Tuchel spricht nach Viertelfinal-Aus die Bayern-Probleme an: „Und dann hakt es“
Nach dem Triumph über Dortmund empfing der FC Bayern den SC Freiburg. Das sagen die Protagonisten rund um das dramatische Pokal-Viertelfinale.
München – Für Thomas Tuchel geht es Schlag auf Schlag: Zum Start ein 4:2-Erfolg gegen den BVB, nun folgt im Pokal der nächste Kracher. Der Rekordsieger muss sich dem SC Freiburg stellen und siegen, um in diesem Jahr die Chance auf das Triple zu wahren. Dies gelang nicht: Freiburg zieht ins Halbfinale ein. Wir haben alle Stimmen rund um die Partie zusammengetragen.
Thomas Tuchel (Trainer FC Bayern) nach dem Spiel bei Sky und in der ARD über ...
... seine Einschätzung: „Riesengroße Enttäuschung und schon ein bisschen das Gefühl, dass wir mit zwei Fernschüssen zwei Tore gekriegt haben… sollte heute wohl so sein. Ob es richtig verdient ist, spielt am Ende auch keine Rolle. Wir waren in Phasen gut, aber der allerletzte Hunger und die allerletzte Gier haben ein bisschen gefehlt. An Leidenschaft mangelt es nicht, jeder gibt alles. Verteidigungsaktionen sehen leidenschaftlicher aus als Offensivaktionen. Gier dauerhaft zu halten ist das Thema. Zu viele Fehlpässe im letzten Drittel, da denkst du dir oft, jetzt wäre so der Moment… und dann hakt es.“
... sein Gefühl: „Ich bin enttäuscht. Warum soll ich sauer sein? Wir hatten gute, teils sehr gute Phasen, aber wir tun uns schwer, die dauerhaft zu halten, dass es dann mal für uns kippt. Sie verteidigen sehr tief und haben immer einen Fuß drin. Du musst es mit Einzelaktionen versuchen, aber wir haben es nicht geschafft.“
... den Spielverlauf: „Wir sind in Führung gegangen und hatten dann zwei, drei große Chancen. Wir kriegen dann aus dem Nichts einen Fernschuss, das kann immer passieren. Ich kann mich sonst an überhaupt keine anderen Chancen erinnern. Wir haben zu viel Foul gespielt. Wir sind am Ende selbst schuld, das macht es nicht besser. Wir sind mega-enttäuscht. Wir gewinnen und verlieren zusammen, natürlich bin ich verantwortlich. Die Erwartungshaltung war natürlich heute zu gewinnen. Wir sind in der Lage, das Spiel zu gewinnen. Wir gratulieren dem Gegner. Ich habe morgen einen freien Tag gegeben, vor allem die Nationalspieler müssen mal im eigenen Bett aufwachen und nicht zur Säbener Straße kommen.“

... Musialas Aktion: „Heutzutage darfst du so nicht mehr reinspringen. Wir verlieren zwei Kopfballduelle und dann den zweiten, dritten Ball, das ist zu viel.“
... Upamecanos Tor: „Im Spiel habe ich es nicht als Foul wahrgenommen. Wenn der Schiedsrichter so entscheidet, ist das für mich keine krasse Fehlentscheidung.“
... was nun ansteht: „Durchatmen. Ganz bitter, weil wir nichts gut machen können. Ein K.o.-Spiel zu verlieren ist nicht gut und wird uns eine Weile beschäftigen. Wir spielen am Samstag, müssen weiter machen, haben ein superenges Rennen um die Meisterschaft. Mund abputzen und unsere Lehren draus ziehen.“
Thomas Müller (Kapitän FC Bayern) bei Sky und in der ARD über ...
