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Katsche: Darum war Hoeneß dem Kaiser suspekt

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In ihrer Anfangszeit beim FC Bayern war Uli Hoeneß (links) dem Kaiser Franz Beckenbauer (rechts) supsekt. Das verrät Bayern-Legende Katsche Schwarzenbeck in der tz-Serie zu Ulis 60. Geburtstag. © dpa

München - In der tz-Serie zum 60. von Uli Hoeneß schriebt diesmal Bayern-Legende Katsche Schwarzenbeck über seinen Freund.

Dem Kaiser war er suspekt, der Neue, der Blonde aus Schwaben. Dabei gab es ja Gemeinsamkeiten, beide waren groß geworden in einer Arbeitergegend, der eine in Giesing, Mder ünchen, der andere am Eselsberg, Ulm, der eine mit einem Postler als Vater, der andere mit einem Metzger. Und beide sahen im Fußball auch eine Aufstiegschance aus ihren Verhältnissen, sozial und finanziell. Aber Beckenbauer war eben gut sechs Jahre älter und schon eine Figur im Fußball, in Deutschland und bei Bayern. Als der Franz 1966 in Wembley um den WM-Titel spielte, kickte der kleine Uli noch in der Schüler-Auswahl Württembergs, und als Hoeneß dann 1970 nach München kam, da kam er bei den alten Bayern nicht gut an.

„Der glaubt ja, dass sich die Welt um seinen Nabel dreht“, sagte Beckenbauer damals über den Jungspund. Sie hatten so ihre Probleme miteinander.

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Bayern-Legende Katsche Schwarzenbeck © dpa

Die Bayern waren da längst zusammengewachsen zu einem verschworenen Haufen. Seit fünf Jahren Bundesliga, einmal Meisterschale, dreimal DFB-Pokal, einmal Europacup. Maier, Beckenbauer, Müller, es gab Leitwölfe und klare Hierarchien, neue hatten es schwer, erst recht, wenn sie sich nicht einordnen wollten, sondern aufmüpfig waren. So wie der forsche Hoeneß.

Einer, der das damals recht interessiert beobachtete und nichts sagte, weil er auch nie aufmüpfig war, war der Katsche Schwarzenbeck. „Was mir am Uli damals schon aufgefallen war“, sagt er, „der war immer so umtriebig. Neugierig war er, er wollte wissen, was im Verein so passiert, der hat sich immer eingemischt.“ Ihm selber sei das eher unwichtig gewesen, sagt Schwarzenbeck, „mir war das wurscht, ich war froh, wenn ich meine Ruhe gehabt hab, ich wollt halt Fußball spielen.“

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Aber Hoeneß gab keine Ruhe, mit starken Spielen erkämpfte er sich Respekt in der Mannschaft. Gefördert von seinem Entdecker Udo Lattek, der ihn aus Ulm geholt hatte, und manchmal auch zusammengestutzt von Robert Schwan, der ihn gerne mal die Koffer tragen ließ, bei Fahrten zu Auswärtsspielen oder ins Trainingslager. Das schwäbische Mütle kühlen.

Auswärts war es auch, in der ersten Saison, Schwarzenbeck erinnert sich noch genau. An einem Abend, vor einem Spiel, irgendwo im Westen. Die Bayern hatten eingecheckt im Hotel, die meisten Spieler waren schon auf dem Zimmer, als Schwarzenbeck durch die Hotellobby schlenderte und mitbekam, wie sein neuer junger Mitspieler an einem Telefonapparat stand. „Und er sagte dauernd etwas von Börsen und Aktien. Da hast schon gemerkt, dass er den Sinn fürs Geschäftliche hat.“ Wie heute auch noch.

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Vor zwei Monaten gab Uli Hoeneß ein Interview. Darin sprach er über seine langfristige Aktien-Strategie an den Finanzmärkten und über den Investmentclub, den er in den Achtziger Jahren gründete. Darin sprach er auch über die verantwortungslose Markt-Manipulation der Hedge-Fonds und dass es nicht sein kann, dass wegen unseriöser Rohstoff-Spekulationen Menschen in Indien und Bangladesch verhungerten, weil sie sich den Reis nicht mehr leisten könnten. Zwischen Großkapital und Gutmensch, Hoeneß eben.

