Nach Bayern-Patzer: Müller ist „sauer“ - und stellt Reporter freche Gegenfrage
Der FC Bayern trennt sich in der Bundesliga unentschieden vom VfB Stuttgart. Wir fassen die Stimmen und Reaktionen rund um das Spiel zusammen.
München – Der deutsche Rekordmeister ist in der Fußball-Bundesliga Schritt für Schritt in eine Ergebniskrise getaumelt. Gegen den VfB Stuttgart (2:2) gab es für den FC Bayern das dritte Unentschieden in Folge. Drei Siege und drei Remis nach sechs Spieltagen sind gleichbedeutend mit dem schlechtesten Saisonstart seit zwölf Jahren.
Serhou Guirassy (90.+2) hatte den Schwaben mit seinem Elfmetertor in der Nachspielzeit das fünfte Unentschieden in dieser Saison ermöglicht. Mathys Tel (36.) hatte die Münchner mit seinem Bundesliga-Premierentor in Führung gebracht, Chris Führich (57.) glich für den VfB aus, ehe Jamal Musiala (60.) die neuerliche Führung für die Bayern erzielte.
Nach der Partie war neben dem Elfmeter vor allem ein vermeintliches Foul von Führich gegen Joshua Kimmich (51.) Thema. Schon in dieser Szene war der Ball im Münchner Tor, Schiedsrichter Christian Dingert erkannte den Treffer nach VAR-Studium aber ab. Thomas Müller regte sich hinterher über den verpassten Sieg auf, FCB-Coach Julian Nagelsmann sah Schwächen bei seiner Mannschaft und erklärte diese.
Wir fassen für Sie die Stimmen zur Partie des FC Bayern gegen den VfB Stuttgart von Sky und aus der Allianz Arena zusammen:
Thomas Müller (FC Bayern) nach dem Spiel über ...
... den späten Ausgleich des VfB Stuttgart: „Heute bin ich das erste Mal in dieser Spielzeit sauer. Und zwar auf uns selbst. Wenn wir jedes Spiel gewinnen wollen, und das ist unser Anspruch, dann musst du bis ans Letzte gehen. Englische Woche hin oder her, Highlight-Spiel unter der Woche hin oder her. Mit unserer aktuellen Punktesituation, da musst du die letzten zehn Minuten ans Letzte gehen. Dass wir Stuttgart überhaupt nochmal einen Ball in unseren Strafraum schlagen lassen. Dann hat es auch etwas damit zu tun, wie sehr wir gallig und griffig sind. Heute habe ich das erste Mal das Gefühl, dass wir was hergeschenkt haben.“
... das Ergebnis gegen die Schwaben: „Ich muss sagen: Wenn wir so schnell wie möglich an die Tabellenspitze kommen wollen, und das ist unser Anspruch, dann müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Und zwar alle. Wir sind noch nicht Tabellenführer.“
... das zurückgepfiffene Tor von Serhou Guirassy: „Foul ist es auf jeden Fall. Im Mittelfeld wird er auf jeden Fall sofort gepfiffen. (zu Sky-Reporter und Ex-Bundesliga-Profi Torben Hoffmann, d. Red.) Du hast den Ball mit dem Rücken zum eigenen Tor noch nie angenommen, sondern sofort weggeprügelt, oder? Ich muss den Pfiff, der uns geholfen hat, nicht verteidigen. Da habe ich andere Sorgen. Das hat nichts damit zu tun, ob wir das Spiel heute gewinnen oder verlieren. Am Ende ist es egal, was der Schiedsrichter gepfiffen oder nicht gepfiffen hat.“

Julian Nagelsmann (Trainer FC Bayern) nach dem Spiel über ...