... was in ihm vorgeht: „Bitterness. Leere geht durch den Kopf. Man kann nichts wiedergutmachen, nichts reparieren, steht jetzt vor einem Scherbenhaufen. Für dieses Jahr ist es wieder vorbei mit dem Pokal. Das kratzt am Ehrgefühl. Das ist sehr bitter und nicht leicht zu analysieren. Wir scheiden bei einem Heimspiel im Viertelfinale aus. Wenn wir übers Ergebnis reden, dann kommt auch Wut hoch. Wenn wir über die Entstehung sprechen… wir haben an sich kein schlechtes Spiel gemacht, haben Freiburg kaum zu einer Torchance kommen lassen. Aber so in diesen letzten Aktionen, auch beim Torabschluss, bei der Ballmitnahme, beim letzten Steckpass, da fehlt uns einfach heute so ein bisschen Präzision, Spielwitz, dieses gewisse Etwas hat gefehlt an der Effektivität. Wenn man sich die Freiburger Offensivaktionen anschaut, war das ein Sonntagsschuss. Der Elfmeter war, glaub ich, berechtigt. Freiburg hat es uns zu schwer gemacht und uns ist es zu wenig eingefallen. Aber diese ein, zwei Zentimeter, dieser Spielwitz hat uns gefehlt, sonst hätten wir mehr Tore erzielt.“
... das Bayern-Offensivspiel: „Druck aufgebaut haben wir absolut. Wir haben sie gut eingeschnürt. Freiburg bietet eine Wettkampfhärte und weiß, was sie zu tun haben. Eine Großchance nach der anderen zu bekommen, ist da schwer. Aber in den letzten Aktionen müssen wir uns vorwerfen lassen, dass wir da etwas haben liegen lassen. Das Bemühen habe ich gefühlt. Freiburg hat kaum eine Chance gehabt. Das Gegenpressing war gut, haben Freibug nicht zu Entfaltung kommen lassen. Aber wenn du verlierst, musst du dir Fragen gefallen lassen.“
... Musiala: „Jamal braucht Trost. Ich hab noch nicht mit ihm gesprochen. So eine Aktion kann einen beschäftigen. Aber wir gewinnen und verlieren als Mannschaft. Am Samstag war es ein richtiges Hurra. Jetzt sind wir auf dem Boden der Tatsachen oder noch tiefer angekommen. Der heutige Tag und auch der morgige, da wird es keinem von uns richtig gut gehen. Wir werden ab Donnerstag zusammen ackern. Heute steht erstmal die Ernüchterung und die brutale Enttäuschung. Man kann es nicht reparieren.“
Matthijs de Ligt (FC Bayern) nach dem Spiel bei Sky über ...
... die Leistung: „Heute waren wir nicht gut genug. Wir haben nicht viele Chancen kreiert. Wenn du kein Tor machst, kriegst du immer ein Gegentor. Bitter, in letzter Minute so ein Gegentor zu bekommen. Ich war genau hinter Musiala, er ist mit der Hand so hingegangen, dann ist es immer Elfmeter.“
... das Ende des Triple-Traums: „Schade, ich glaube, dass wir mit Bayern immer um alle Titel spielen müssen, aber wir müssen nach vorne schauen. Wir müssen viel besser spielen in Freiburg. Heute haben wir nicht das Gefühl gehabt, dass wir die Zweikämpfe gewinnen wollen. Heute war nicht alles 100 Prozent, und dann verlierst du.“
Christian Streich (Trainer SC Freiburg) nach dem Spiel bei Sky und in der ARD über ...
... was nach dem 2:1 in ihm vorging: „Beim Elfmeter ging nicht viel in mir vor. Ich hab gehofft, es geht nicht mehr lange. Bayern kann in jeder Sekunde ein Tor machen, mehr nicht.“
... wie es ihm jetzt geht: „Ich bin relativ ruhig, ich bin zufrieden, aber es ist nicht so, dass ich wahnsinnig euphorisch bin. Wenn ich mal aufhöre, hat jetzt auch meine Wenigkeit in München mal gewonnen. Die Jungs haben alles gegeben. Zweite Halbzeit war Handball. Dann kannst du auch mal so ein Spiel gewinnen – schön. Ich hätte lieber schon vor ein paar Jahren in München gewonnen, aber ich freue mich jetzt schon. Wir haben ein bisschen Glück gebraucht, aber haben leidenschaftlich und gut verteidigt. Dann brauchst du halt so einen Moment, dass du so einen Elfmeter bekommst, um zu gewinnen. Es ist ein schöner Abend, toll, aber man braucht es nicht überbewerten.“
... die Reaktion nach dem 1:0: „Das haben wir besprochen. Du kannst immer in Rückstand geraten. Sensationelles Tor von Chico. So abzuschließen, das hat er in letzter Zeit nicht so oft gemacht. Hat ihn super getroffen, das hat Kraft gegeben. Es war einfach taktisch sehr gut, auch von Maxi Eggestein und Chico Höfler. Ginter hat ein super Spiel gemacht. Vorne konnten wir die langen Bälle immer ablegen. Wir hatten eine gewisse Kompaktheit. Die Bayern konnten nicht in die Tiefe spielen.“
... Upamecanos Tor: „Wenn ein Spieler sich mit beiden Händen aufstützt, kommt er hoch, dann kann der andere Spieler nichts mehr machen. Das ist einfach ein klares Foul. Das war nicht regulär. Da ist es ein bisschen schwierig mit dem Wehren.“
... ob er beim Elfer hingeschaut hat: „Ich gucke hin, ich habe irgendwann einmal weggeguckt, dann war er verschossen, seitdem schau ich immer hin. Super. Wahnsinn, was er gelaufen ist.“
Matthias Ginter (SC Freiburg) nach dem Spiel bei Sky über ...
