Herr Kroos, auf Ihrer Position im zentralen Mittelfeld tummelt sich die Konkurrenz. Fürchten Sie um Ihren Stammplatz?
Toni Kroos: Erst einmal bin ich hier nicht der Trainer, wie man ja weiß, und ich habe mich auch selbst nie aufgestellt (lacht). Das war immer der Trainer, und das ist von mir auch immer mit Leistung untermauert worden. Mir geht es hier vor der EM auch nicht um die ganzen letzten Jahre. Mir reicht es, wenn man auf meine letzte Saison schaut. Und da komme ich, glaube ich, aus einem guten Jahr mit Real Madrid.
Dennoch: Joachim Löw hat neben Ihnen viele Optionen im Mittelfeld.
Kroos: Ja, und darüber sollten wir uns doch freuen und nicht ein Problem daraus machen. Denn ich glaube, wir hatten hier auch Zeiten. Da hätten wir uns gefreut, wenn wir zwei gute Mittelfeldspieler gehabt hätten. Von daher ist es doch gut so, wie es jetzt ist. Und es ist gut, dass wir, auch mit Blick auf das gesamte Turnier, viele Optionen haben. Und wissen Sie: Um meinen Fußball mache ich mir ohnehin selten Sorgen – ich fühle mich gut.
Die Zeit rund um so ein großes Turnier ist ja immer auch die Zeit der sogenannten Experten und der Kolumnisten. Einige von ihnen haben Sie als möglichen Problemfall für Löw ausgemacht, weil Sie als etablierter Weltmeister jetzt so eine starke Konkurrenz im Mittelfeld haben. Wie denken Sie darüber?
Kroos: Ach, es gibt immer viele Expertenmeinungen rund um jedes große Turnier. Das ist auch alles okay, davon lebt der Fußball ja auch. Aber ich kann mich jetzt hier nicht um jeden und um jede Meinung kümmern (lacht).
Mit welchen Erwartungen gehen Sie in dieses EM-Turnier?
Kroos: Ich glaube, uns bleibt nichts anderes übrig, als sofort voll da zu sein, denn wir spielen gleich am Anfang gegen Frankreich, den Weltmeister, und damit gegen den wohl größten Titelfavoriten. Das ist kein Spiel zum Reinkommen. Wenn wir nicht gut anfangen, kann es schnell vorbei sein. Die Gruppe zu überstehen, wäre schon ein Statement.
Dreierkette oder Viererkette in der Abwehr – welche Taktik wollen Sie?
Kroos: Diese Frage ist für mich nicht entscheidend. Viel wichtiger als die Systemfrage ist es, dass sich jeder Spieler wohlfühlt auf dem Platz. Dass jeder weiß, was er zu tun hat. Jeder Spieler muss seine Aufgaben kennen und sie umsetzen. Also: Wen muss ich wann anlaufen bei gegnerischem Ballbesitz? Wo muss ich sein, wenn wir den Ball haben? Und in welche Räume muss ich starten? Solche Dinge sind am wichtigsten. Wenn das passt, mache ich mir keine Sorgen.
Was ist gegen Frankreich noch von Bedeutung?
Kroos: Dass wir keine einfachen Bälle verlieren. Denn im Kontern sind die Franzosen gut. Wenn ein Kylian Mbappé ins Laufen kommt, ist es fast egal, wer von uns dabei ist – dann wird es schwer, ihn zu stoppen.
Aufgezeichnet: Jan Christian Müller