Heiß ist übrigens der Löwe, der am öftesten gegen Pelé gespielt hat. Viermal nämlich. Zwei Länderspiele gegen Brasilien haben es möglich gemacht. Das erste am 5. Mai 1963 in Hamburg. Und obwohl die DFB-Truppe mit 1:2 verloren hat, stellte Pelé, der den Siegtreffer markierte, hinterher fest: „Der beste Spieler auf dem Platz war die deutsche Nummer 7.“ Eben Fredi Heiß. Dem ging das Lob vom damals schon zweifachen Weltmeister natürlich runter wie Öl.
Zwei Jahre später, im Juni 1965, folgte das nächste Aufeinandertreffen in einem Länderspiel – diesmal in einem ganz anderen Rahmen, vor 140 000 Zuschauern im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro! Heiß: „Es war das Abschiedsspiel von Garrincha, und Pelé schoss beim 2:0-Sieg ein unfassbares Tor aus etwa 30 Metern.“ Die deutsche Mannschaft flog damals übrigens gemeinsam mit ihren Gegenspielern nach Europa zurück, weil diese dort noch ein paar Testspiel-Verpflichtungen hatten. „Unterhalten konnten wir uns aber nicht mit ihnen“, sagt Heiß und lacht: „Die Brasilianer haben während des gesamten Fluges nämlich nur gesungen und getrommelt.“
Für den Meisterlöwen war Pelé immer schon der „beste Spieler, den es jemals gegeben hat. Wir sind ja ein Jahrgang, er ist sieben Wochen vor mir geboren, und als ich ihn als 17-Jährigen bei der WM 1958 in Schweden im Fernsehen verfolgen konnte, war ich hin und weg.“ Was Heiß am meisten beeindruckte, war keine einzelne Fähigkeit Pelés, sondern das Gesamtpaket: „Er war der kompletteste Spieler, den ich je gesehen habe. Er hatte einfach keine Schwächen. Er hat unglaubliche Tore gemacht. Finten, Fallrückzieher, da war alles dabei. Überragend mit dem linken und dem rechten Fuß, unheimlich stark im Kopfball und mit einem Spielverständnis ausgestattet, das seinesgleichen sucht…“ Für Heiß ist damit auch die Frage nach dem Größten aller Zeiten beantwortet: „Messi, Ronaldo und Maradona sind oder waren genial. Aber da muss man Pelé drüber stellen. Ob es so etwas Perfektes nochmal geben wird? Ich glaube nicht.“
Pelés dritter Besuch bei den Löwen fand im September 1981 statt. Sepp Hilz, ein großer Gönner des TSV 1860 und auch späterer Vizepräsident, hat ihn möglich gemacht. Hilz vertrat damals die Sportartikelfirma Puma, die die Sechziger ausrüstete und auch den brasilianischen Weltstar unter Vertrag hatte. Und dank dieser Verbindung schaute Pelé erst beim Training an der Grünwalder Straße vorbei und einen Tag später verfolgte er dann Rudi Völler & Co. im Heimspiel gegen Hannover 96. Leider führte er gemeinsam mit Wolfgang Sidka nur den Anstoß aus. Ein paar mehr Ballkontakte von ihm, und die Löwen hätten möglicherweise nicht 1:3 verloren...
Pelé war am Donnerstrang im Alter von 82 Jahren verstorben. Das bestätigte seine Familie. Die brasilianische Regierung hat daraufhin eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. (Claudius Mayer)