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Meijer im tz-Interview: „Niederlande fehlt das Basispaket“

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Geben zurzeit ein Bild des Jammers ab: Die niederländischen Nationalspieler könnten die WM 2018 verpassen.
Geben zurzeit ein Bild des Jammers ab: Die niederländischen Nationalspieler könnten die WM 2018 verpassen. © AFP

München - Das Nationalteam der Niederlande taumelt durch die WM-Quali. Für Ex-Profi Erik Meijer ist das wenig überraschend. Im Interview spricht er die Probleme offen an.

Die Niederlande bangt nach der verpassten EM 2016 in Frankreich auch um die Teilnahme an der kommenden WM in Russland. Nach dem 0:2 in Bulgarien liegt das Oranje-Team in der Quali-Gruppe zur Halbzeit nur auf Rang vier hinter Frankreich, Schweden und dem Gegner vom vergangenen Samstag. Ex-Profi und Experte Erik Meijer schlägt im tz-Interview Alarm.

Herr Meijer, müssen wir 2018 bei der nächsten Großveranstaltung auf Ihr Heimatland verzichten?

Meijer: Nein, ich bin doch Belgier. Wir sind Erster in unserer Gruppe. Ich kümmere mich gerade schon um eine belgische Telefonnummer, unter der Sie mich dann künftig erreichen können. Aber Spaß beiseite. Ich kann mit schwarzem Humor umgehen, also bin ich darauf eingestellt, dass sich einige über unsere Nationalmannschaft lustig machen.

Dabei ist die Situation eher frustrierend als lustig, oder?

Meijer: Ja, das stimmt. Wir haben in den vergangenen Jahren vergessen, uns weiterzuentwickeln. Jetzt zahlen wir den Preis dafür, während andere Nationen an uns vorbeigezogen sind, die sich einiges bei uns abgeguckt haben.

Wie meinen Sie das?

Meijer: Schaut euch eure Nationalelf an, oder auch die Franzosen. Die haben gemerkt, dass wir in Holland in Sachen Technik und Taktik gut unterwegs sind und haben Trainingsinhalte übernommen. Unserer Truppe fehlt hingegen das Basispaket, was die deutsche Elf auszeichnet: Fleiß, Arbeit, Laufbereitschaft und kein Meckern.

Wieso werden in Holland Grundtugenden nicht mehr vermittelt?

Meijer: Weil hier inzwischen fast jeder junge Spieler verwöhnt wird, wenn er drei Pässe an den Mann bringt. Der muss seine Tasche dann nicht mehr selber tragen und denkt, er sei der neue Lionel Messi, ein großer Junge. Aber die Realität ist eine andere. Wir sind abgerutscht, zu den großen Jungs zählen wir nicht mehr, die haben ein anderes Level. Und da wir mittlerweile selbst gegen die kleinen Nationen verlieren, müssen wir wieder um die Qualifikation bangen.

Sieht viele Baustellen im Oranje-Team: Erik Meijer kritisiert die Mentalität der niederländischen Fußballer.
Sieht viele Baustellen im Oranje-Team: Erik Meijer kritisiert die Mentalität der niederländischen Fußballer. © fkn

Ist Arjen Robben etwa kein großer Junge mehr?

Meijer: Oh doch, aber alleine kann er nicht funktionieren. Er gehörte zu unserer erfolgreichen Generation mit Sneijder und van Persie. Die sind jetzt alle über 30 und funktionieren auch noch, aber nur, wenn die Jungs drumherum sie unterstützen.

Robben ist nicht wie geplant abgereist, sondern in der aktuellen Misere beim Team geblieben…

Meijer: Das ist ein tolles Zeichen von Arjen und zeigt, dass er noch nicht aufgegeben hat. Dass er helfen will, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Für viele andere Spieler wäre es das nicht, das zeigt so ein bisschen das Problem bei uns.

Wer kann helfen? Louis van Gaal?

Meijer: Die Frage ist eher, wer helfen will. Würden Sie diese kriselnde Mannschaft sofort übernehmen? Sie haben mehr zu verlieren als zu gewinnen. Mir fallen nicht viele Namen ein, aber van Gaal ist einer von ihnen. Die Mannschaft braucht einen Trainer mit einer etwas härteren Hand und großer Autorität. Louis muss keinem mehr etwas beweisen, warum also nicht?

Kann er die Elftal wirklich in eine bessere Zukunft führen?

Meijer: Ich traue es ihm zu, doch das kann er nicht alleine. Im Verband muss sich einiges ändern. Seit der WM 2014 ist dort vieles schief gelaufen. Statt einem großen Plan herrscht da das große Chaos.

Interview: Sven Westerschulze

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