Gastarbeiter stirbt während WM – Turnierchef Al Khater: „Tod ist natürlicher Teil des Lebens“
Ein Gastarbeiter stirbt während der WM in Katar. Nun äußert Turnierchef Al Khater Unverständnis gegenüber der Nachfrage eines Journalisten.
Update, 8. Dezember, 18.00 Uhr: Nachdem der Tod eines philippinischen Gastarbeiters bei Arbeiten an einem Hotel während der WM 2022 bekannt geworden war, wurde nun Nasser Al Khater, WM-Turnierchef, zu dem Vorkommnis befragt. Dieser äußerte sich pikiert zu der Nachfrage, weil er offensichtlich das Gespräch lieber auf die sportlichen Vorgänge während der WM richten wollte. Als das nicht gelang, nutzte er die Chance, um sich und das Land Katar abermals in die Opferrolle der Berichterstattung zu schieben.
Katars Turnierchef: „Darüber wollen Sie jetzt sprechen?“
Bei einem Interview mit der internationalen Nachrichtenagentur Reuters, welches auch in der ARD-Mediathek abrufbar ist, wird der katarische Turnierchef Nasser Al Khater zu dem kurz vorher bekannt gewordenen toten Arbeiter auf einer Hotel-Baustelle gefragt. Doch dieser hatte offensichtlich wenig Lust auf das Thema. „Wir sind mitten in einer WM, haben eine erfolgreiche WM und darüber wollen Sie jetzt sprechen?“

Da Al Khater aber nicht aus der Situation raus kann, versucht sich dieser im Kleinreden des Unfalls. „Der Tod ist ein natürlicher Teil des Lebens – ob auf der Arbeit oder im Schlaf“, so der Katarer. In einem Zwischensatz besinnt sich der Turnierchef, nur um gleich darauf wieder Unverständnis zu äußern. „Ein Arbeiter ist gestorben – unser Beileid geht an seine Familie, aber es ist merkwürdig, dass sich ihre erste Frage danach richtet.“
Al Khater greift Journalisten an
Während er am Anfang des Interviews noch deutlich unwillig wirkte, über das Thema Arbeitsunfälle zu sprechen, nutzt Al Khater in der Folge die Möglichkeit, um zum Rundumschlag auszuholen. Jegliche negative Berichterstattung über Katar im Zusammenhang von Arbeitsunfällen als Lüge darzustellen, ist dabei nur der Anfang. „Alles, was über die Todesfälle der Arbeiter gesagt wurde, ist komplett falsch.“

Je weiter die Replik des WM-Turnierchefs voranschreitet, desto mehr versucht er Katar und sich selbst in die Rolle des Opfers zu drängen. „Wir sind ein wenig enttäuscht, dass die Journalisten dieses falsche Narrativ verschärft haben. Und ehrlicherweise denke ich, dass viele der Journalisten reflektieren und fragen sollten, warum sie versucht haben, dieses Thema so lange auszuführen“, so Al Khater weiter. Dabei war es gerade dem Umstand zu verdanken, dass sich Katar lange Zeit gar nicht und dann nur tröpfchenweise zu den Todeszahlen auf den WM-Baustellen äußerte, warum immer wieder darüber berichtet wurde. (sch)
Erstmeldung vom 8. Dezember: München/Doha – Traurige Nachrichten aus Katar. Während der WM 2022 hat ein Gastarbeiter, vermutlich von den Philippinen, sein Leben verloren. Das bestätigte die FIFA mittlerweile. Zuerst hatte die US-Sportnachrichtenseite The Athletic darüber berichtet.
WM in Katar: FIFA spricht Mitgefühl aus
Der Mann sei infolge eines Unfalls bei Reparaturarbeiten im Teamhotel der saudi-arabischen Delegation gestorben. Der Weltverband sei „zutiefst betrübt über diese Tragödie“, die „Gedanken und unser Mitgefühl sind bei der Familie des Arbeiters“, teilte ein Sprecher mit.
Weitere Aussagen über den Unfall könne man erst treffen, wenn mehr Informationen bekannt seien. The Athletic zufolge ermittelte in dem Fall die katarische Regierung.
WM in Katar: Gabelstapler-Unfall führt zu Tod
Ein katarischer Beamter sagte dazu: „Wenn die Untersuchungen zeigen, dass die Sicherheitsprotokolle nicht eingehalten wurden, wird das für die Arbeiten verantwortliche Unternehmen rechtlich verfolgt und mit schweren Strafen belegt.“
Die Sportnachrichtenseite hatte berichtet, dass es sich bei dem Verstorbenen um einen Mann namens Alex handele, der auf Anfang 40 geschätzt wird. Er soll demnach in einen Unfall mit einem Gabelstapler verwickelt gewesen sein.
WM in Katar: Verunglückter trägt kein Sicherheitsgurt
Beim Sturz von einer Rampe sei er mit dem Kopf auf Beton aufgeschlagen, heißt es weiter. Einen Sicherheitsgurt habe der Mann nicht getragen – warum, sei nicht bekannt.
Saudi-Arabiens Nationalmannschaft residierte während der WM-Endrunde im Fünf-Sterne Sealine Beach Resort. Nach dem WM-Coup zum Auftakt gegen Argentinien, musste das Nachbarland Katars allerdings nach der Vorrunde die Heimreise antreten.
WM in Katar: Uneinigkeit über Todesfälle
Im Vorfeld der WM in Katar gab es große Kritik am Emirat aufgrund der Arbeitsbedingungen für die Gastarbeiter im Wüstenstaat. Laut Amnesty International seien 15.000 Gastarbeiter im Vorfeld der WM gestorben. Die britische Tageszeitung „The Guardian“ berichtete Anfang 2021 von 6500 Toten.
Die katarische Regierung hingegen gibt an, dass es seit 2014 37 Todesfälle unter Arbeitern, die in direktem Zusammenhang mit dem Bau der WM-Stadien standen, von denen drei „arbeitsbedingt“ waren. Der katarische Außenminister sprach deswegen sogar von „systematischem Rassismus“. (kk/dpa)