... sein Fazit zur Partie: „In der ersten Halbzeit haben wir 30 Minuten Probleme. Da waren wir nicht so gut im Spiel. Das ist ein Stück weit normal nach einem Champions-League-Spiel, dass man ein bisschen braucht, um reinzukommen. Dann haben wir 15 Minuten viel besser gespielt, hatten ein viel besseres Gegenpressing und haben Stuttgart nicht mehr wirklich rauskommen lassen. Haben dann auch verdient geführt, müssen in der Phase ein zweites Tor machen. Die ersten 15 Minuten der zweiten Halbzeit waren auch noch okay. Dann waren wir im Ballbesitz zu langsam, haben sehr viel auf Kontrolle gespielt, aber wenig in Richtung Tor. Trotzdem haben wir drei Riesen-Chancen, wo du definitiv ein drittes Tor machen musst. Dann ist das Spiel vorbei. Es war ein klassischer Verlauf. Der Gegner hat drei, vier Riesen-Unterzahlsituationen, die er verteidigen muss. Ein drittes Tor war möglich - Serge, Leroy, Jamal. Das gab es nicht. Und auf einmal denkt der Gegner, okay, es geht noch was. Dann ging auch noch was, dann gab es noch einen berechtigten Elfmeter. Und dann haben wir 2:2 gespielt.“
... Mängel im Spiel des FC Bayern: „Wir haben genügend Chancen gehabt, um ein drittes Tor zu machen. Ähnlich wie gegen Gladbach. Gegen Union gab es auch vier Situationen, wo wir das Tor machen müssen. Heute gab es in der ersten Halbzeit zwei freie Abschlüsse aus 16 Metern, die wir drüber geschossen haben. In der zweiten Halbzeit gab es drei Stück davon und ein Eins-gegen-eins auf den Torwart, wo das dritte Tor nicht fällt. Und dann hat Stuttgart am Ende sehr viele diagonale Bälle gespielt. Da hätten wir viel mehr Risiko nehmen müssen. (...) In den Kontersituationen sind wir nicht in den Abschluss gekommen, wie es eigentlich sein sollte. Stuttgart hat da ein klares Prinzip und lässt sich sehr nah ans Tor fallen. Da stehen die drei (Verteidiger, d. Red.) sehr kompakt. Da ist es nicht so leicht, die Überzahl auszuspielen. Wenn der Gegner dann den Ausgleich macht, gibt es nur einen Punkt.“
... Druck nach drei Remis in Folge in der Bundesliga: „Ich weiß nicht, ob der Druck höher geworden ist. Druck ist ja etwas sehr Subjektives, was von Außen immer kommt. Ich gehe die Woche genauso an, wie ich es angegangen wäre, wenn wir das Spiel gewonnen hätten. Wir trainieren morgen, wir trainieren am Montag, analysieren morgen den Gegner fertig. Bereiten uns vor und versuchen, eine gute Idee für Barcelona zu entwickeln. Was schwer wird. Dann versuchen wir, am Dienstag das Heimspiel zu gewinnen. Identisches hätte ich auch gemacht, wenn wir heute 4:0 gewonnen hätten.“
... die Szene, als Stuttgart ein Tor abgesprochen bekam: „Glück? Weiß ich nicht. Ich würde sagen, es ist eine Kann-Entscheidung. Wenn kein Tor fällt, sondern ein Standard daraus entstehen würde, würde sich jetzt keiner beschweren, dass es nicht als Foul gewertet wird. Ich glaube, dass ein Zupfer an der Schulter schon etwas anderes ist als ein Zupfer an der Hüfte. Weil der Körperschwerpunkt ein anderer ist. Ich glaube aber, dass man es auch weiterlaufen lassen kann. Glück? Weiß ich nicht. Es ist halt eine Regelauslegung. Und die hat er so getroffen. (...) Der Elfmeter ist ein berechtigter. Unabhängig davon, ob der Ball schon weg ist. Wenn der Ball schon weg ist und du haust ihn um, ist es trotzdem ein Foul. Matthijs hat by the way ein herausragend gutes Spiel gemacht. Sehr schade, dass er der Arme war, der da am Elfmeterpunkt aushelfen musste. Passiert, und weiter geht‘s.“
Hasan Salihamidzic (Sportvorstand FC Bayern) nach dem Spiel über ...
... das Spiel seiner Mannschaft: „Ich bin immer sauer, wenn wir nicht gewinnen. Heute war es nicht genug. Wir hatten zwar einige Situationen, aber immer ohne so richtige Durchschlagskraft. Ohne richtige Entschlossenheit. In der Bundesliga bekommst du ja nichts geschenkt. Deswegen war das heute kein gutes Spiel von uns. Heute hat es nicht gereicht zum Sieg. (...) Es war viel zu wenig Bewegung, viel zu wenig Intensität, viel zu wenig von dieser Energie, die wir normalerweise auf den Platz bringen. Am Dienstag muss es besser werden. (...) Die Jungs wissen selber, dass es heute in der Liga nicht gereicht hat. Es sind sechs Punkte, die uns fehlen. Das sind mindestens vier zu viel. (...) Wir müssen zwei Gänge hochschalten, gegen Barcelona sogar drei. Mit Barcelona kommt jetzt eine Topmannschaft.“
Pellegrino Matarazzo (Trainer VfB Stuttgart) nach dem Spiel über ...
... das Unentschieden beim FC Bayern: „Ich denke, wir sind sehr gut ins Spiel reingekommen, haben die ersten 30 Minuten sehr ordentlich verteidigt. Bis Bayern diese Doppelchance hatte und wir im Anschluss nicht clever genug mit unserem Ballbesitz umgegangen sind. Ich finde, dass wir nach Ballgewinnen immer wieder Ballverluste hatten, die auch wehgetan haben. In der Endphase der ersten Halbzeit mussten wir ein Stück weit leiden. In der zweiten Halbzeit war es ein offeneres Spiel, wo wir ein Stück weit höher anlaufen, mehr Druck erzeugen und weniger Kontrolle der Bayern zulassen. Wo wir die eine oder andere Chance und Kontersituation überstehen, wo Bayern natürlich sehr stark ist, mit seinem Personal im Sprint. Sie hatten mehrere Überzahlsituationen auf unserer Kette, wo wir relativ stark waren in der Innenverteidigung.“
Sven Mislintat (Sportdirektor VfB Stuttgart) nach dem Spiel über ...
