"Für Fabrice": Die Fußball-Welt rückt zusammen

London - Tottenham Hotspur ist nach einem 3:1 (0:0) gegen die Bolton Wanderers ins FA-Cup-Halbfinale eingezogen. Doch der Fußball war dabei fast nebensächlich: Im Mittelpunkt stand Fabrice Muamba.
Fabrice Muamba lag nur wenige Kilometer entfernt im Londoner Chest Hospital und war an der White Hart Lane dennoch allgegenwärtig. Die Fans beider Lager sangen am Dienstagabend den Namen des Profis der Bolton Wanderers, dessen Herz zehn Tage zuvor in der Heimstätte von Tottenham Hotspur für 78 Minuten aufgehört hatte zu schlagen. Beide Mannschaften grüßten Muamba mit Botschaften auf eigens angefertigten Shirts, kurz vor dem Spiel spendeten alle Anwesenden eine Minute Sonderapplaus. Dass es keine Schweigeminute wurde, das ist für alle Beteiligten noch immer ein Wunder.
Dass die Wanderers das Wiederholungsspiel des nach Muambas Zusammenbruch abgebrochenen FA-Cup-Viertelfinals 1:3 (0:0) verloren, war an diesem Abend nebensächlich. Die Tore von Ryan Nelsen (74.), Gareth Bale (77.) und Louis Saha (90.+4) für die Spurs, die im Halbfinale am 15. April auf den Lokalrivalen FC Chelsea treffen, und Kevin Davies (90.) für die Wanderers - bloße Statistik. An diesem Abend zählten nur Muamba und die Integrationskraft des Fußballs.
„Es ist schon komisch, dass es so etwas gebraucht hat, aber ganz Europa, die ganze Fußball-Welt ist durch diesen Zwischenfall enger zusammengerückt. Sogar Bolton und Tottenham. Das ist doch das Beste, was bei dieser Sache rauskommen konnte“, sagte ein Fan. Andere blickten noch einmal zurück auf jene 41. Minute, in der Muamba kollabiert war. Eine weibliche Anhängerin sprach von der „schwärzesten Stunde als Fan“, eine andere sagte: „Es war verrückt. Als er da lag, schien alles zur Ruhe zu kommen. Es schien, als zöge ein ganzes Leben an uns vorbei.“ Es war das Leben von Fabrice Muamba, der Nummer 6 der Bolton Wanderers.
Muamba lebt, er ist sogar bereits wieder in der Lage, Fußball zu schauen. Von seiner langsamen Genesung konnten sich seine Teamkollegen bei einem Besuch im Krankenhaus vor der Begegnung überzeugen. „Sehr emotional“ sei die Visite wie der restliche Tag in London gewesen, sagte Teammanager Owen Coyle. Muamba gehe es immer besser, „aber er hat einen so verdammt weiten Weg vor sich“. Dann sprach er dem Gegner ein großes Kompliment aus. „Die Fürsorge und die Besorgnis jedes Einzelnen bei Tottenham für Fabrice beschämt uns beinahe. Das spielte bei seiner Erholung eine sehr große Rolle.“
Auch Coyle konnte dem „schrecklichen Vorfall“ so noch etwas abgewinnen. „So schlimm es auch war: Was danach geschehen ist, war überwältigend positiv.“ Der Fußball sei der wahre Sieger dieser schlimmen Geschichte gewesen. „Es ist das beste Spiel der Welt.“
Die Spieler beider Vereine trugen beim Warmmachen weiße T-Shirts mit der Aufschrift „Gemeinsam für Fabrice“ und beiden Klub-Wappen, auf der Rückseite stand: „Danke für die Unterstützung für Fabrice.“ In der 41. Minute begannen die Bolton-Fans Muambas Namen zu singen. Die Anhänger der Spurs stimmten mit ein, als das Spiel entschieden war, das der Guardian als „ein ganz normales Pokalspiel“ beschrieb: „Es gibt kein besseres Zeichen der Erholung.“
Die White Hart Lane hat in ihren 113 Jahren schon viele, meist sportliche Tragödien und Dramen gesehen. Der Name Fabrice Muamba wird für immer ein Teil davon sein. „Es war ein entsetzlicher Abend“, sagte Spurs-Teammanager Harry Redknapp rückblickend. „Die, die hier waren, werden es nie vergessen. Und nun betet zu Gott, dass er sich so erholt, wie wir alle uns das erhoffen.“
SID