... den Spielverlauf: „Ich glaube, dass wir alles umgesetzt haben, was wir wollten. Wir sind super zurückgekommen mit einem super Tor. Wir haben gefightet. Diese Geschlossenheit und dieser Teamgeist ist unglaublich. Die Reaktion nach dem 1:0 war wichtig. Im Hinspiel in der Liga haben wir das mitbekommen. Wenn man nicht angemessen reagiert, kann es schnell 2:0 stehen.“
... den historischen Sieg: „Es ist ein sehr schöner Tag in der Vereinsgeschichte. Wenn man hier noch nie gewonnen hat, geht das in die Geschichte ein. Wir sind super glücklich. Aber an Halbfinalisten erinnert sich keiner, wir wollen jetzt schon gewinnen.“
... den Elfmeter: „Vincenzo Grifo schießt normalerweise die Elfer. Lucas hat das überragend gemacht, unhaltbar. In der Situation braucht es schon einiges, um den reinzuhauen.“
Maximilian Eggestein (SC Freiburg) nach dem Spiel in der ARD und bei Sky über ...
... sein Gefühl: „Unfassbar. Pokalhalbfinale. Nachspielzeit in München. Viel Schöneres kannst du im Pokal nicht machen. Da sind nicht viele weiter gekommen. Das Feiern vor der Kurve wird ein Bild für die Ewigkeit bleiben. Pure Freude. Das ist ein sehr cooles Gefühl.
... das Verteidigen: „Bayern hat schon eine brutale Spielanlage, aber diese Phasen musst du aushalten. Aber wenn du die Phasen durchhältst. Und heute hat es mit einem bisschen Glück auch noch gereicht.“
... das 1:0, bei dem ihn Upamecano runterdrückt: „Er hat beide Hände oben drauf, deswegen ist es ein Foul.“
... was Vincenzo Grifo im Kreis gesagt hat nach dem Sieg: „Grifo hat Sachen gesagt, die man nicht sagen sollte. Er hat, hat die Mannschaft gelobt, das war pure Emotion.“
... den Spielverlauf: „Ein Rückstand kommt in München häufig vor. Wir haben uns vorgenommen, egal, ob wir in Rückstand kommen, wir machen weiter. Wir hatten natürlich auch ein bisschen Glück, sie haben die Latte getroffen. Das Quäntchen Glück brauchst du hier einfach.“
Lucas Höler (Siegtorschütze SC Freiburg) bei Sky über ...
... den Elfmeter: „Ich hab einfach versucht, mich zu fokussieren und nicht ablenken lassen. Dann ging er rein und dann ist alles abgefallen. Wir haben alles wegverteidigt. Wir haben es letztes Jahr erlebt, jetzt in München… Wahnsinn.“
... was Grifo im Siegerkreis gesagt hat: „Chapeau vor der Mannschaft, wir wollen dieses Jahr wieder nach Berlin, das hat er letztes Jahr auch gemacht, das hat schon Tradition.“
... ob jetzt Kaltgetränke fällig sind: „Ich werde versuchen, schnell zu schlafen. Nach Samstag gibt es dann vielleicht Kaltgetränke.“
Bastian Schweinsteiger (Ex-Spieler FC Bayern) nach dem Spiel in der ARD über ...
... Freiburg: „Man muss ihnen gratulieren. Das haben sie alles richtig gemacht, haben gut verteidigt. Es gab eine Drangphase der Bayern, aber der letzte Pass hat gefehlt. Freiburg hat es sehr gut gemacht, hat immer versucht zu doppeln über außen. Bayern konnte nicht so wirklich diesen Druck auf eine Torchance aufbauen. Da haben ein bisschen die Ideen gefehlt. Du musst diese Gier haben. Diese Boshaftigkeit, diese Mentalität. Das ist das, was Bayern München in der Vergangenheit manchmal gefehlt hat.“
... das Ausscheiden des FCB: „Ein Titel ist verloren, das tut dem FC Bayern weh.“
Bastian Schweinsteiger (Ex-Spieler FC Bayern) in der Halbzeit in der ARD über ...
.... das Tor von Upamecano: „Wenn das abgepfiffen wird, kann er sich nicht beschweren. Aber Eggestein hätte sich ein bisschen mehr wehren können. Der Schiedsrichter hätte sich das nochmal anschauen müssen. Die Bayern sind sehr gefährlich bei Standards.“
... das Spiel der Bayern und Freiburgs Reaktion: „Das war ein Traumtor. Aber Coman muss den Ball in der Situation 50 Meter weghauen.“
.... Thomas Müllers Chance: „Thomas Müller muss den machen, da ärgert er sich heute die ganze Nacht noch drüber, da bin ich mir sicher.“
Hansi Flick (Nationaltrainer) in der Halbzeit bei Sky über ...
