Schumi-Aus bei Mercedes - Nachfolge fix

Köln - Mercedes trennt sich von Rekordweltmeister Michael Schumacher, dessen Formel-1-Karriere damit wohl endgültig beendet ist. Die Nachfolge ist bereits geklärt.
Rekordweltmeister Michael Schumacher ist von Mercedes ausgemustert worden und steht nach drei Frust-Jahren im Silberpfeil vor der endgültigen Formel-1-Rente. Der 43-Jährige wird beim Werksrennstall des deutschen Autobauers vom kommenden Jahr an durch den 16 Jahre jüngeren Lewis Hamilton ersetzt. „Ich hatte drei schöne Jahre beim Mercedes-F1-Team, die leider sportlich nicht so gelaufen sind, wie wir uns das alle gewünscht hatten“, kommentierte Schumacher in der Pressemitteilung seines Noch-Arbeitgebers, für den er in den kommenden sechs Rennen auf Abschiedstournee gehen wird.
Ein Abschied für immer? „Das ist heute einfach kein Thema“, sagte seine Managerin Sabine Kehm am Freitag der Nachrichtenagentur dpa zu einem möglichen Wechsel. Lange dauern dürfte es aber nicht, bis die Spekulationen blühen. Bei Sauber wird der Platz von Sergio Perez frei, der als Hamilton-Ersatz zu McLaren geht. Und auch der Name von Schumachers Ex-Team Ferrari wird fallen. Für die Scuderia hatte Schumacher 2006 ebenfalls in Sao Paulo sein letztes Rennen vor seinem Rücktritt bestritten. „Wie üblich kommentieren wir keine Gerüchte“, erklärte ein Ferrari-Sprecher am Freitag der dpa.
Konkurrent Mercedes hakte das Unternehmen mit dem Teamplayer Schumacher, der sich stets vor seine Mannschaft stellte, letztlich unter fehlgeschlagen ab. Man habe seine Ziele in der Formel 1 mit ihm nicht erreicht. „Damit war eine Voraussetzung für eine Vertragsverlängerung nicht mehr gegeben“, sagte Vorstandschef Dieter Zetsche der Zeitung „Die Welt“ am Freitag in Paris.
Die Anforderungen an Hamilton, Weltmeister von 2008 mit Glamour-Faktor und Unruhe-Potenzial, sind eindeutig. „Über die Erwartung, die man an seinen Nachfolger Hamilton hat, gibt es im Daimler-Konzern nur ein Wort: gewinnen!“, sagte Zetsche.
Dazu muss aber auch das Auto stimmen. Und das gab in den vergangenen drei Jahren auch für Schumachers Teamkollegen Nico Rosberg nicht mehr her als einen Sieg. Schumacher ließ sich daher lange Zeit mit einer Entscheidung. Die Aussichten auf Erfolg schienen nicht überzeugend zu sein. Im Gegensatz dazu kämpft Hamilton seit seinem Einstieg in die Formel 1 im McLaren um Siege und Titel - und entschied sich doch für einen Wechsel.
Der Vertrag bei Mercedes, das auch noch das künftige Engagement von Niki Lauda als Aufsichtsratsvorsitzender bekanntgab, soll dem Briten allerdings ein ordentliches Salär bescheren. Medienberichten zufolge beläuft sich das Volumen auf 75,5 Millionen Euro für drei Jahre. Im Gegensatz zu seiner Zeit bei McLaren hoffen Hamilton und sein Manager Simon Fuller, der auch David Beckham oder die Spice Girls zu seinen Klienten zählt, bei den Silberpfeilen auch auf eine lukrativere Privatvermarktung.
„Es ist für mich jetzt die Zeit gekommen, eine neue Herausforderung anzunehmen“, sagte Hamilton in der Mercedes-Mitteilung, „und ich freue mich, ein neues Kapitel damit zu beginnen, für Mercedes AMG Petronas zu starten“. Sein künftiger Mitstreiter tat seine Freude bereits kund. „Sehr cool, dass Lewis mein neuer Teamkollege wird“, twitterte Nico Rosberg: „Das wird eine weitere große Herausforderung.“ Kein Wort zu Schumachers bevorstehendem Abschied.
Der siebenmalige Weltmeister war 2010 nach einer dreijährigen Pause in die Königsklasse des Motorsports zurückgekehrt. Von Erfolg war seine Zeit bei dem Team aber nicht geprägt. Nach 91 Siegen und 68 Pole Positionen in seiner ersten Laufbahn von 1991 bis zu seinem ersten Rücktritt 2006 schlugen von 2010 bis jetzt null Siege zu Buche. Immerhin gelang ihm in diesem Jahr beim Klassiker in Monaco die Bestzeit in der Qualifikation.
