Internationale Presse geht mit Vettel hart ins Gericht: Deutliche Kritik an den Deutschen, auch an Ferrari

Sebastian Vettel und Ferrari beenden ihre Zusammenarbeit am Saisonende. Die internationale Presse ließ kein gutes Haar am Deutschen - und am Rennstall.
- Sebastian Vettel hört am Saisonende bei Ferrari auf.
- Die europäische Presse blickt auf die Karriere des Deutschen bei Ferrari zurück.
- Viele spekulieren über ein Karriereende.
München - Sebastian Vettel und Ferrari gehen getrennte Wege - das ist bestätigt. Doch wohin zieht es den vierfachen Weltmeister innerhalb der Formel 1, der bei Ferrari keinen weiteren Titel holen konnte? Die internationale Presse schließt ein Karriereende nicht aus, doch auch McLaren wird gehandelt.
Vettel-Aus bei Ferrari: Österreichische Presse - „Zerbrochen an den eigenen Nerven“
„Der Standard“: „Die Saison in Corona-Zeiten ist Sebastian Vettels letzte bei Ferrari. Der viermalige Formel-1-Weltmeister kehr der enttäuschten Scuderia frustriert den Rücken. Das baldige Karriereende des Deutschen ist nicht völlig auszuschließen. (...) So enthusiastisch die Zusammenarbeit vor mehr als fünf Jahren verkündet wurde, so unterkühlt wurde am Dienstag ihr baldiges Ende avisiert.“
„Kurier“: „Ferrari sucht die Erfolgsspur: Das Problem sitzt nicht im Cockpit (...) Sebastian Vettel und Ferrari trennen sich mit Jahresende nach dann sechs gemeinsamen Jahren. Damit folgt der Rennstall seiner jahrzehntelangen Strategie: Die Piloten sind austauschbar, sobald sie in der roten Göttin nicht mehr schnell genug über die Runden kommen.“
„Die Presse“: „Der große Traum des Deutschen, 32, es seinem Vorbild Michael Schumacher gleichzutun, scheint endgültig geplatzt. Nach vier WM-Titeln mit Red Bull Racing wollte er - wie „Schumi“ nach Erfolgen mit Benetton - bei den Italienern zur Ikone aufsteigen. Der Versuch, diese Ära zu wiederholen, ist jedoch kläglich gescheitert. Zerbrochen an den eigenen Nerven, der (motorischen) Übermacht von Mercedes und auch den Fahrkünsten von Lewis Hamilton, der Vettel in wichtigen Phasen stets im Rückspiegel sah und kontrollierte.“
Schließt sich Vettel ab 2021 dem F1-Dominator der letzten Jahre an? Mercedes-Teamchef Toto Wolff befeuert die Gerüchte.
Vettel-Aus bei Ferrari: Die Pressestimmen aus der Schweiz
„Blick“: „Das wochenlange Trauerspiel um einen neuen Ferrari-Vertrag für Sebastian Vettel (32) hat ein Ende. Vielleicht haben sich Daniel Ricciardo (30), der bei Renault nie glücklich wurde, und Carlos Sainz jr. (25), bei McLaren eigentlich gesetzt, in Maranello angeboten. Für ein Trinkgeld. Und auch Ferrari muss in Zukunft sparen, wenn die Budgetobergrenze auf rund 140 Millionen Dollar (und später noch weniger) limitiert wird. Oder hat der hochintelligente Vettel vielleicht gemerkt, dass ihm mit seiner Loyalität bei Ferrari hinter den Kulissen ein Gegenwind ins Gesicht blies?“
„Tages-Anzeiger“: „Vettel kam als Heilsbringer zu Ferrari - und geht als Gescheiterter“. (...) Am Anfang stand ein Traum. Er entwickelte sich zum Albtraum. (...) Ferrari verlor in der internen Zerreissprobe zwischen Jung talent und vierfachem Weltmeister die Kontrolle. Deshalb ist Vettels Schritt, wenn auch zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt, nicht nur nachvollziehbar, sondern nötig.“
