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„War nie das größte Talent“ - Bayern-Neuzugang Mazraoui erklärt steilen Aufstieg

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Von: Philipp Kessler

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Noussair Mazraoui ist von Ajax Amsterdam zum FC Bayern gewechselt. Der Rechtsverteidiger spricht im tz-Interview über den Transfer, seine Ziele und München.

München – Torwart war Noussair Mazraoui noch nicht. Sonst hat der 24-Jährige jede Position beackert. Beim FC Bayern soll der Marokkaner, der ablösefrei aus Amsterdam kam, die vakante Rechtsverteidiger-Position ausfüllen. Das tz-Interview:

Noussair, wie war die Saisonvorbereitung bisher? 

Noussair Mazraoui: Jede Vorbereitung ist anstrengend. Der deutsche Stil ist anders als der, den ich gewohnt bin. Aber ich werde im Laufe der Saison davon profitieren. 

Inwiefern ist es anders als bei Ihrem Ex-Klub Ajax Amsterdam?

Mazraoui: Die Intensität ist höher. Die Vorbereitung ist kürzer in diesem Jahr, bisher haben wir zwei Wochen Training hinter uns. In kurzer Zeit muss man dasselbe Fitness-Niveau erreichen, das ich mir normalerweise in fünf Wochen bei meinem Ex-Verein erarbeitet habe. 

Die harte Arbeit könnte sich schon am Samstag im Supercup gegen Leipzig bezahlt machen.

Mazraoui: Stimmt. Deshalb geben wir in jedem Training alles. Wir wollen nicht nur für den Supercup bereit sein, sondern ihn auch gewinnen. 

Welche sportlichen Ziele haben Sie noch mit dem FC Bayern? 

Mazraoui: Ich möchte, dass wir alles gewinnen, was möglich ist. Wenn ich die Qualität unserer Mannschaft sehe, können wir jeden Titel holen: Meisterschaft, den DFB-Pokal, den Supercup, die Champions League. Ich denke, mit dieser Mannschaft ist alles möglich. Jeder glaubt daran, und wir müssen nach dem Höchsten streben. 

Bayern-Neuzugang Noussair Mazraoui im Interview mit tz-Reporter Philipp Kessler.
Bayern-Neuzugang Noussair Mazraoui im Interview mit tz-Reporter Philipp Kessler. © Philipp Kessler

Noussair Mazraoui schwärmt vom FC Bayern: „Einer der besten, wenn nicht sogar der beste Klub der Welt“

Beim FC Bayern sind Titel normal. Auch Arsenal oder FC Barcelona waren an Ihnen dran. Warum haben Sie sich entschieden, in München zu spielen? 

Mazraoui: Viele Vereine waren interessiert an mir und wollten mich unbedingt. Als der FC Bayern München auf mich zugekommen ist, war es für mich aber keine schwierige Entscheidung. Ich bin jemand, der gerne auf sein Gefühl vertraut. Als der FC Bayern mit mir sprach und ich mit dem Trainer redete, war mein Gefühl das richtige. Für mich ist der FC Bayern einer der besten, wenn nicht sogar der beste Klub der Welt. 

Welchen Plan hat Ihnen der Verein vorgelegt? 

Mazraoui: Die Verantwortlichen haben keine 0815-Vorträge gehalten, sondern sind sehr persönlich auf mich eingegangen. Die Art und Weise wie Julian Nagelsmann, Hasan Salihamidzic, Marco Neppe und Oliver Kahn mit mir gesprochen haben, hat mich beeindruckt. Ich konnte mir sofort etwas unter ihren Ideen vorstellen. Als der Trainer mir gesagt hat, was er sich von mir erwartet und wie er sich mich im Team vorstellt, war es für mich eine Art der Visualisierung. Es war das beste Gefühl, das du haben kannst. 

Ungefähr zur gleichen Zeit hat der FC Bayern ihren alten und neuen Teamkollegen Ryan Gravenberch kontaktiert. Haben Sie mit ihm über einen gemeinsamen Wechsel nach München gesprochen? 

Mazraoui: Ja, ein bisschen. Aber das, was wirklich wichtig ist, war für ihn auch wichtig: Ich lebe so, dass ich meine eigenen Entscheidungen treffe. Nachdem mir klar war, dass ich zum FC Bayern wechseln werde, sagt ich zu ihm: Ich warte jetzt auf dich. Für uns beide war es gleich am Anfang klar, was wir tun wollten. 

Haben Sie sich vor Ihrer Entscheidung Rat eingeholt? 

Mazraoui: Nein, ich hätte es tun können, wollte es aber einfach mit mir selbst ausmachen. Nach 17 Jahren im selben Verein suchte ich mal einen Neustart, um mich weiterzuentwickeln. Auch deshalb habe ich mich dazu entschieden, niemanden vorab zu kontaktieren. 

Nach dem Karriereende von Philipp Lahm und der Versetzung von Joshua Kimmich sucht der FC Bayern einen offensivstarken Rechtsverteidiger. Warum sind Sie der Richtige? 

Mazraoui: Der Verein hätte mich nicht geholt, wenn er nicht davon überzeugt wäre, dass ich der Richtige für die kommenden Jahre wäre. Die Verantwortlichen glauben an mich. Jetzt liegt es an mir zu beweisen, dass ich das Vertrauen wert bin. 

