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Magath im tz-Interview: „Flick ist Leidtragender der Bayern-Krise“

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Im Interview mit der tz spricht Ex-Bayern Trainer Felix Magath über Profis außer Form, Süles Denkzettel – und dringend benötigten Urlaub.

München – Am heutigen Freitag, wenn die deutsche Nationalmannschaft auf Polen trifft, wird Felix Magath nicht einschalten. „Ich habe etwas anderes vor“, sagt der 69-Jährige. Zu denjenigen, die bei Partien der DFB-Elf grundsätzlich nicht mehr zusehen, gehört der langjährige Bundesliga-Coach aber nicht. Das 3:3 gegen die Ukraine hat Magath – wie jedes andere Spiel des Teams von Hansi Flick auch – verfolgt.

Und ihm ist einiges aufgefallen, das er im Interview gerne ausführt.

Felix Magath
Geboren:26. Juli 1953 in Aschaffenburg
Stationen als Trainer:Hamburger SV, 1. FC Nürnberg, Werder Bremen, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, FC Bayern München, VfL Wolfsburg, FC Schalke 04, VfL Wolfsburg, FC Fulham, Shandong Luneng Taishan, Hertha BSC
Erfolge als Trainer:UI-Cup-Sieger, 3-mal Deutscher Meister, 2-mal DFB-Pokal-Sieger, DFL-Ligapokal-Sieger

Felix Magath über die Qualität des DFB-Teams: „Kann sich mit jedem Land messen“

Herr Magath, Sie haben gegen die Ukraine ein fehlendes Gerüst im DFB-Team bemängelt. Ist das das Grundproblem?

Die Nationalmannschaft hat nach wie vor ein Führungsproblem – dazu kommen die negativen Folgen, die die Krise des FC Bayern mit sich bringt. Sie drücken sich deutlich in der Spielweise aus. Dabei hat Hansi Flick ja gar keinen Einfluss darauf, in welcher Verfassung – körperlich und mental – die Profis von ihren Vereinen kommen. Er ist da im Moment der Leidtragende, weil die Münchner außer Form sind. Und ich weiß nicht, ob man beim DFB bereit ist, an die Ursachen zu gehen oder nur die vordergründigen Probleme bearbeitet.

Die Ursachen liegen tief. Ist das Jahr zur EM nicht zu wenig, sie zu beheben?

Wir haben ja noch eine ganze Saison vor uns. Und es kann mir keiner erzählen, dass wir nicht immer noch international konkurrenzfähige Nationalspieler haben. Das DFB-Team kann sich mit jedem anderen Land messen. Deswegen hat es weniger mit den Spielern als mit der Führung der Spieler zu tun.

Felix Magath äußerte sich im Interview unter anderem zu Hansi Flick.
Felix Magath äußerte sich im Interview unter anderem zu Hansi Flick. © Imago / Jan Huebner

Felix Magath über fehlende Konstanz im DFB-Team: „wenn Flick experimentieren will, muss er da durch“

Sie sehen den Fehler also bei Hansi Flick?

Hansi Flick hat den Fakt, dass er keine funktionierende Einheit übernommen hat, anscheinend unterschätzt. In diesem Team war schon vor ihm alles durcheinander – und er hat es in den ersten Monaten nicht stabilisieren können. Nur: Wenn ich keine stabile Einheit habe, dann darf ich nicht experimentieren. Jedes Spiel drückt im Moment aus, dass keine Basis vorhanden ist. Wenn Flick dennoch den Weg des Experimentierens gehen will, muss er da durch. Dann muss er aber auch den Weg durch dieses Tal gehen.

Kann Flick die Bayern-Spieler so stärken, dass es in München und beim DFB wieder läuft?

Dafür ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Seit der WM sind die Bayern außer Form, die Saison ist für alle Beteiligten schlecht gelaufen, deswegen sind die Spieler ja auch froh, wenn sie endlich in den Urlaub können. Das kann man ihnen auch nicht verübeln. Deswegen müssen wir uns über diese nächsten zwei Spiele einfach hangeln.

Alle sind angespannt.

Aber das ist gar nicht schlecht! Und ich sage Ihnen: Ein positives Erlebnis, ein gutes Ergebnis, dann sieht alles schnell wieder anders aus. Ich sehe nicht nur schwarz.

Felix Magath über die Krise von Joshua Kimmich: „wird zu alter Stärke zurückfinden“

Ilkay Gündogan kommt dazu. Ein Pluspunkt?

Hansi Flick wäre schon gut beraten, einem Mann wie Gündogan, der beim Champions-League-Sieger die Fäden in der Hand hat, auch in der Nationalmannschaft diese Rolle zu übertragen. Dann wird sich einiges verbessern.

Muss auch von Kimmich mehr kommen?

Man kann nicht die Augen davor verschließen, dass auch Kimmich seit Monaten in keiner guten Verfassung ist. Trotzdem würde ich an der Stelle von Hansi Flick nicht auch noch in dieses Horn blasen. Kimmich wird hart und oft genug kritisiert, aber er ist ein Aktivposten für die Nationalmannschaft. Und er wird auch wieder zu alter Stärke zurückfinden.

Alle brauchen einfach eine Pause, oder?

So ist es. Die Spieler, die Zuschauer – und auch die Experten (lacht).

Felix Magath über Niklas Süle: „Hoffe, dass dieser Denkzettel ankommt“

Und Niklas Süle sollte die Pause nutzen, um abzunehmen? Sie sprachen mit Blick auf ihn zuletzt von „zehn Kilo zu viel“.

Ich wundere mich, dass wir bei einem Berufssportler, der nicht gerade wenig Geld für seine Dienste bekommt, überhaupt über Gewicht reden müssen. Fragen Sie doch mal bei amerikanischen Profisportlern nach, ob irgendjemand dort mit seinem Gewicht so fahrlässig umgeht. Die Antwort kann ich Ihnen geben...

Es war also richtig und wichtig von Flick, mit seiner Nicht-Nominierung ein Exempel zu statuieren?

Da bin ich absolut auf Hansis Seite, ja. Da hat er alles richtig gemacht, denn der Spieler muss auch mal zum Nachdenken kommen. Dazu scheint er nur in der Lage zu sein, wenn er etwas spürt.

Braucht die DFB-Elf Süle bei der EURO?

Das Problem liegt in seinem Anspruch. Denn Süle müsste mit seinen Fähigkeiten eine feste Größe in der Nationalmannschaft sein – und das Team mittlerweile von hinten heraus führen. Ich hoffe und gehe davon aus, dass dieser Denkzettel ankommt.

Nationalmannschaft - Training
Zwei für Führung und Struktur? Auf Hansi Flick und Joshua Kimmich lastet mit Blick auf die EM 2024 viel Verantwortung. © Arne Dedert

Interview: Hanna Raif

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