Laut eines „Marca“-Berichts hat sich die Verpflichtung von Lionel Messi für Paris Saint-Germain richtig gelohnt. Er soll pro Jahr zwar 41 Millionen Euro verdienen, hat dem Verein im Gegenzug aber rund 700 Mio. eingebracht.
Gress: Die 700 Mio. Euro sind sicherlich etwas zugespitzt, dennoch verdeutlicht der Bericht sehr gut, was für einen überdimensionalen Werbewert Lionel Messi hat. Dem Bericht nach kamen alleine durch Messi zehn neue Sponsorendeals zustande und 60 Prozent aller Trikotverkäufe von PSG liefen auf den Namen Messi. Der Kryptowert von PSG hat sich nach der Bekanntgabe verdoppelt und die Social-Media-Followerzahlen stiegen um 15 Mio. auf über 150 Mio. Fakt ist, dass der Einfluss gigantisch ist, auch wenn man die zugespitzten Zahlen noch etwas abrunden würde.
Wie ist es dann umgekehrt? Ab wann können Fußballer mehr mit Werbung verdienen als mit dem Fußballspielen selbst?
Gress: Social Media hat vielen Athleten die Tür zu Werbedeals deutlich vereinfacht. Jeder Athlet auf Instagram & Co. bietet interessierten Werbepartnern eine gewisse Reichweite, die sich vermarkten lässt. Deshalb streben auch immer mehr Athleten danach, sich professionell in den sozialen Netzwerken zu präsentieren, um sich eine möglichst große Reichweite aufzubauen – auch für nach der Karriere.
Robert Lewandowski, Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo – wer würde aus Vermarktungssicht am meisten bringen und warum?
Gress: Die Zahlen von PSG zu Messi sprechen für sich. Der Transfer hatte allerdings auch die emotionale Komponente, dass es Messis erster Verein außerhalb von Barcelona war. Die weltweite Messi-Anhängerschaft ist dem Idol dann bis nach Paris gefolgt. Nichtsdestotrotz ist CR7 in meinen Augen die Fußballermarke Nummer 1 der Welt. Auf Facebook, Instagram und Twitter hat Ronaldo zusammen über 712 Mio. Follower – mehr als Lewandowski (52,5 Mio.) und Messi (447 Mio.) zusammen.
Mit Sadio Mané ist es dem FC Bayern bereits gelungen, einen Weltstar in diesem Sommer zu verpflichten. Wie groß ist sein Werbewert?
Gress: Er ist eine Ikone auf dem afrikanischen Kontinent. Er hat sich dort neben seiner sportlichen Erfolge auch aufgrund seines Charity-Einsatzes vor Ort einen enorm hohen Popularitätsfaktor erarbeitet. Für europäische Vereine ist der afrikanische Kontinent aufgrund schwächerer Kaufkraft aber nicht so lukrativ wie Südamerika oder viele Teile Asiens. Trotzdem wird er aufgrund seines Namens und seiner fußballerischen Klasse das Interesse am FC Bayern bzw. der Bundesliga als Marke steigern.
Was ist wichtiger bei Transfers: Sportlicher Einfluss oder Werbewert?
Gress: Der sportliche Einfluss steht natürlich über allem. Ein Ronaldo hat sich diesen Werbewert letztendlich ja auch vor allem durch seine Weltklasse Leistungen über mehrere Jahre aufgebaut. Nichtsdestotrotz gab es auch immer mal wieder Transfers, bei denen tatsächlich das Marketingpotenzial über dem sportlichen Wert stand. Ich erinnere mich dabei zum Beispiel an den Japaner Takefusa Kubo zu Real Madrid 2019 oder der Chinese Xizhe Zhang 2015 zum VfL Wolfsburg. Bei beiden war auch schon damals relativ klar, dass sie kaum das sportliche Potenzial für die Vereine haben, aber durch ausgewählte Marketing Aktivierungen in den Zielländern ist es dann ggf. eben doch möglich, rein aus dem Werbewert Profit zu schlagen, ohne dass der Spieler reihenweise Tore schießt und Punkte liefert. Auffällig ist aber, dass es solche Transfers in Europa die letzten Jahre wenig bis gar nicht mehr gegeben hat. Trotz der fortschreitenden Kommerzialisierung der Branche haben die Vereine dann doch festgestellt: Wenn der Spieler sportlich nicht mithalten kann, ist die Euphorie sehr schnell verflogen.
Derzeit wird diskutiert, wie die Bundesliga wieder attraktiver werden könnte. Was ist Ihr Vorschlag?
Gress: Die letzten Jahre gab es im Fußball eine Entwicklung dorthin, dass Fußballfans Anhänger von einzelnen Spielern und nicht mehr zwingend nur von einem Verein werden. Fans folgen ihren Idolen weiter, egal wo hin sie wechseln. Je besser der Spieler, desto häufiger tritt logischerweise dieses Phänomen auf. In diesem Bereich hat die Bundesliga leider hier und dort etwas den Anschluss verloren, da die meisten Weltstars vor allem aus finanziellen Gründen in die Premier League gehen. Dass Mané in die Bundesliga wechselt, ist zwar schön und gut, aber bleibt dann doch leider die Ausnahme. Neben der nationalen Vermarktung nimmt die Premier League inzwischen auch mit der Auslandsvermarktung Milliarden ein, kann also mehr und mehr Stars holen. Auch wenn man es in Deutschland nicht gerne hört: Die einzige Möglichkeit, um mittelfristig den Engländern wieder näher zu kommen, wäre der Wegfall von 50+1, um so noch größere Investoren anzulocken. Oder man bleibt beim sympathischen Plan B: Gute Stimmung in den Stadien, aber international wird es – abgesehen von einzelnen Ausnahmen, dann leider immer schwieriger.
Interview: Philipp Kessler, Manuel Bonke