Im November 2018 haben Sie noch gesagt: „Ich hatte nie das Potenzial für die Ajax-Profis.“

Mazraoui: Ich war nie das größte Talent. Ich kam in den Profibereich als Amateur. Als Profi hat jeder einen Vertrag. Ich kam ohne Kontrakt auf diese Stufe. Man kann nicht sagen, dass ich nicht das Potenzial dazu hatte. Aber es hatte sich eben lange Zeit nicht entfaltet. 

Wie haben Sie den Durchbruch geschafft? 

Mazraoui: Durch die richtigen Trainer zur richtigen Zeit. Marcel Keizer hat mir in der zweiten Mannschaft von Ajax extrem geholfen, bei den Profis hatte Erik ten Hag großen Anteil an meiner Entwicklung. Die beiden haben mir das Selbstvertrauen gegeben, das ich in der Jugend nicht hatte. Von da an habe ich mich sehr schnell weiterentwickelt. 

Bayerns neuer Rechtsverteidiger Mazraoui über seine Vielseitigkeit: „Habe auf nahezu allen Position gespielt, nur nicht im Tor“

Obwohl Sie gar kein gelernter Rechtsverteidiger sind. 

Mazraoui: Stimmt. Anfangs war ich ein offensiver Mittelfeldspieler, nach einiger Zeit wurde ich ein Sechser und danach zum Rechtsverteidiger umfunktioniert. Es gab aber auch eine Saison, in der ich nahezu auf allen Positionen spielte, nur nicht im Tor. Das hat mir wirklich sehr geholfen. 

Inwiefern? 

Mazraoui: Ich habe für fast alle Situationen Lösungen parat. Ich war es gewohnt, im Mittelfeld, auf dem Flügel oder als Stürmer zu spielen. Wenn ich in diese Positionen komme, ist es für mich kein Neuland. Ich fühle mich überall auf dem Platz wohl. 

Was erwartet Trainer Julian Nagelsmann von Ihnen? 

Mazraoui: Dass ich so spiele, wie ich es als moderner Außenverteidiger gewohnt bin und dass meine Aktionen immer einen Überraschungseffekt auf den Gegner haben. 

Nicht nur am Ball, sondern auch mental wirken Sie sehr stark. Woran liegt’s? 

Mazraoui: Wenn du nicht an deine Träume glaubst, dann kannst du sie auch nicht erreichen. Ich habe meine Religion. Das ist die Nummer eins in meinem Leben. Außerdem habe ich mit meinen 24 Jahren schon sehr viel durchgemacht in meiner Karriere. Ich musste mir alles hart erarbeiten. Aber natürlich habe ich auch Talent, sonst würde ich nicht beim FC Bayern spielen. 

Sie sind gläubiger Moslem. Wie oft beten Sie? 

Mazraoui: Fünf Mal täglich. Das hilft mir sehr, mit Dingen umzugehen, die einerseits nicht nach Wunsch verlaufen, aber sich andererseits auch zu meinen Gunsten entwickeln. Dieses Denken hilft mir, durchs Leben zu gehen. 

Die Fastenzeit Ramadan halten Sie auch während der Saison ab. 

Mazraoui: Stimmt. Es ist okay, manchmal aber auch sehr anstrengend. Viele Menschen wissen nicht, wozu ihr Körper in der Lage ist. Der Körper kann vieles erreichen, wenn das Wie groß genug ist. Es beeinträchtigt meine Leistung nicht. Manchmal zeige ich sogar während des Ramadans bessere Leistungen. Weil es ein heiliger Monat ist. Mein Glaube gibt mir Kraft und treibt mich auch auf dem Platz an. 

Sadio Mané ist ebenfalls Moslem. Werden Sie gemeinsam beten? 

Mazraoui: Das werden wir während der Saison sicher tun. Aber bisher haben wir darüber noch nicht gesprochen.

Bayerns Neuzugang Mazraoui schwärmt von München: „Gibt mir ein Heimatgefühl“

Wie gefällt Ihnen München bisher? 

Mazraoui: Sehr gut. Ich habe schon ein Haus gefunden. Das gibt mir ein Heimatgefühl. München ist wirklich eine tolle Stadt, die viel bietet, zum Beispiel gefällt es mir sehr, durch den Englischen Garten zu spazieren. Ich war auch schon am Tegernsee. Die Natur ist traumhaft. Mir gefällt, dass es in München städtische Plätze gibt, aber auch welche, in denen man dem hektischen Leben entfliehen kann. Das ist schön. 

Was machen Sie in Ihrer Freizeit? 

Mazraoui: Ich gehe gerne fischen und verbringe viel Zeit mit Familie und Freunden. Seit fast einem Jahr bin ich mit meiner wunderbaren Frau verheiratet. Ich bin aber so sehr mit Fußball beschäftigt, dieser Sport ist mein größtes Hobby. .

Aktuell brauchen Sie auch viel Zeit, um Deutsch zu lernen. 

Mazraoui: Genau. Ich verstehe einiges. Es ist ähnlich wie Holländisch. Ich spreche viel mit meinem Lehrer Max. Jeden Tag habe ich eine Stunde Unterricht. Daher wird mein Deutsch immer besser. 

Interview: Philipp Kessler

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