Freiburg-Star Grifo im tz-Interview: Bayern-Trainerwechsel „kam für uns ein bisschen unpassend“
Der FC Bayern trifft sowohl am Dienstag als auch am Samstag auf den SC Freiburg. Im tz-Interview spricht der Breisgauer Star Vincenzo Grifo über die bevorstehenden Duelle.
München - Volle Dröhnung Freiburg! Innerhalb weniger Tage trifft der FC Bayern gleich zweimal auf den Sportclub. Im Viertelfinale des DFB-Pokals steigt am Dienstag (20.45 Uhr/ARD und Sky) in München das erste Duell, ehe es am Samstag (15.30 Uhr/Sky) in der Liga in Freiburg zum „Rückspiel“ kommt. Das tz-Interview mit Freiburg-Star Vincenzo Grifo.
Vincenzo Grifo im Interview: Trainerwechsel beim FC Bayern „kam für uns ein bisschen unpassend“
Herr Grifo, der Doppelpack gegen den FC Bayern findet unter veränderten Vorzeichen statt. Wie überrascht waren Sie von der Trennung von Julian Nagelsmann?
Grifo: Ich war überrascht, so wie jeder andere wahrscheinlich auch. Julian ist ein Top-Trainer und die Bayern sind ja auch noch in allen Wettbewerben dabei. Grundsätzlich ist das aber nicht unser Bier. Wir konzentrieren uns nur auf uns.
Beim Debüt von Thomas Tuchel war der FCB direkt voll da - 4:2-Sieg gegen den BVB. Typisch Bayern?
Grifo (lacht): Was soll man über Bayern noch sagen? Es steckt einfach enorm viel Qualität im Kader. Und Thomas Tuchel hat ja schon bei Paris und Chelsea bewiesen, wie erfolgreich er als Trainer war und ist.

Und trotzdem: Für Freiburg kam der Trainerwechsel zum ungünstigsten Zeitpunkt, oder?
Grifo: Klar kam der für uns ein bisschen unpassend. Alle Spieler wollen sich noch mal neu beweisen. Aber es ist ein Viertelfinale, Bayern hat auch ein paar Körner gelassen. Und rein taktisch gesehen kann man sich eh nie zu 100 Prozent auf den Gegner einstellen. Wir müssen einfach ruhig und konzentriert bleiben. Ansonsten kann es sehr, sehr schwierig werden.
Du musst in München dagegenhalten.
Im Bundesliga-Hinspiel ging Freiburg 0:5 unter – warum wird dieses Mal alles anders?
Grifo: Wir hatten damals eine englische Woche, sind von Nantes direkt nach München geflogen und waren so ein bisschen am Ende unserer Kräfte. Bayern ist es gewohnt, alle drei Tage zu spielen. Bei uns war das für viele neu. Im Spiel selbst hat dann der Mut gefehlt. Du musst in München dagegenhalten. Wenn du das nicht machst, nehmen die Bayern das Heft in die Hand.
Bundesliga: Freiburgs Vincenzo Grifo träumt von Sieg-Doppelpack gegen Bayern
Was wäre Ihnen lieber? Ein Sieg im DFB-Pokal, um wie im Vorjahr wieder ins Finale einziehen zu können? Oder lieber drei Punkte in der Liga, um weiter von der Champions League träumen zu können?
Grifo: Im Zweifel beides! (lacht). Das Pokalfinale (2:4 n.E. gegen Leipzig, Anm. d. Red.) war eine unfassbare Erfahrung. Das noch mal zu erleben, wäre natürlich ein absolutes Highlight. In der Liga würden uns die Punkte helfen, weiter oben mitzumischen. So gesehen kann ich mich gar nicht festlegen…

Im vergangenen Jahr schloss Freiburg die Liga als Sechster ab. Jetzt stehen Sie mit dem SC auf Platz Vier. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Grifo: Wir haben einen wahnsinnig guten Teamgeist, super Neuzugänge dazubekommen, uns spielerisch verbessert und mit der Zeit einfach oben festgebissen. Wir sind eine unangenehme Mannschaft, die aber auch kicken kann. Und dann brauchst du auch Mal ein Quäntchen Glück.
