Bundestrainerin hört auf: WM ist Neids letztes Hurra

Frankfurt/Main - Frauenfußball-Bundestrainerin Silvia Neid will ihr Amt im kommenden Jahr aufgeben. Nachfolgerin soll Steffi Jones werden.
Die Mission Titelgewinn ist das letzte Hurra für Silvia Neid: 68 Tage vor Beginn der WM-Endrunde in Kanada (6. Juni bis 5. Juli) gab die Frauenfußball-Bundestrainerin am Montag bekannt, dass sie ihren Posten im kommenden Jahr räumen wird. Dann endet der Vertrag der 50-Jährigen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Die Nachfolge der Titelgarantin soll die bisherige DFB-Direktion Steffi Jones antreten. Neid wird Leiterin der neu geschaffenen Frauen-Scouting-Abteilung.
„Wir wollten frühzeitig und langfristig Klarheit im personellen Bereich sorgen. Es tut immer gut, wenn vor einem Turnier klare Verhältnisse herrschen“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. „Dieser Entschluss ist lange in mir gereift. Ich wollte noch nicht in Rente und nochmal etwas Neues machen“, äußerte Neid, die im September 2016 ihren neuen Job antreten wird.
Dann übernimmt Jones. „Das wird herausfordernd, aber ich hatte immer diesen Wunsch. Jetzt kommt ein neuer Lebensabschnitt. Ich werde versuchen, die Theorie in die Praxis umzusetzen“, sagte die 42-Jährige, die gleichzeitig bat: „Gebt mir die Chance.“
Hinter dem Vertrauen des DFB steht allerdings ein kleines Fragezeichen. Jones erhält lediglich einen Zweijahresvertrag, U20-Weltmeister-Trainerin Maren Meinert gilt nach wie vor als Alternative. Zudem wird Neid noch bei Olympia 2016 an der Seitenlinie stehen, falls sich das Team in Kanada für Rio qualifiziert. Dazu müssten die Deutschen unter die drei besten Europäer kommen.
Neid betreut den zweimaligen Welt- und achtmaligen Europameister seit 2005 als Hauptverantwortliche. Unter der zweimaligen Welttrainerin des Jahres gewannen die Deutschen einmal den WM-Titel (2007) und triumphierten zweimal bei der EM (2009 und 2013). Zudem holte die Neid mit ihrem Team Bronze bei den Olympischen Spielen 2008.
Als einzige Bundestrainerin schaffte die 111-malige Nationalspielerin, die an allen bisherigen Titelgewinnen für Deutschland als Spielerin, Co- oder Cheftrainerin beteiligt war, über 100 Siege mit der deutschen Auswahl.
Den Tiefpunkt ihrer Amtszeit erlebte Neid vor knapp vier Jahren. Nach dem bitteren Viertelfinal-Aus bei der missratenen Heim-WM gegen den späteren Weltmeister Japan (0:1 n.V.) war die Blondine schwer angezählt. Ein Rauswurf oder ein Rücktritt lagen damals in der Luft.
Schmerzhafte Erfahrung
Neid gestand beim Blick zurück selbst ein, dass die Lebenserfahrung nach dem Scheitern bei der WM und die folgende Kritik besonders „schmerzhaft“ waren. Die Trainerin hatte rund um die Endrunde einige Fehler begangen. Vor allem der wenig souveräne Umgang mit der außer Form geratenen Rekord-Nationalspielerin Birgit Prinz wurde ihr vorgeworfen.
Neids Status als Erfolgstrainerin war allerdings nur kurz angekratzt. Schließlich hatte die gebürtige Walldürnerin vor der WM 2011 kein einziges Endrunden-Spiel verloren. Zudem wurde schon bei der EM 2013 in Schweden deutlich, dass Neid aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Obwohl sechs Stammkräfte ausgefallen waren, holten die Deutschen den Titel.
Gesellschaftliche Anerkennung genießt Neid, nach deren Ebenbild sogar eine Barbie-Puppe gestaltet wurde, ohnehin seit langer Zeit. 2008 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen. 2011 folgte der Verdienstorden Nordrhein-Westfalens, zwei Jahre später erhielt sie dieselbe Auszeichnung durch Baden-Württemberg.
Sportlich hochdekoriert ist auch Jones. Die 111-malige Nationalspielerin gewann 2003 den WM-Titel. Dazu kommen drei EM-Triumphe (1997, 2001, 2005) sowie Olympia-Bronze 2000 und 2004. Jones, die 2007 ihre aktive Karriere beendete, begann im selben Jahr ihre Arbeit für den DFB. In dieser Zeit trat die gebürtige Frankfurterin, Tochter eines US-Soldaten und einer Deutschen, vor allem als Organisations-Chefin der WM-Endrunde 2011 in Erscheinung.
SID