Hoeneß hatten die Bayern jedenfalls viel zu verdanken, schon damals zu aktiven Zeiten. Denn das bedeutendste Spiel seiner ganzen Karriere machte Hoeneß 1973. In Östergötland. 1. Runde im Meistercup, Rückspiel bei Atvidaberg FF, nach dem 3:1 daheim lagen die Bayern nulldrei hinten. Bis Hoeneß traf. Er rettete das Spiel ins Elferschießen. Und sogar da traf Hoeneß.

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Nie hätten die Bayern im Mai 1974 ihren ersten Landesmeister-Cup geholt und vielleicht auch nicht die beiden in den Jahren darauf, Hoeneß war da schon Europameister und Weltmeister, aber dann 1976 begann die Krise. Da traf er nicht mehr im Elferschießen, 1976 gegen die Tschechoslowaken im EM-Finale. Kurz darauf, im November kam das letzte Länderspiel, weitere Verletzungen folgten wie missglückte Comebacks und das traurige Karriereende in Nürnberg. Mit 27. Längst hatte Hoeneß da schon seine Zukunft vorbereitet, noch als Spieler 1978 den Sponsorendeal mit Magirus-Deutz eingefädelt, dem Lastwagenbauer aus seiner Ulmer Heimat. Die Vertragsverhandlungen wurden damals im „Franziskaner“ geführt, die Unterschrift erfolgte auf einem Bierdeckel. Ein Spieler-Manager in Doppelfunktion, bald, ab 1979 war er nur noch Manager.

Nun konnte er endlich bestimmen. Und bestimmen mochte er früher schon. In Ulm, wo es die berühmte Geschichte gibt, wie er als Kind einmal an einem Sportladen vorbeiradelte und im Schaufenster einen Ball sah. Einen Flutlichtball, mit schwarzen und weißen Fünfecken und Sechsecken. 34 Mark kostete der Ball, der kleine Uli wollte ihn aber unbedingt haben, und darum half er noch mehr mit als zuvor, in der Metzgerei seiner Eltern, und verdiente sich Pfennig um Pfennig. Immer wieder schaute er vorbei am Geschäft, und der Ball war immer noch da, und auch dann noch, als er das Geld endlich beieinander hatte und ihn sich kaufen konnte. „Damit war ich dann der König“, sagte Hoeneß einmal, „damit konnte ich dann sagen, wer bei uns auf dem Bolzplatz mitspielen darf und wer nicht.“ Hoeneß gefiel es schon immer, die Macht zu haben.

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Alte Freunde von früher lässt er immer noch mitspielen, bei seinen Bayern. Gerd Müller, dem er nach seiner Alkoholsucht wieder eine Aufgabe bei den Bayern gab, Mehmet Scholl, seinen Zögling, der ab sofort wieder die Zweite Mannschaft trainiert. Und natürlich auch Katsche Schwarzenbeck. Denn der Katsche, der seinen Schreibwarenladen in der Au vor drei Jahren zusperrte, beliefert die Bayern auch heute noch mit Büromaterial, Kugelschreibern, Briefblöcken, jeden Tag bringt er in der Früh die Tageszeitungen vorbei, und vor Weihnachten kam er früher immer mit 50 verschiedenen Rollen Geschenkpapier an, damit sie sich ein passendes Muster zum Einwickeln der offiziellen Präsente aussuchen können. Inzwischen haben sie eines gefunden, das sie immer nehmen. In Rot. „Bayern-Rot“, sagt Schwarzenbeck.

Manchmal trifft Schwarzenbeck den Uli auch noch, seit der Präsident ist und nicht mehr im Tagesgeschäft, seltener als früher. Und dann reden sie, über dies und das und vor allem Fußball. Über Aktien haben sie aber nie geredet.

Florian Kinast

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