ist. „Das waren turbulente Zeiten“, erinnert sich Heini Lanz, der nach dem Ausbleiben der Holly-Gelder den Etat drastisch zurückfahren musste. Was man der Qualität des 1. FC anmerkte. „Unangenehm und peinlich war das“, räumt Wiedenmann ein. „Der Norbert kam zur verkehrten Zeit, das bedauere ich sehr.“ Dreimal die Woche pendelt Eder zwischen Rosenheim und Garmisch-Partenkirchen hin und her. „Das zeigt seinen Fanatismus“, sagt Wiedenmann. „Der hat die Sache sehr ernst genommen, keinesfalls wollte er nur seinen Namen spazieren tragen.“

Zu einem von Eders Lieblingskickern avanciert der damals blutjunge Christoph Saller. „Immer wieder hat er sich nach ihm erkundigt“, erzählt Wiedenmann. Saller denkt gerne an die Eder-Episode zurück. Als er 1997 erfährt, wer sein Trainer wird, kann es der „Salli“ nicht fassen: „Der große Vize-Weltmeister kommt zu uns Dorfverein?“ In die ersten Übungseinheiten geht Saller „sehr, sehr ehrfürchtig“. Ihn fasziniert die unaufgeregte Art des geerdeten Trainers. „Arbeit und Ansprache waren topp.“ Besonders schätzt Saller die menschliche Komponente. Als er vor einigen Jahren schwer erkrankt, erkundigt sich Eder zwei-, dreimal per Telefonat nach seinem Gesundheitszustand.

Der letzte Anruf

Vor einem Jahr ungefähr nimmt auch Andreas Wiedenmann den Hörer in die Hand und spricht zum letzten Mal mit Eder, der eine schwere Operation hinter sich gebracht hat. „Norbert war sehr angegriffen.“

Dass ausgerechnet dieser Sportsmann und Asket, der nie geraucht oder getrunken und sich gesund ernährt hatte, wenige Tage vor seinem 64. Geburtstag stirbt, hätte Heini Lanz nie erwartet. „Ich dachte immer, der wird 100 Jahre alt.“

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