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Kimmich knabbert an WM-Aus: „Habe Angst in ein Loch zu fallen“

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Von: Manuel Bonke, Philipp Kessler

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Joshua Kimmich
Fassungslos: Joshua Kimmich nach dem deutschen WM-Aus in Katar. © Christian Charisius/dpa

Er nimmt sich das Ausscheiden besonders zu Herzen: Joshua Kimmich. Der ehrgeizige Leader befürchtet einen Makel an seiner Karriere.

Doha - Nach dem erneut blamablen WM-Aus kritisierte sich die deutsche Nationalmannschaft selbst. Einer ging dabei besonders hart mit sich ins Gericht: Joshua Kimmich (27). Der Führungsspieler sah sich in der Verantwortung.

„Wir fahren wieder nach Hause. Dementsprechend habe ich ein bisschen Angst davor, echt in ein Loch zu fallen“, sagte der Bayern-Star nach dem 4:2 gegen Costa Rica am frühen Freitagmorgen Ortszeit in der Interviewzone des Al-Bayt-Stadions in Al-Chaur. „Für mich ist es echt …“, schnaufte Kimmich durch und fügte mit zittriger Stimme an, „der schwierigste Tag meiner Karriere.“

Am 29. Mai 2016 gab er sein Nationalmannschaftsdebüt. Bei der darauffolgenden EM in Frankreich etablierte sich der aktuelle Mittelfeld-Antreiber als Stammspieler rechts in der Viererkette. Die DFB-Elf scheiterte im Halbfinale. Es folgten nach dem Confed-Cup-Triumph 2017 der erste Gruppen-K.o. bei einer WM in Russland 2018, das EM-Aus im Achtelfinale 2021 und nun schon wieder ein massiver sportliche Tiefschlag für den ehrgeizigen Profi. (Spielplan der WM 2022 in Katar)

„Das ist nichts, wofür man stehen möchte“

„2018 vergeigt, letztes Jahr die Euro in den Sand gesetzt“, resümierte Kimmich mit Tränen in den Augen. „Ich bin 2016 dazugekommen, davor war Deutschland immer im Halbfinale. Dann kommt man dazu und scheidet zweimal in der Vorrunde aus, im letzten Jahr im Achtelfinale. Das ist schon für mich persönlich nicht so einfach zu verkraften, weil ich persönlich mit dem Misserfolg in Verbindung gebracht werde. Das ist nichts, wofür man stehen möchte.“

Fakt ist: Vor der WM 2018 sorgten Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem umstrittenen türkischen Machthaber Recep Tayyip Erdogan für mächtig Unruhe. Auch beim Turnier selbst kam die Mannschaft mit ausrangierten Stars nie in den Tritt. Das einstige Weltmeister-Team war keine Einheit mehr. Es folgte ein kleiner Umbruch, der damalige Bundestrainer Joachim Löw durfte allerdings weitermachen. Dass das Verhältnis zwischen Mannschaft und Coach abgenutzt war, zeigte sich spätestens bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr.

Am aktuellen WM-Aus ist Kimmich als Leader natürlich mitverantwortlich

Fakt ist aber auch: Am aktuellen Aus bei der WM 2022 ist Kimmich als Leader natürlich mitverantwortlich. Die Last, die er sich mit seinen neuesten Aussagen auferlegt, ist allerdings unverhältnismäßig groß. Der Erfolg der Fußball-Nation hängt nicht von ihm alleine ab – auch wenn er sich selbst offenbar am meisten in der Pflicht sieht. Weltmeister zu werden ist einer seiner Kindheitsträume. Viele Chancen dazu bleiben nicht mehr.

Am WM-K.o. 2018 hatte Kimmich lange zu knabbern. „So down war ich im Fußball noch nie. Körperlich ging es mir zwar gut, aber mental habe ich einige Wochen gebraucht, um mich davon zu erholen“, gab er im Magazin The Players’ Tribune zu. Nach dem Aus in Katar sei „die Wunde wieder aufgekratzt“ worden. Sie wird hoffentlich etwas schneller verheilen. Denn: Im Vergleich zu damals ist seine private Situation eine andere. Kimmich ist mittlerweile verheiratet und Vater von drei kleinen Kindern. Zu Hause ist er als Ehemann und Papa gefragt, er wird auf andere Gedanken kommen. Mut sprach ihm auch Frankreich-Star Antoine Griezmann via Twitter zu: „Du wirst wieder aufstehen, Joshua.“ Ein Ende seiner DFB-Karriere schloss Kimmich nach dem bitteren dritten Turnier-Aus nacheinander aus. Bald wird er den Fokus auf die Heim-EM 2024 legen. M. Bonke, P. Kessler

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