In der Liga gab es allerdings zuletzt nur zwei 1:1-Unentschieden.
Grifo: Die letzten beide Spiele waren sehr unglücklich für uns. In Mainz haben wir zwei Punkte verschenkt, der Zähler gegen Hertha geht in Ordnung. Es tut ein bisschen weh und man ist ein bisschen stinkig, aber wir haben noch alles selbst in Hand.
Vincenzo Grifo im Interview: Eigene Scorerquote diese Saison „lobenswert“
Für Sie selbst läuft es gut wie nie. 13 Tore und vier Vorlagen – Karriererekord! Sehen wir den besten Grifo aller Zeiten?
Grifo: Wenn man als linker, offensiver Mittelfeldspieler 13 Tore schießt, ist das schon lobenswert (lacht). Ich freue mich, dass mich der liebe Gott dafür belohnt, dass ich so hart arbeite. Ich hatte ja auch mal schwierigere Zeiten in meiner Karriere – in Dresden, beim FSV Frankfurt, Gladbach, Hoffenheim. Da lief es nie dauerhaft richtig. Und jetzt – buff, buff – kommt wie bei einer Ketchup-Flasche alles raus. Ich bin 29 Jahre alt, fühle mich unglaublich fit und wohl und hoffe, dass es noch einige Jahre so weiter geht.
Warum fühlen Sie sich in Freiburg so wohl?
Grifo: Es passt einfach alles. Die Nähe zu meiner Familie, die Mannschaft, das Trainerteam, das mir unglaublich vertraut, die Fans. Und auf dem Platz darf ich ein Freigeist sein, so funktioniere ich am besten. Bei anderen Vereinen ist das leider nicht so gelungen. Das ist aber nicht schlimm. Die Erfahrungen von damals haben mich zu dem Menschen reifen lassen, der ich heute bin.
Italienischer Nationalspieler Vincenzo Grifo spricht über seinen Draht zu Luca Toni
Sie haben eine besondere Beziehung zu Ex-Bayern-Star Luca Toni. Als Sie ihn nach ihrem 39. Bundesliga-Tor als besten italienischen Torschützen in der Bundesliga abgelöst haben, haben Sie sich bei ihm entschuldigt. Wie kam es dazu?
Grifo: Meine Mitspieler haben mich im Vorfeld darauf aufmerksam gemacht, dass mir nur noch ein Treffer fehlt, um ihn zu überholen. Luca und ich kennen uns. Wir haben dann ein bisschen miteinander geschrieben und ich habe ihm gesagt, wenn ich das 39. Tor mache, dann grüße ich ihn mit seinem Jubel. Als es dann so weit war, habe ich mich bei ihm aus Spaß entschuldigt. Er hat sich für mich gefreut und ich bin stolz, dass jetzt der Italiener Grifo in der Bundesliga die Nummer eins ist (grinst).
Waren Sie ein Fan von ihm?
Grifo: Definitiv! Als ich ihn mal 2016 in München getroffen habe, habe ich ihn nach einem Foto gefragt. Er war unglaublich sympathisch. Toni im Zusammenspiel mit Ribéry – das habe ich schon bewundert. Dann kam noch das Lied von Matze Knoop dazu. Ich war schon ein kleiner Fan.
Sie haben ein Champions-League-Spiel mit Hoffenheim auf dem Konto. Was würde es Ihnen bedeuten, wenn Sie mit Freiburg die Qualifikation schaffen?
Grifo: Wir waren ja dieses Jahr schon in Europa dabei. Qarabaq Agdam, Olympiakos, Nantes, Juventus Turin, das war ein Highlight fürs Leben. Das noch einmal gegen Mannschaften zu erleben, die noch besser sind, wäre natürlich erste Sahne. Davon sind wir aber noch weit entfernt. Ich glaube, dass sich das Rennen bis zum letzten Spieltag ziehen wird. Interview: Johannes Ohr