... die Partie in München und das nicht gegebene Tor von Serhou Guirassy: „Du brauchst immer in der einen oder anderen Situation den Torwart. Das haben wir hinbekommen. Die erste Entscheidung (Foul von Führich gegen Kimmich, d. Red.) gegen uns war falsch, das wäre schon das Unentschieden gewesen. Plus der Schuss von Guirassy gegen die Latte. Man kann gar nicht von einem unverdienten Punkt reden, im Gegenteil, es war ein verdienter Punkt.“

Julian Nagelsmann (Trainer FC Bayern) vor dem Spiel über...
...das Remis in Berlin: „Wir hatten gegen Union vier Chancen der Top-Kategorie, haben es aber nicht geschafft sie zu nutzen und noch mehr herauszuspielen. Deswegen haben wir nur Unentschieden gespielt.“
...den Fehler von Dayot Upamecano, der zum Gegentor geführt hat: „Upa versucht immer eine Lösung zu haben. Der Ball ist nicht so leicht zu verteidigen. Manchmal muss man in diesen Situationen den Ball auf die Tribüne jagen. Er denkt eher zu viel. Er will alles richtig machen und eine spielerische Lösung suchen. Manchmal entsteht dann eine unglückliche Situation. Am Ende muss der Spieler entscheiden, wie wohl er sich fühlt. Manchmal muss man auch auf Kosten eines Einwurfs klären.“
...den dritten Tabellenplatz und die Rolle als Freiburg-Verfolger: „Grundsätzlich ist mir der Tabellenplatz nicht egal, aber es ist nach fünf Spieltagen nicht entscheidend. Wir haben außer Union viele gute Bundesligaspiele gemacht mit vielen Chancen. Jetzt sind wir grad selber Jäger. Wenn sich das Blatt irgendwann wieder dreht, wäre ich ganz zufrieden.“
...seine Aufstellung: „Viel Belastungssteuerung einerseits um Spielern eine Pause zu geben und andrerseits um ihnen Rhythmus zu geben. Jetzt wurde berichtet, dass einige Spieler unzufrieden wären. Das ist so nicht wahr, es wird viel drumherum erzählt. Heute kriegen ein paar Neuzugänge und Spieler, die zuletzt nicht so viel gespielt haben ihre Chance, sie sollen ihre Chance nutzen. Es gibt keinen Grund die Bremse zu treten, sondern nur Vollgas.“
...die Verletzung von Kingsley Coman: „Ich habe King nicht den Faserriss eingeredet, ich freue mich, wenn alle gesund sind.“
Pellegrino Matarazzo (Trainer VfB Stuttgart) vor dem Spiel über...
...den Matchplan: „Der Ansatz ist, in unser Spiel reinzukommen. Das hängt davon ab, was uns Bayern erlaubt von der Pressinghöhe. Wir wollen kontern, in Ballbesitz aber mutige und smarte Entscheidungen treffen. Wir dürfen aber auch nicht zu viel Risiko gehen, um keine dummen Gegentore zu kassieren.“
Klaus Augenthaler (Klubrepräsentant FC Bayern) vor dem Spiel über...
...die vielen Wechsel von Nagelsmann: „Er bringt heute wieder den einen oder anderen frischen Mann rein. Er hat 23 fast gleichwertige Spieler, dann müsste es gegen den VfB reichen.“
...die Belastung der Champions League: „Es ist nicht schwierig den Fokus abzurufen. Manchmal ist man angeschlagen oder nach Flugreisen etwas müde. Sie müssen sich gegen den VfB konzentrieren.“
...den Verlust von Lewandowski: „Der Abgang von Lewandowski tut nicht weh. Es war der richtige Schritt ihn ziehen zu lassen. Man hat gesehen, dass die Mannschaft vorne Torgefahr ausstrahlt.“
...das Duell gegen Stuttgart: „Ich kann mir vorstellen, dass der FC Bayern richtig Druck machen wird.“
...die Rückkehr von Lewandowski mit Barcelona am Dienstag: „Solche Geschichten schreibt nur der Fußball. Erst das Hickhack um ihn und dann stehst du hier ein paar Wochen später bei deiner Ex-Mannschaft. Es wird sehr interessant.“
...Bayerns Favoritenrolle in der Champions League: „Beim Ausscheiden gegen Villarreal war Bayern auch Mitfavorit. Je weiter man kommt, umso dünner wird die Luft. In der Champions League verdient man das Geld. Wenn man sich die englischen Mannschaften anschaut, denkt man die drucken das Geld.“