Donovan: Er kann's ja doch

Pretoria - Auf der Internetseite des US-Fußball-Verbandes steht unter Schwächen: “vielleicht auf deutschem Boden spielen“. Bei Bayern München und Bayer Leverkusen konnte sich Landon Donovan nie so richtig durchsetzen. Bei der WM hat er sich für die USA unsterblich gemacht.
Seine Kollegen warteten schon bei laufendem Motor im Mannschaftsbus, da hielt der König von Hollywood noch immer Hof. Landon Donovan war nach dem Einzug des US-Teams ins WM-Achtelfinale der meistgefragte Mann im Loftus Versfeld-Stadion von Pretoria. Ein Fernsehteam aus Brasilien stürzte sich auf den Siegtorschützen aus dem kalifornischen Ontario, als sei ihnen gerade ein Exklusiv- Interview mit Tribünengast Bill Clinton versprochen worden.
Und Donovan genoss jede Minute dieses magischen Abends. Mit leiser Stimme sprach er in alle Mikrofone, die ihm entgegengestreckt wurden. Auf dem Platz war der 28-Jährige nahezu unsichtbar gewesen im letzten Vorrundenduell der USA gegen Algerien. Die Nummer zehn stand zwar auf dem Spielberichtsbogen, auf dem Feld aber selten da, wo der Ball war. Bis eben zu jener ersten Minute der Nachspielzeit, als Donovan einen Abpraller des algerischen Torwarts Rais M'Bohli aus fünf Metern zum 1:0 über die Linie schob.
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Von den Mitspielern erst schier erdrückt, konnte er die Tränen später nicht unterdrücken. Noch auf dem Platz schoss ihm das Wasser in die Augen, bei der Pressekonferenz kämpfte er gegen den Kloß und schniefte und schnäuzte in einem fort. “Ich war vier Jahre auf einer langen Reise. Ich musste Tiefschläge verkraften“, sagte der smarte Mann auf dem Podium. WM 2006 verpatzt, die Zeit bei Bayern München und Bayer Leverkusen missraten und im vorigen Sommer seine Scheidung.
Ein Drehbuchautor aus Hollywood hätte es nicht stimmiger inszenieren können. Der in der Bundesliga gescheiterte Klinsmann- Liebling schoss die USA ins Achtelfinale gegen Ghana am Samstag in Rustenburg. Mit seinem Last-second-Tor machte sich der Rekord- Nationalspieler, der vor acht Jahren für das US-WM-Poster modelte, im amerikanischen Fußball unsterblich - und dachte in der Stunde des größten Sieges an die Schattenseiten des Lebens.
Erst sehr viel später hatte der Stürmer der Los Angeles Galaxy Stimme und Stimmung wiedergefunden. “Wir glauben, dass wir es bei dieser WM mit jedem Team aufnehmen können. Es gibt noch Dinge, an denen wir arbeiten müssen. Aber wir können es noch besser“, sagte er.
Dass Donovan es sehr viel besser kann als bei seinem unglücklichen Ausflug zu den Bayern der Klinsmann-Zeit, bewies er nach seiner Rückkehr in die USA im März 2009: Er tat, was er auch vorher getan hatte und spielte einfach gut Fußball. Zuletzt war er an den FC Everton ausgeliehen; auch dort lief es besser als in München.
Und bei dieser WM ist Donovan prägender Kopf und spielbestimmender Chef der furiosen US-Auswahl, die ihre Gruppe sogar noch vor den Engländern abschloss. “Er ist gewachsen, ist eine Persönlichkeit und besitzt Charakter“, sagte Trainer Bob Bradley nach dem 45-minütigen Kabinenbesuch von Ex-Präsident Bill Clinton über Donovan.
“Er hat viel Charisma. Man konnte sehen, wie bewegt er ist. Das war fantastisch“, sagte ein anderer. Allerdings ging es dabei ausnahmsweise nicht um den Torschützen Landon Donovan. Es war Donovan selbst, der diese Worte wählte - und Edel-Fan Bill Clinton meinte.
dpa