Kommentar zu Flicks Fehlerkette: Bayern-Block gescheitert – Musiala die ärmste Sau
Deutschland scheitert bei der WM 2022. Hansi Flick hat das Debakel mit einer Kette an Fehlern mitzuverantworten. Ein Kommentar.
Doha – Mund zuhalten, heimfahren! So wie sich der DFB bei der umstrittenen WM 2022 in Katar im Streit um die „One-Love“-Binde blamierte, so präsentierte sich auch die deutsche Nationalmannschaft auf dem Platz. Das Spiel der DFB-Elf war ausdruckslos, sie hatte nichts zu sagen. Nach Gegentoren herrschte auf dem Rasen das totale Chaos.
Die Quittung: Deutschland fährt wie vor vier Jahren schon nach der Gruppenphase geschlagen nach Hause. Die Aufholjagd beim 4:2 gegen Costa Rica kam zu spät. Den WM-K.o. hat nicht ausschließlich, aber vorwiegend Bundestrainer Hansi Flick zu verantworten, zu groß waren seine Versäumnisse bei dieser Weltmeisterschaft. Flicks Fehlerkette:
Hansi Flick |
Geboren: 24. Februar 1965 (Alter 57 Jahre), Heidelberg |
Aktueller Job: Bundestrainer |
Vertrag bis: 31.07.2024 |
Bisherige Stationen: Deutschland (seit 2021; Co-Trainer von 2006-2014) FC Bayern (2019-2021) |
Flicks Bayern-Block funktioniert nicht
Flick nominierte sieben Spieler vom FC Bayern, gegen Costa Rica ließ er erstmals alle von Beginn an ran. Das lag daran, dass Leroy Sané zum WM-Start verletzungsbedingt fehlte. Der Ex-Bayern-Coach hielt bedingungslos an seinen Triple-Helden fest.
Für Leon Goretzka, der nach seiner Nicht-Nominierung für die Startelf im ersten Spiel gegen Japan schmollte, machte Flick gegen Spanien im Mittelfeld Platz – auf Kosten eines Stürmers. Gegen Costa Rica musste sogar Joshua Kimmich, der laut Flick eigentlich nur noch im Zentrum spielen sollte, auf die rechte Abwehrseite weichen. Nur damit jeder schön zufrieden ist. Ob sich der Bundestrainer damit einen Gefallen getan hat, steht auf einem anderen Blatt.

Der FC Bayern wurde noch nie alleine Weltmeister
Allein es nützte nichts. Die Nationalmannschaft ist nicht der FC Bayern und der Rekordmeister ist auch noch nie alleine Weltmeister geworden (DFB-Titel). Das Spiel der Bayern lässt sich eben nicht einfach eins zu eins adaptieren, das musste auch Flick erkennen.
Den Bayern-Profis, die bis auf Torwart Manuel Neuer hauptsächlich im zentralen wie offensiven Mittelfeld zu Hause sind, fehlte die Bindung zu den anderen Mannschaftsteilen. Der offensive Spielstil, wie die Bayern ihn zelebrieren, lässt sich nur mit einer darauf abgestimmten Abwehr umsetzen.
Flicks Abwehr nicht WM-tauglich
Deutschlands Defensive bewies kein WM-Niveau. Fünf Gegentore in drei Spielen sind einfach zu viel. Gegen Costa Rica und Japan wurde sogar jeweils eine 1:0-Führung leichtfertig verspielt. ARD-Experte Bastian Schweinsteiger zerlegte die DFB-Auswahl live im TV und sprach sogar einzelnen Abwehrspielern die Qualität für die WM ab.
