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Zuschauer wird zum Linienrichter: Hesse feiert überraschendes Schiri-Debüt

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Von: Marcus Giebel

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Jannis Jäschke (l.) mit seinem Unparteiischen-Team
Der neue Mann im Schiedsrichter-Team: Janni Jäschke (l.) sprang spontan ein und assistierte Referee Felix Bickel (M.), rechts der zweite Schiri-Assistent Timon Oliver Schulz. © IMAGO / Jan Huebner

Ein Spiel der 3. Liga stand vor dem Abbruch, als sich ein Schiedsrichter-Assistent verletzte. Doch dann sprang ein Zuschauer spontan ein.

Wiesbaden – Jannis Jäschke erlebte die wohl kurioseste Einwechslung des Fußball-Wochenendes. Eigentlich wollte der 21-Jährige die Drittliga-Partie zwischen Aufstiegskandidat SV Wehen Wiesbaden und Kellerkind SV Meppen (1:2) ganz entspannt als Zuschauer verfolgen. Doch stattdessen landete er urplötzlich auf dem Rasen und wurde zu einem der Protagonisten des Spiels.

Dabei schien der Nachmittag zunächst noch den erwarteten Verlauf zu nehmen. Der Favorit aus Hessen ging früh durch den Kroaten Ivan Prtajin (14.) in Führung. Doch nur sieben Minuten später passierte das Unglück am Seitenrand. Schiedsrichter-Assistent Marius Schlüwe wollte dem Ball mit einem Ausfallschritt ausweichen, trat dabei auf die Bewässerungsanlage neben dem Spielfeldrand und knickte mit dem linken Fuß um.

Unglück in 3. Liga: Schiedsrichter-Assistent muss mit Syndesmosebandriss Spiel verlassen

Die Folge: eine Verletzung am Sprunggelenk, die ein weiteres Mitwirken des 30-Jährigen unmöglich machte. Das Portal liga3-online berichtet von einem Syndesmosebandriss. Noch auf dem Rasen wurde Schlüwe, der in dieser Saison in der Regionalliga Nord und der Oberliga Niedersachsen selbst an der Pfeife war, behandelt. Schließlich musste er sich auf einer Trage von Sanitätern vom Platz tragen lassen – die Zuschauer spendeten aufmunternden Beifall. Wahrscheinlich auch Jäschke, der noch nicht ahnen konnte, dass er wenig später Schlüwes Job übernehmen würde.

Weil es in der 3. Liga keinen Vierten Offiziellen gibt, der in so einem Fall übernehmen kann, drohte der Spielabbruch. Deshalb wurde Kontakt zu einem FIFA-Schiedsrichter aus der Region Wiesbaden aufgenommen, doch Jäschke war letztlich schneller. Als der Stadionsprecher per Durchsage fragte, ob sich ein Schiedsrichter mit der nötigen Lizenz im Stadion befinde, meldete sich der junge Oberliga-Schiedsrichter aus Offenbach, der in dieser Saison auch erstmals Spiele in der B-Junioren-Bundesliga leitete.

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Zuschauer springt als Schiri-Assistent ein – 21-Jähriger selbst seit fast zehn Jahren an der Pfeife

Seine Drittliga-Karriere begann zunächst einmal mit dem Gang in die Kabine. Denn natürlich musste sich Jäschke sich noch umziehen, um die Verwandlung vom Zuschauer zum Schiedsrichter-Assistenten zu vollenden. Nach insgesamt 25 Minuten Unterbrechung ging es weiter. Und letztlich schlecht aus für die Gastgeber. Die Wiesbadener verloren völlig überraschend noch mit 1:2, weil Marvin Pourie (27.) und Joker Willi Evseev (84.) die Partie mit ihren Treffern drehten.

Während der Tabellendritte diesen Tag wohl nur schnell vergessen will, könnte dieses Erlebnis Jäschkes Karriere weiteren Schwung verleihen. Schon jetzt beeindruckt der Hesse, der laut Frankfurter Allgemeine Zeitung bereits mit zwölf Jahren als Referee loslegte, mit seinem Werdegang. Bereits im Alter von 15 Jahren pfiff Jäschke in der Kreisoberliga, die Verbandsliga erreichte er als 18-Jähriger.

Bereits damals attestierte ihm Michael Grieben, Vorstandsmitglied der Offenbacher Schiedsrichtervereinigung laut op-online „großen Fußballsachverstand“, lobte ihn als „echte Respektsperson“. Und weiter: „Er ist ein cleverer und pfiffiger Typ mit gutem Fingerspitzengefühl. Er wird seinen Weg machen.“ Seit diesem Wochenende ist klar: Jäschke versteht es auch, die Chance zu ergreifen, wenn sie sich ihm völlig überraschend bietet. (mg)

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