Aufs Podium kam Schumacher nur einmal: Beim Großen Preis von Europa wurde er im Juni in Valencia Dritter. Ohne weiteren Sieg abtreten zu müssen, täte Schumacher weh. „Das wäre schon schade, klar, ich würde schon gerne noch das eine oder andere Highlight erleben“, hatte er in Spa vor seinem 300. Formel-1-Rennen in einem dpa-Interview gesagt.
Vor allem zu Beginn dieser Saison hatte sich Schumacher jedoch auch mit einer bemerkenswerten Pannenserie herumplagen müssen. Schumacher stand aber stets zu seiner Mannschaft, kein Wehklagen, keine öffentliche Vorwürfe. Von dem in seiner ersten Karriere einst so verbissen und unterkühlt wirkenden Schumacher war trotz anhaltender Erfolglosigkeit nichts zu sehen. Und das, obwohl nicht Mercedes, sondern vor allem er die öffentliche Kritik abbekam, wenn es mit dem nicht selten stotternden Silberpfeil wieder nicht lief.
„Seine Energie und sein Einsatz haben nie nachgelassen, auch dann nicht, wenn unsere Resultate nicht unseren Erwartungen entsprachen“, lobte Teamchef Ross Brawn. Er, der ihn zurückgeholt hatte in die Formel 1. Er, der Wegbegleiter bei allen sieben Titeln Schumachers war, fügte hinzu: „Es war und ist ein Vergnügen mit Michael zusammenzuarbeiten.“ Am Abend des 25. November wird die Zusammenarbeit Vergangenheit sein. Wie schon vor sechs Jahren nimmt Schumacher in Sao Paulo Abschied.
dpa
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Die Presseerklärung von Mercedes im Wortlaut
Lewis Hamilton startet ab 2013 für Mercedes AMG Petronas Nach der Unterzeichnung des Commercial Agreements mit der FOM in dieser Woche durch Mercedes-Benz freut sich das Mercedes AMG Petronas Formel 1-Team mitteilen zu können, dass Lewis Hamilton einen Dreijahresvertrag unterschrieben hat und ab 2013 für unser Team an den Start gehen wird.
Lewis Hamiltons Karriere wurde von Anbeginn von Mercedes-Benz und McLaren gefördert. Lewis und Nico Rosberg starteten 2000 als Teamkollegen für das Team MBM.com in der Kart-Formel A. In seinen beiden Formel 3 Euro Series Saisons fuhr Lewis mit Mercedes-Benz Motoren und gewann 2005 den Titel. In all seinen bisherigen 104 Formel-1-Rennen ging er mit Mercedes-Benz Motoren an den Start. Lewis Hamilton gehört neben Juan Manuel Fangio, Mika Häkkinen und Jenson Button zu den vier Fahrern, die mit Mercedes-Benz Power Formel-1-Weltmeisterschaften gewonnen haben. Mit 20 Grand Prix-Siegen hat er genauso viele Siege wie der erfolgreichste Mercedes-Benz Formel-1-Fahrer Mika Häkkinen errungen. Mit der Verpflichtung des Weltmeisters von 2008 beginnt für das Mercedes AMG Petronas Formel-1-Team ein neues Kapitel. Lewis wird Michael Schumacher ersetzen, der während der letzten drei Jahre maßgeblich zur Entwicklung des Silberpfeil-Teams beigetragen hat. In dieser Zeit erzielte das Team einen ersten Meilenstein des Erfolgs in der neuen Silberpfeil-Ära durch Nico Rosbergs Sieg im Grand Prix von China. Hinzu kommen bislang fünf weitere Podiumsplätze. In dieser Zeit hat Mercedes-Benz die richtige technische Struktur und dem Team in Brackley und Brixworth die technische Ausstattung geschaffen, langfristigen und anhaltenden Erfolg in der Formel 1 zu erzielen. Demnächst wird der dreifache Weltmeister Niki Lauda seine große Erfahrung in der Position des Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums unseres Formel 1-Teams einbringen und damit Mercedes AMG Petronas weiter stärken. Lewis Hamiltons Verpflichtung als Teamkollege von Nico Rosberg vervollständigt die Fahrerbesetzung von Mercedes AMG Petronas für die Saison 2013. Nico gewann seinen ersten Grand Prix in diesem Jahr in China und geht 2013 in seine vierte Saison mit unserem Team.
Schumis Reaktion
Die Reaktion von Michael Schumacher zu seinem Aus beim deutschen Formel-1-Rennstall in der Presseerklärung des Teams:
„Ich hatte drei schöne Jahre beim Mercedes-F1-Team, die leider sportlich nicht so gelaufen sind, wie wir uns das alle gewünscht hatten. Ich wünsche Lewis alles Gute und der gesamten Mannschaft den Erfolg, für dessen Aufbau wir so hart gearbeitet haben. Ich möchte mich beim Team für das Vertrauen und bei den Jungs für ihren unbedingten Einsatz bedanken. Jetzt werde ich mich auf die kommenden Rennen konzentrieren.“
So zeichnete sich die Entscheidung ab
Michael Schumacher selbst verlor in der V-Frage über Monate hinweg die wenigsten Worte. Während Medien, Kollegen, und Ex-Teamchefs spekulierten, legte sich der Formel-1-Rekordweltmeister irgendwann genervt zumindest grob auf einen Zeitpunkt für die Bekanntgabe seiner Zukunftsentscheidung fest. Vor Oktober sollte es nicht soweit sein. Es kam anders.
