Erneuter Rassismus-Eklat um Weltstar: Vinicius-Statement spricht Bände
Vinicius Junior von Real Madrid wurde im Spiel gegen Valencia wieder zum Opfer rassistischer Beleidigungen. Der spanische LaLiga-Verband gibt ein grauenvolles Bild ab.
Valencia – Der Fußball als Sport ist ein Ort der Gleichheit. Jeder Spieler und jeder Spielerin ist auf dem Platz den gleichen Regeln unterworfen, die alle individuellen und persönlichen Unterschiede im Spiel nichtig werden lassen und auf die sportlichen Fähigkeiten beschränken. Alle großen Sportverbände nutzen diese Tatsache auf ihrer großen Bühne seit Jahrzehnten für Kampagnen gegen Hass und Diskriminierung auf sämtlichen Ebenen. Der Fall von Real Madrids Vinicius Junior zeigt, dass alle Lippenbekenntnisse, Banner oder Hashtags nur Schall und Rauch sind, wenn die jeweils verantwortlichen Verbände keine Reformen und Regeln schaffen, um Rassismus in den Stadien wirksam entgegenzutreten. Opfer von Rassismus werden im Fußball nicht geschützt. Das wurde am Sonntag (21. Mai) in Spanien erneut deutlich.
Vinicius José Paixão de Oliveira Junior | |
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Geboren: | 12. Juli 2000 in São Gonçalo, Brasilien |
Aktueller Verein: | Real Madrid |
Position: | Linksaußen |
Real Madrids Vinicius Junior erlebt Rassismus in vielen spanischen Fußballstadien
Beim Spiel von Real Madrid gegen den FC Valencia wurde der Brasilianer Vinicius Juniors zum wiederholten Male von gegnerischen Fans rassistisch beleidigt. Die Ereignisse bei der letzten Auswärtspartie stellen einen weiteren traurigen Tiefpunkt dar. „Es geht nicht um eine Person. Wir haben hier ein ganzes Stadion, das einen Spieler rassistisch beleidigt“, sagte Real-Coach Carlo Ancelotti nach der Begegnung sichtlich bewegt. Darüber hinaus nahmen auch einige Spieler des FC Valencia den jungen Profi ins Visier, um von der psychischen Belastung, die Vini Junior während des Spiels erleiden musste, zu profitieren. Als es dann in der Nachspielzeit beim Spielstand von 1:0 für den Außenseiter hektisch wurde und sich Spieler beider Mannschaften in einer Rudelbildung körperlich angingen, zeigte der überforderte und schlechte Schiedsrichter De Burgos Bengoetxea einzig dem Brasilianer die Rote Karte.
Durch den Videobeweis war ein leichter Wischer des 22-Jährigen in das Gesicht von Gegenspieler Hugo Duro zu erkennen. Der Platzverweise für diese Szene ist nach strenger Regelauslegung zwar regelkonform, hätte aber mit etwas mehr Fingerspitzengefühl auch mit einer Verwarnung bestraft werden können, um den Druck durch die rassistischen Beleidigungen zumindest in Auswirkung auf das Fußballspiel zu egalisieren. Fassungslos machte es jedoch zusätzlich, dass Duro seinen Gegenspieler fast zehn Sekunden mit dem Arm um seinen Hals im Schwitzkasten hielt. Die Aktion blieb ungeahndet und war ein erschreckender Teil des grässlichen Schauspiels in Valencias Mestalla.

Vinicius Junior sollte sogar das Tanzen verboten werden
Der LaLiga-Verband des spanischen Oberhauses ignoriert das Rassismus-Problem und regelmäßige Vorfälle schon lange. Doch der Rassismus in Spanien geht über den Fußball hinaus. Bereits vor einem halben Jahr wurde im Vorfeld des Madrider Derbys zwischen Real und Atlético in der breiten spanischen Öffentlichkeit eine absurde Debatte darüber geführt, ob Vinicius Junior seine Tore durch einen Samba-Tanz feiern dürfe. Wie ignorant diese Diskussion ist, zeigt die Verwobenheit des brasilianischen Fußballs mit dem Tanz. Der Samba als identitätsstiftende Ausdrucksform hat seinen Ursprung im 19. Jahrhundert während der Versklavung Brasiliens durch die Europäer und war und ist auch heute noch ein Zeichen gegen Unterdrückung. Die brasilianische Art Fußball zu spielen ist dessen Nachfolger aus dem 20. Jahrhundert.
Der brasilianische Sportjournalist Mario Filho, dessen Name die offizielle Bezeichnung des legendären Maracanã in Rio de Janeiro trägt, schrieb bereits 1947: „Capeiragem und Samba zum Beispiel sind in der brasilianischen Art des Fußballspielens so präsent, dass sie von einem etwas agilen Spieler (…) in seine Spielweise“ übernommen werden. Brasilianischer Fußball und Samba sind untrennbar. In Spanien wollte man diesen Zusammenhang nicht erkennen. Während des Derbys kam es in der Folge zu zahlreichen lautstarken rassistischen Beleidigungen gegen Vinicius Junior. Dazu zeigten einige Atlético Anhänger den Hitlergruß. Außerdem wurde eine Affenpuppe angefertigt, die ein Vinicius-Trikot trug. Der Verband blieb größtenteils untätig.

Spanischer Verbandspräsident kritisiert Vinicius Junior
Auf Twitter forderte Vinicius Junior von Real Madrid nach dem Spiel gegen Valencia den Verband erneut zum Handeln auf: „Es war weder das erste, noch das zweite, noch das dritte Mal. Rassismus ist in LaLiga normal. Die Konkurrenz hält es für normal, der Verband auch und die Gegner ermutigen es. Es tut mir leid. Die Meisterschaft, die einst Ronaldinho, Ronaldo, Cristiano und Messi gehörte, gehört heute den Rassisten. Eine wunderschöne Nation, die mich willkommen geheißen hat und die ich liebe, die sich aber bereit erklärt hat, das Bild eines rassistischen Landes in die Welt zu exportieren.“ In Brasilien werden die Vorfälle stark kritisiert. Alle Profivereine sowie zahlreiche Spieler wie Neymar oder Teamkollege Karim Benzema und sogar Brasiliens Präsident Lula stellen sich entschlossen hinter den brasilianischen Nationalspieler.
Der spanische Verbandspräsident Javier Tebas zeigte wiederum eine Reaktion, die das tiefgreifende Problem des spanischen Fußballs und letztlich der spanischen Gesellschaft offenlegt und jede Hoffnung auf ein Handeln, das dem Rassismus tatsächlich entgegentritt, zunichtemacht. Tebas fand in seinem Statement auf Twitter nur Kritik für den Brasilianer: „Wir haben es versucht, Dir zu erklären, aber Du bist zu keinem der vereinbarten Termine aufgetaucht. Bevor Du kritisierst und LaLiga beleidigst, informiere Dich richtig (…).“ Selbstverständlich liegt das Heft des Handelns nicht bei Vinicius Junior, der zum wiederholten Mal Opfer von Rassismus wurde. Und Spanien schaut nur zu. Die Frage, die offen bleibt, ist, wie lange der junge Brasilianer diesen anhaltenden Anfeindungen standhält, wenn er nicht aktiv in den Stadien geschützt wird? Bislang hat der lebensfrohe Dribbelkünstler sein Lachen und seine Tanzfreude zum Glück nicht verloren. (jsk)