Sepp Maier knöpft sich nach Neuer-Eklat Bayern-Bosse vor: „Was soll das denn?“
Der FC Bayern kommt nach dem vielzitierten Interview von Kapitän Manuel Neuer nicht zur Ruhe. Jetzt schießt Ex-FCB-Torwart Sepp Maier gegen die Bosse.
München – Fast kein Tag vergeht derzeit in München, ohne dass sich Manuel Neuer Kritik von seinen Vorgesetzten beim FC Bayern anhören muss. Der Torhüter hat sich mit seinen schon jetzt legendären Interviews gegen die Vereinsführung selbst angreifbar gemacht. Am Freitag kam es an der Säbener Straße zum Knall, woraufhin sich zunächst Vorstandsboss Oliver Kahn zu Wort meldete und „deutliche“ Gespräche ankündigte.
Am Sonntag zog Sportvorstand Hasan Salihamidzic nach, Brazzo verurteilte das Neuer-Interview ebenfalls. Am Montag war dann der Präsident an der Reihe, der seine Enttäuschung erklärte. Darüber hinaus sah sich Neuer heftigem Gegenwind von Trainer Julian Nagelsmann, den Fans und zahlreichen Experten ausgesetzt. Alle gegen Neuer? Nicht ganz! Denn Torhüter halten zusammen. FCB-Legende Sepp Maier verteidigt Neuer und schießt gegen die Bayern-Bosse. Der Ex-Torhüter kann die aktuelle Gemengelage aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen.
Manuel Neuer |
Geboren: 27.03.1986 (36) in Gelsenkirchen |
Beim FC Bayern seit Juli 2011 |
Vertrag bis 30. Juni 2024 |
Leistungsdaten beim FC Bayern: 488 Pflichtspiele, 384 Gegentore, 233 Mal mit weißer Weste |
Neuer-Interview beim FC Bayern: Sepp Maier knöpft sich Kahn und Brazzo vor
„Ich interessiere mich nicht für das Gerede von Brazzo und Kahn. Ich mache mir nach diesem Interview von Neuer schon meine Gedanken. Jeder hat in seiner Verantwortung recht. Jeder trägt in dieser Geschichte Verantwortung. Brazzo und Olli haben recht, Manu und Tapalovic aber auch“, sagte Sepp Maier im Interview mit Sport1. Auslöser der ganzen Diskussion beim FC Bayern war die Entlassung von Neuers langjährigem Torwarttrainer Toni Tapalovic, die der FCB-Kapitän offenbar nicht so ohne weiteres auf sich sitzen lassen wollte.
„So eine Reaktion von Manu habe ich erwartet. Er musste dazu seinen Kommentar abgeben. Er ist der Kapitän des FC Bayern und darf doch seine Meinung sagen. Zudem ist er ein enger Freund von Tapalovic“, sagte Maier. Unter anderem steht der Vorwurf von Hasan Salihamidzic im Raum, Neuer habe seine persönlichen Interessen über die des Vereins gestellt, was Maier überhaupt nicht nachvollziehen kann. „Was soll das denn? Manu darf doch seine Meinung sagen. Dann kann es Brazzo für richtig halten oder nicht. Manu ist ein mündiger Spieler und ein feiner und freier Mensch“, meinte der 78-Jährige.

FC Bayern: Sepp Maier schießt nach Neuer-Eklat gegen die Bosse
Die Entlassung von Toni Tapalovic, die wohl vornehmlich auf Bestreben von Trainer Julian Nagelsmann vollzogen wurde, hält Maier für falsch. „Toni sagte mir, dass intern nichts passiert ist. Keiner hat mit ihm geredet, was er falsch gemacht hat. Und dennoch wurde er rausgeschmissen. Die Jugend-Torhüter bei den Bayern waren auch alle enttäuscht“, sagte Maier.
Das deckt sich mit den Aussagen von Neuer: „Für mich kam das aus dem Nichts. Für Toni auch. Ich habe das überhaupt nicht verstanden. Mich hat das richtig umgehauen.“ Laut Neuer traf es aber nicht nur ihn hart. „Alle in unserer Torwart-Gruppe hat es zerrissen, da sind Leute in Tränen ausgebrochen.“ Ein Kapitän müsse sich laut Maier so äußern dürfen.