„Wir haben in der Defensive nur einen Spieler, der auf einem hohen Niveau spielt: Das ist Toni Rüdiger (Real Madrid, d. Red.). Die Anderen, das ist normales Bundesliganiveau“, sagte Schweinsteiger und meinte damit wohl unter anderem die beiden Dortmunder Niklas Süle und Nico Schlotterbeck sowie den Hoffenheimer David Raum. „Wir müssen wieder dahin kommen, eine ordentliche Defensive hinzustellen“, meinte er: „Sind wir eine Turniermannschaft? Nein, das sind wir überhaupt nicht. Du brauchst eine gute Defensive, du brauchst Stabilität in der Mannschaft, und das fängt hinten an.“
Flicks merkwürdige Wechsel auf Kosten der Stabilität
Der Bundestrainer experimentierte in der deutschen Schaltzentrale als befinde man sich noch in der Vorbereitung. Aufwachen! Als Flick seine Fehler bemerkte, war die WM schon längst gelaufen. Gegen Costa Rica korrigierte Flick sich selbst und nahm zur Pause Goretzka raus und brachte Klostermann. Kimmich rückte dafür wieder ins Zentrum, kurze Zeit später war für Ilkay Gündogan Schluss.
Ein ähnliches Wechsel-Wirrwarr auf Kosten der Stabilität ereignete sich gegen Japan. Flick nahm gleichzeitig Gündogan und Thomas Müller raus, die Japaner bestraften die fatalen Wechsel mit zwei Gegentoren. Rekordnationalspieler Lothar Matthäus warf seinem guten Freund Flick sogar vor, sich vercoacht zu haben. Nur gegen Spanien durften Kimmich und Goretzka zusammen über 90 Minuten auf der Doppelsechs ran, was immerhin mit einem Punkt belohnt wurde.
Flick schützt Musiala nicht – zu viel Druck auf den Schultern des Teenagers
Es sollte seine WM werden. Viele Experten prognostizierten Jamal Musiala als neuen Superstar beim Weltturnier. Von dieser Last wurde der 19-Jährige offensichtlich erdrückt. Keine Unterstützung von Trainer und Mitspielern, Musiala war am Ende die ärmste Sau.
Man hatte das Gefühl, Musiala muss die Hoffnungen einer ganzen Nation alleine schultern. Seine tollen Sololäufe, die leider nicht belohnt wurden, wirkten teilweise wie ein verzweifelter Hilferuf. Flick und sein Trainerteam fanden in der Offensive offenbar keine Lösungen, Musiala in bessere Positionen im Kombinationsspiel zu bringen. Seine Mitspieler ließen ihn im Stich.
Niclas Füllkrug: Flick beraubt Deutschland der letzten WM-Chance
Auch gegen Costa Rica wurde Niclas Füllkrug erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt. Man hatte das Gefühl, Flick müsse zu seinem Glück gezwungen werden. Nach Füllkrugs fulminantem Ausgleichstor gegen Spanien hatte den Bremer Torjäger eigentlich fast jeder in der Startelf erwartet, doch Flick brachte erneut Müller im Sturmzentrum. Wer weiß, ob der Bundestrainer Füllkrug ohne den verletzungsbedingten Ausfall von Timo Werner überhaupt nominiert hätte.
Flick war offenbar wirklich so blauäugig, spanische Schützenhilfe zu erwarten. Diese blieb jedoch, wie wir wissen, aus. Deutschland hätte einen Sieg mit acht Toren Vorsprung zum Weiterkommen benötigt. Ein Abnehmer im Strafraum wie Füllkrug, der bereits zuvor als einziger Spieler bei der WM Effizienz nachgewiesen hatte, wäre bei diesem Unterfangen sicherlich nicht verkehrt gewesen.
Diskussionen nach WM-Debakel: Bleibt Hansi Flick Bundestrainer?
Füllkrug erzielte gegen Costa Rica noch den 4:2-Endstand, doch sein Einsatz kam zu spät. Wie so viele Erkenntnisse von Flick bei dieser WM. Nach dem Debakel haben die Diskussionen um seine Person längst begonnen, ob Hansi Flick Bundestrainer bleibt? (ck)