... Freiburgs Reaktion: „Freiburg hat eine tolle Reaktion gezeigt. Bayern bestimmt das Spiel. Freiburg verteidigt leidenschaftlich. Das war ein Sonntagsschuss zum 1:1.“
... Upamecanos Aufstützen vor dem 1:0: „Ich hätte mich als Gästetrainer auch beschwert. Ich weiß nicht genau, wann der Videoassistent ran muss. Da kann man schon sagen, ich guck’ mir das ganze nochmal an.“
... sein Fazit der Länderspiele: „Gegen Belgien waren wir mit den ersten 30 Minuten nicht zufrieden, das können wir viel besser machen, aber wir ziehen ein positives Fazit. Unser Kader ist in der Breite etwas größer geworden. Die Mannschaft hat nach dem 0:2-Rückstand gegen Belgien eine gute Reaktion gezeigt. Die Mannschaft hat gefightet und die Zuschauer haben das honoriert. Wir haben alle Spieler, die wir eingeladen haben, genau analysiert. Wir sind wirklich zufrieden, wir haben im Training eine hohe Qualität gehabt. Wir haben einen Plan, und den verfolgen wir auch. Wir wissen, dass wir eine Stabilität brauchen.“
... wie Sané seine beste Leistung abrufen kann: „Es steckt in ihm. Auch heute hatte er ein paar richtig gute Szenen. Er hat enorme fußballerische Qualität und Speed. Alles, was man als Topspieler braucht.“
... den Bayern-Trainerwechsel: „Überraschend in dieser Situation. Aber ich bin da viel zu weit weg. Beim FC Bayern geht es darum, dass du kontinuierlich und gut Fußball spielst. Das steht an oberster Stelle. Klar möchte man möglichst viele Titel holen. Aber das ist eine Sache der Verantwortlichen.“
Thomas Tuchel (Trainer FC Bayern) vor dem Spiel bei Sky über ...
... ob er heute immer noch so nervös ist wie bei seinem Debüt: „Heute geht es besser. Ich bin besser vorbereitet, ein bisschen ruhiger.“
... die wenigen Trainingseinheiten: „Wir haben natürlich Training, aber mit wenig Intensität und Umfang. Wir kompensieren das mit vielen Videositzungen, um Dinge aufzufangen. Wir versuchen kleine taktische Dinge.“
... ob man im Training überhaupt noch elf gegen elf spielen kann: „In der Vorbereitung bei Chelsea haben wir damit angefangen, weil die Athletiktrainer das so wollten. Während der Saison auf gar keinen Fall, auch nicht bei Paris. Wir haben erst kürzlich elf gegen elf gespielt, aber nur auf dem halben Platz.“
... abgeschnittene Ecken auf dem Trainings-Feld: „Wir schneiden die Ecken manchmal ab für diagonale Laufwege und Passspiel. Weil wir dann keinen Longline-Ball spielen können, wenn wir das nicht wollen.“
... den Vorzug von Cancelo gegenüber Davies: „Die Aufstellung heute ist nicht mehr ganz so unfair. Die, die gespielt haben, haben es sich verdient zu beginnen. Bei Davies hat das nichts mit der Leistung zu tun. Aber er war gegen Dortmund an der Grenze. Wir nutzen die Möglichkeit, Joao ist fit.“
... Luft nach oben bei den Bayern: „Wir wollen Rhythmusgefühl füreinander und Abstände verbessern. Es gab zu viele einfache Ballverluste. Ansonsten waren sehr viele gute Sachen dabei, ich hoffe, dass wir nächsten Schritt machen. Wir wollen nicht nur Mittelfeldpressing zeigen, gerne auch anderes Pressing. Wir hatten gegen Dortmund zu wenig Ballbesitz. Dortmund überlädt die Seite und das Mittelfeld zeitweise, da kann es Sinn machen, abzuwarten. Grundsätzlich wollen wir mehr Ballbesitz in der gegnerischen Hälfte.“
... den Stellenwert des Wettbewerbs: „Pokal ist ein Monsterwettbewerb. Ich habe auch in Paris die nationalen Wettbewerbe gespielt, in England gibt es zwei. Es ist sensationell, in Berlin zu spielen, und wir wollen das Ding gewinnen.“
Christian Streich (Trainer SC Freiburg) vor dem Spiel bei Sky über ...
... Freiburgs Taktik: „Wir wollen nicht zu defensiv sein. Wenn du zu weit hinten stehst, spielen sie Verlagerung. Du musst zweite Bälle gewinnen und ein außergewöhnliches Spiel bringen. Dann hast du eine Chance.“
... ob es emotional wird: „Wenn es ganz eng wird, könnt es emotional werden, das wäre mir recht. Es müssen ganz viele Dinge funktionieren.“