Sepp Maier macht Neuer-Diskussion fassungslos: „Nicht Bayern-like“
„Ich habe früher auch meine Meinung gesagt, wenn mir etwas nicht gepasst hat. Zwar bin ich nicht so an die Öffentlichkeit gegangen, sondern habe es intern gesagt. Aber Manu hat dem FC Bayern schon so viele Spiele gerettet und immer Top-Leistungen gebracht, da darf er doch seine Enttäuschung zeigen“, erklärte Maier, der an die Menschlichkeit verwies, an die immer appelliert werde, „und dann verurteilen wir so etwas.“
Die Heftigkeit des Neuer-Interviews war jedoch verwunderlich. „Aber es steht ihm zu. Er ist kein Jungprofi mehr, sondern der Welttorhüter. Die ganze Sache ist etwas blöd gelaufen. Und es gibt nur Verlierer. Ich habe mit Tapalovic gesprochen und er ist natürlich sehr enttäuscht vom Verein. Warum hat man ihm nichts erklärt? Das verstehe ich nicht und das ist nicht Bayern-like“, kritisierte Maier, der Parallelen zu seiner Demission als Torwarttrainer in der Nationalmannschaft 2004 sieht und das Vertrauensverhältnis zwischen Neuer und Tapalovic nachvollziehen kann.
FC Bayern: Sepp Maier erinnert wegen Neuer an Kahn-Posse beim DFB
„Das ist fast identisch mit dem, was sich jetzt gerade beim FC Bayern abspielt“, meinte Maier, der im DFB-Team vom damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann rasiert wurde. „Das war für mich auch ein Schlag ins Gesicht, wie jetzt für Tapalovic und Neuer. Ich war 20 Jahre beim DFB Torwarttrainer. Also fast doppelt so lang wie Tapalovic. Das ganze Theater geht nicht spurlos an ihm und Neuer vorüber.“ Mit Klinsmann habe es mittlerweile eine Aussprache gegeben.
Maier war damals Torwarttrainer von Oliver Kahn beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft. Im Gegensatz zu Neuer hielt Kahn damals still, weshalb der Titan Neuer auch kritisierte. „Olli konnte gar nicht reagieren. Er wollte unbedingt bei der WM 2006 in Deutschland dabei sein. Wer weiß, was passiert wäre, wenn er sich dazu geäußert hätte. Wir hatten das intern so besprochen, dass nur ich etwas sage und er seinen Mund halten soll“, verriet Maier. Kahn wurde trotzdem zur Nummer zwei hinter Jens Lehmann degradiert. Ob Neuer nun dasselbe Schicksal droht?
Sepp Maier prognostiziert „schwierigere“ Zukunft für Neuer beim FC Bayern
Für Neuer werde es Maier zufolge in Zukunft jedenfalls schwieriger. „Mit Yann Sommer wurde ein klasse Torwart geholt. Mit Sven (Ulreich; Anm. d. Red.) wollte man nicht weitermachen. Ich hätte eher abgewartet, was mit Manu wird. Wenn er nicht zurückkommt, hätte man immer noch einen neuen Schlussmann verpflichten können“, meinte Maier, der 706 Pflichtspiele für den FC Bayern bestritten hat. Die Bosse wollten aufgrund der hohen Ziele in dieser Saison nicht länger warten.
Kommt es am Ende der Geschichte zu einer Zerreißprobe zwischen dem Trainer und seinem Kapitän – Julian Nagelsmann oder Neuer muss den Verein verlassen? Soweit darf es laut Maier nicht kommen. „Das ist Blödsinn. Das geht doch nicht. Sind wir jetzt im Kindergarten? Beide sind erwachsen. Entweder Manu oder der Trainer – wo sind wir eigentlich?“, polterte der langjährige Bayern-Torwarttrainer. „Manu wird beim FC Bayern bleiben, davon bin ich überzeugt. Jetzt gibt es Schwierigkeiten untereinander, aber Manu wird wieder fit sein und auch wieder bei den Bayern spielen.“
FC Bayern: Nagelsmann geht auf Distanz zu Neuer – Mitspieler solidarisieren sich mit ihrem Kapitän
Nagelsmann war nach dem Skandal-Interview jedenfalls not amused und geht auf Distanz zu Neuer. „Ich hätte das Interview nicht gemacht. In einer Passage ist zu lesen, dass Bayern München im Mittelpunkt steht. Völlig losgelöst von mir: Es war nicht zuträglich für den Klub, was die Ruhe angeht! Das sehen wir ja jetzt, dass ich von 17 Fragen 16 zu dem Thema beantworten muss. Und wenn der Klub im Mittelpunkt steht, sollte das auch immer so sein“, sagte der Trainer nach dem Wolfsburg-Spiel auf der Pressekonferenz.
Neuer droht nun sogar der Verlust der Kapitänsbinde, Nagelsmanns „Zukunftsmusik“-Aussage lässt tief blicken. Auf der anderen Seite sollen sich die Bayern-Stars mit Neuer solidarisieren, das Zündstoff-Interview war selbstredend Thema in der Kabine. Dafür spricht auch eine Müller-Aussage, die die geteilte Meinung über Neuer bestätigt. (ck)