Selber Fehler wie Löw: Bierhoff ist mit seinem Rücktritt viel zu spät dran – Kommentar zum DFB-Beben

Oliver Bierhoff löst nach dem WM-Debakel seinen Vertrag als Direktor Nationalmannschaft auf. Genauso wie bei Joachim Löw hätte diese Entscheidung viel früher fallen müssen. Ein Kommentar.
München/Frankfurt am Main - Oliver Bierhoff geht. Er geht viel zu spät! Der Direktor Nationalmannschaft hat genau denselben Fehler gemacht wie Weltmeister-Trainer und Weggefährte Joachim „Jogi“ Löw. Der richtige Zeitpunkt, den Staffelstab weiterzureichen, wurde krachend verfehlt.
Oliver Bierhoff tritt beim DFB zurück: Er hat denselben Fehler wie Jogi Löw gemacht
Das gestand Bierhoff unmittelbar nach dem besiegelten WM-Debakel in Katar selbst ein. Im ARD-Interview mit Moderatorin Esther Sedlaczek erklärte der 54-Jährige auf die Frage, warum Mittelstürmer, Außen- und Innenverteidiger von Weltklasse-Format fehlen: Dass der Fokus auf die Ausbildung dieser Spieler hätte vor 14 Jahren gelegt werden müssen, und dafür zwei Jahre nicht ausreichen. Erschreckend! Ein bitteres Eingeständnis eklatanter Versäumnisse.

Ein Umstand, den der Torschütze des Golden Goal bei der Euro 1996 als Geschäftsführer Nationalmannschaften und Akademie maßgeblich mitzuverantworten hat. Spätestens seit dem ersten WM-Debakel 2018 in Russland. Für ein erstes Treffen zur Aufarbeitung brauchten er und Kumpel Löw damals drei Wochen (!). Jede Woche fehlt jetzt mit Blick auf die Fußball-EM 2024 in Deutschland (14. Juni bis 14. Juli). Ein frühes WM-Aus im Emirat hatte sich längst angedeutet. Auch wenn die Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sich das nicht eingestehen wollten.
Ein Beispiel: Auch in der Nations League gab es nur einen Sieg aus sechs Spielen. Dabei sollte die deutsche Nationalmannschaft laut Bierhoff eigentlich Gruppensieger werden und am Final-Turnier teilnehmen. Viel schwerer als die jüngsten sportlichen Misserfolge wiegt, dass der DFB nach etlichen Marketingflops, destruktiven Machtkämpfen und peinlichen Arroganzanfällen bei unzähligen deutschen Fans den letzten Kredit verspielt hat.
Im Video: Nach Rücktritt: Wer wird Bierhoff-Nachfolger - und was wird aus Flick?
Die Kicker auf dem Platz haben dadurch die Unterstützung großer Teile einer Fußball-Nation verloren, die gegenüber ihrer einst geliebten Nationalmannschaft in eine beispiellose Gleichgültigkeit verfallen ist.
Oliver Bierhoff und Joachim Löw: Nicht nur WM-Sieg 2014 bleibt in Erinnerung - auch das Scheitern danach
Das Bittere: Die Ergebnisse des unverzichtbaren Umbruchs werden sich sehr wahrscheinlich erst viel später bemerkbar machen. Und nicht bei der EM 2024 im eigenen Land, die nach der WM 2006 eigentlich das nächste Sommermärchen werden soll. An diesem waren sowohl Löw als auch Bierhoff beteiligt. Statt ausschließlich mit den damaligen Emotionen und dem WM-Sieg 2014, werden sie künftig auch mit dem heftigen Scheitern am Ende ihrer Amtszeit verbunden. (pm)