„Neue Zürcher Zeitung“: „Die Trennung von Vettel und Ferrari als Ende eines Irrtums. Vettel ist nicht nur an den vielen Fehlern gescheitert, die er mit einem meist unterlegenen Auto unter Druck gemacht hat, sondern auch am Schlingerkurs der Ferrari-Führung. So hatte Mattia Binotto in der zweiten Saisonhälfte 2018 das Rennauto in die falsche Richtung entwickelt - was Vettel seiner bisher besten Titelchance beraubte.“
Vettel-Aus bei Ferrari: Pressestimmen aus Frankreich
L'Équipe: „Seit gestern gibt es keinen Zweifel mehr, wenn es für einige noch Zweifel gab, dass Leclerc in Maranello die Nummer eins geworden ist. In weniger als zwei F1-Saisons hat es der 22-jährige Monegasse geschafft, einen viermaligen Weltmeister (2010, 2011, 2012, 2013) auszuschalten, die interne Alchemie bei Ferrari umzukrempeln (...). Seit gestern ist es daher eine Selbstverständlichkeit, dass die Zukunft der Scuderia mit der von Leclerc verbunden ist. (...) In weniger als einem Kalenderjahr wurden die Messen gesungen, der Kaiser begraben und der neue König inthronisiert. Die Machtergreifung war bonapartistisch, schnell, chirurgisch und - fast - reibungslos.“
Vettel-Aus bei Ferrari sorgt auch in Italien für Schlagzeilen
Corriere della Sera: "Zwischen Vettel und Ferrari herrschte schon seit längerer Zeit eisiger Wind. Der frühzeitige Niedergang des Sterns Vettels ermöglicht Leclerc, im F1-Firmament noch mehr zu glänzen. Leclerc ist im Laufe einer Saison zum Lieblingssohn Ferraris aufgerückt. Jetzt will Maranello auch auf Carlos Sainz setzen. Der Spanier ist intelligent und geschätzt, hinzu ist er nicht so anspruchsvoll wie Lewis Hamilton. Jetzt heißt es für Maranello, für ein wettbewerbsfähiges Auto zu arbeiten."
Gazzetta dello Sport: "Die Trennung von Vettel und Ferrari hat einen Domino-Effekt auf dem schlafenden Markt der F1-Piloten ausgelöst. Die fast sichere Verpflichtung von Carlos Sainz seitens Maranellos wird bei McLaren einen Platz frei lassen, den wahrscheinlich Daniel Ricciardo übernehmen wird. Auch Vettel hat mit McLaren gesprochen, doch offenkundig liegen seine Forderungen über deren Möglichkeiten."
Corriere dello Sport: "Sebastian Vettel zahlt einen hohen Preis für die vielen Fehler, die er bei Ferrari begangen hat. Seit 2013 hat er keine WM mehr gewonnen, seit Singapur 2019 hat er keinen Sieg feiern können. Vettel hat zunehmend unter der Konkurrenz seines jungen Teamkollegen Charles Leclerc gelitten, der bei gleicher Auto-Qualität wesentlich schneller ist. Carlos Sainz und Daniel Ricciardo sind die beiden Kandidaten im Rennen um einen Platz bei Ferrari. Keine Chancen gibt es dagegen, Lewis Hamilton im Ferrari-Cockpit zu sehen."
Il Fatto quotidiano: "Fünf Jahre, 14 Siege und keinen Titel: Die Beziehung zwischen Ferrari und Vettel ist in die Brüche gegangen und wird Ende 2020 beendet. Schon seit längerer Zeit hatte man mit einer Trennung gerechnet. 2015 war es Liebe auf den ersten Blick zwischen dem Deutschen und den Ferrari-Tifosi. Doch die ausgebliebenen WM-Titel und zu viele Fehler haben eine Beziehung ruiniert, die nach dem Erfolg Leclercs endgültig zerbrach."
La Stampa: "Das Ende einer Liebesgeschichte: Ende des Jahres trennen sich die Wege von Vettel und Ferrari. Jeglicher Versuch, den Vertrag um ein weiteres Jahr zu verlängern, wie die Scuderia vorgeschlagen hatte, ist gescheitert."
Tuttosport: "Carlos Sainz ist die erste Wahl für Maranello, der sich zwar von Vettel getrennt hat, jedoch noch keinen passenden Nachfolger gefunden hat. An Kandidaten fehlt es zwar nicht, Maranello braucht jedoch jemandem, der dem Temperament Leclercs Stand halten kann."
ank