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DFB-Yoga-Lehrer fällt eigenartiges Urteil über Quartier in Watutinki: „Mischung aus ...“

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Yoga-Lehrer Patrick Broome
Yoga-Lehrer Patrick Broome. © dpa

DFB-Yoga-Lehrer Patrick Broome ist nicht gerade angetan vom deutschen WM-Quartier. Der Yogi im Interview.

Watutinki - Patrick Broome ist Yoga-Lehrer. Ein Haufen Zufälle haben den 49-Jährigen bis ins Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft geführt. Eine Freundin habe ihn vor Jahren mit Oliver Bierhoff bekannt gemacht, erzählt Broome. „Der wiederum rannte mit seiner Begeisterung für die indische Lehre bei Jürgen Klinsmann offene Türen ein.“

Und die Spieler? „Die mussten erst noch überzeugt werden.“ Aber: Bereits nach der ersten Yoga-Stunde am 31. Mai 2005 war klar: Patrick Broome ist engagiert! Seitdem reist der Münchner mit Jogis Jungs um die Welt. Broome war dabei, als sich Schweinsteiger, Podolski & Co. auf die WM in Südafrika vorbereitet haben, als Mario Balotelli unsere National-Elf aus dem EM-Halbfinale kickte und als wir vor vier Jahren schließlich Weltmeister wurden. 

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Im Interview erklärt er, warum Yoga manchmal weh tun kann, warum bunte Schlabberhosen im russischen Trainingslager tabu sind und warum Jens Lehmann lange keine Lust auf Yoga hatte…

Herr Broome, Sie sind seit Dienstag in Russland angekommen und mit dem Team seit vorgestern in Sotschi. Wie kann man sich das Trainingslager speziell in Watutinki vorstellen?

Broome: Als Mischung aus Militär-Kaserne und Jugendherberge.

Das klingt nicht besonders einladend…

Broome: Wir haben auch alle ganz schön geschaut, als wir da angekommen sind. Aber: Wir sind ja schließlich nicht hier, um Urlaub zu machen.

Wie ist die Stimmung?

Broome: Bis jetzt sehr gut. Aber so langsam kommt Spannung ins Spiel.

Ihr Spezialgebiet! Ihre Aufgabe besteht schließlich darin, die (An-)Spannung der Spieler zu lösen…

Broome: Ganz genau. Yoga ist eine perfekte Ergänzung, ein super Ausgleich zu den kräftezehrenden Trainingseinheiten. Yoga mobilisiert, kräftigt, dehnt und streckt. Ziel ist es, die Körperpartien, die überbelastet sind, zu entspannen und diejenigen, die unterentwickelt sind, zu kräftigen.

Das klingt nach Arbeit.

Broome: Ja, Yoga kann auch mal anstrengend sein. Vor allem nach einem Spiel, wenn die Muskeln auf ein Minimum verkürzt sind, sieht man den Jungs an, dass sie keinen Spaß an der Sache haben. Aber da müssen sie durch. Und meistens geht es ihnen danach sogar besser.

Apropos Spaß: Gibt es auch Spieler, die keine Lust auf Yoga haben?

Broome: Die hat es gegeben. Jens Lehmann hat sich lange geweigert mitzumachen.

Warum das?

Broome: Ich glaube, weil er Angst hatte, seinen Biss auf dem Feld zu verlieren. Das ist so ein altes Vorurteil, das der indischen Lehre anhaftet.

Aber da ist nichts dran?

Broome: Ganz im Gegenteil! Yoga stärkt nicht nur den Körper, sondern auch den Geist. Das wiederum kann helfen, Ziele zu visualisieren und ganz bewusst umzusetzen.

Das sollte doch auch einen Top-Torwart wie Jens Lehmann überzeugt haben, oder?

Broome: Ja, tatsächlich! Irgendwann ist er über seinen Schatten gesprungen und hat es einfach ausprobiert.

Und?

Broome: Mittlerweile ist er ein riesen Yoga-Fan.

Was ist mit den Spielern unserer Nationalelf?

Broome: Manche kommen regelmäßig, manche eher selten.

Und was ist mit dem Trainer?

Broome: Der ist auch total begeistert. Seit wir hier sind, hatte Jogi aber leider noch keine Zeit, an einer Yoga-Session teilzunehmen.

Das heißt, niemand wird zum Sonnengruß gezwungen?

Broome: Nein, das Angebot ist freiwillig. Außer nach einem Spiel. Da stehen bei allen Spielern zwei Regenerationseinheiten auf dem Plan. Zwanzig Minuten radeln, zwanzig Yoga.

Und da wird nicht gemurrt?

Broome: Nein. Bei der ganzen Spannung, die auf dem System lastet, sind die Spieler froh, wenn sie zwischendurch mal entspannen können. Gerade in Phasen, in denen der Schlaf unter der Anspannung leidet, helfe ich ihnen, runterzukommen. Durch Atem-, Dehn- und Kräftigungsübungen.

Wo finden die Yoga-Sessions statt?

Broome: Wir haben einen kleinen Fitnessraum mit Spiegelwand und Gummiboden.

Und die Spieler kommen barfuß und in Schlabberhose?

Broome: Barfuß ja. Bei den Klamotten gibt es klare Vorschriften. Heute zum Beispiel haben wir ein einheitliches grünes T-Shirt an. Wir sind alle nur mit einem kleinen Trollihergekommen, die Taschen mit unseren Klamotten hat Adidas für uns gepackt.

Also doch eine Mischung aus Militär-Kaserne und Jugendherberge…

Broome: So ungefähr. Nein Spaß, die einheitliche Kleidung ist dazu da, die Spieler näher zusammenzubringen. Das Ego wird im Camp hintenangestellt. Es geht einzig und allein um die Mannschaft – und ihr gemeinsames Ziel, den WM-Titel.

Standen Sie auch schon mal mit den Jungs auf dem Trainingsplatz?

Broome: Nein, das würde den Spielern keinen Spaß machen. Ich kicke manchmal mit meinem Sohn. Der ist neun – dafür reicht’s gerade noch. Obwohl – mittlerweile bekomme ich sogar schon von dem kleinen Mann Sätze wie „Papa, schieß mal g’scheit“ zu hören. 

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