22. Februar: Teamchef Ross Brawn sagt in einem Interview: „Ich denke, dass es anhand der Ergebnisse schnell, also nach fünf oder sechs Rennen, offensichtlich wird, in welche Richtung wir mit Michael planen.“
8. März: Teamkollege Nico Rosberg sagt auf die Frage, ob er damit rechne, dass Schumacher auch im kommenden Jahr an seiner Seite fahre: „Gut möglich und das wäre auch gut so. Wir ergänzen uns technisch gut, was natürlich für die Weiterentwicklung des Autos immer wieder hilfreich ist.“
26. Mai: Nach Schumachers prestigeträchtiger Qualifikationsbestzeit in Monte Carlo sagt Brawn zum Thema Weitermachen: „Nach der heutigen Leistung wäre das sicher jedermanns Wunsch. So etwas ist toll für uns als Team, für die ganze Formel 1.“ Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug schwärmt: „Sein Talent, seine Fähigkeiten sind da, so wie sie es immer waren.“
7. Juni: Vor dem Großen Preis von Kanada bekräftigte Rosberg: „Momentan gehe ich davon aus, dass der Michael weiter mein Team-Kollege bleibt. Ich sehe keinen Grund, warum er aufhören sollte.“
24. Juni: Schumacher nach seinem 3. Rang in Valencia - dem ersten Podestplatz seit seinem Sieg am 1. Oktober 2006 in China - auf eine entsprechende Frage eines Journalisten: „Ich glaube nicht, dass ich jemals über die Zeit gesprochen habe. Ich habe auch nie vom Sommer geredet.“
3. Juli: Brawn prescht bei einem Fan-Forum im englischen Grove vor: „In den nächsten sechs Wochen müssen wir darüber nachdenken, was wir im kommenden Jahr machen wollen. Wenn diese Entscheidung gefallen ist, wissen wir, ob wir uns umschauen müssen oder die Fahrer behalten, die wir haben.“
4. Juli: Die Reaktion folgt prompt. Schumachers Managerin Sabine Kehm: „Ich kann nur immer wiederholen, dass wir gemeinsam mit dem Team die Entscheidung natürlich kommunizieren werden, wenn sie gefallen ist. An einer öffentlichen Diskussion über Zeitabläufe, Hintergründe oder Tendenzen aber werden wir uns nicht beteiligen.“
5. Juli: Schumacher legt sich - merklich genervt - fest: „Vor Oktober kann von meiner Seite mit Sicherheit keine Entscheidung getroffen werden. Tut mir leid, aber da kann ich Euch nicht helfen.“
17. Juli: Vor dem Heimrennen in Deutschland sagt Mercedes-Motorsportchef Haug: „Wir werden uns mit Michael zusammensetzen und gemeinsam eine Entscheidung treffen, Eile besteht dabei nicht.“
26. August: Schumacher: „Bereut habe ich mein Comeback bis jetzt nicht eine Sekunde. Es waren sehr viele schöne Momente dabei.“
30. August: Schumacher bekräftigt in Spa-Francorchamps vor seinem 300. Formel-1-Rennen, dass mit einer Entscheidung über seine sportliche Zukunft nicht vor Oktober zu rechnen sei. Haug pflichtet bei: „Ich bitte um Ihr Verständnis, dass wir hier nicht Wasserstandsmeldungen veröffentlichen werden, sondern sofort dann informieren, wenn wir Beschlüsse gefasst haben.“
5. September: Nun kommen die potenziellen Nachfolger ins Spiel. Mercedes und McLaren dementieren aber Gerüchte, dass Lewis Hamilton Schumacher ersetzen könnte.
6. September: „Nein“, sagt Hamilton in Monza auf die Frage, ob er wisse, für welches Team er nächstes Jahr fahre. Schumacher amüsieren sämtliche Spekulationen;: „Ich finde die Frage immer wieder lustig. Bei mir gibt es nichts Neues. Immer in Monza beginnt die Silly Season.“ Der Oktober sei „der logische Zeitpunkt für uns“, beteuerte er.
7. September: Auch Haug kann mit den Hamilton-Nachfolge-Gerüchten, gestreut übrigens vom ehemalige Teamchef Eddie Jordan, leben. „So lange Plätze frei sind, muss man damit rechnen.“ Vor dem Italien-Rennen versichert Haug: „Fix ist nix.“
28. September: Der Vertrag von Schumacher bei Mercedes wird nicht verlängert. Sein Nachfolger soll der britische Ex-Weltmeister Lewis Hamilton werden.
dpa