Fakt ist: Vor der WM 2018 sorgten Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem umstrittenen türkischen Machthaber Recep Tayyip Erdogan für mächtig Unruhe. Auch beim Turnier selbst kam die Mannschaft mit ausrangierten Stars nie in den Tritt. Das einstige Weltmeister-Team war keine Einheit mehr. Es folgte ein kleiner Umbruch, der damalige Bundestrainer Joachim Löw durfte allerdings weitermachen. Dass das Verhältnis zwischen Mannschaft und Coach abgenutzt war, zeigte sich spätestens bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr.
Fakt ist aber auch: Am aktuellen Aus bei der WM 2022 ist Kimmich als Leader natürlich mitverantwortlich. Die Last, die er sich mit seinen neuesten Aussagen auferlegt, ist allerdings unverhältnismäßig groß. Der Erfolg der Fußball-Nation hängt nicht von ihm alleine ab – auch wenn er sich selbst offenbar am meisten in der Pflicht sieht. Weltmeister zu werden ist einer seiner Kindheitsträume. Viele Chancen dazu bleiben nicht mehr.
Am WM-K.o. 2018 hatte Kimmich lange zu knabbern. „So down war ich im Fußball noch nie. Körperlich ging es mir zwar gut, aber mental habe ich einige Wochen gebraucht, um mich davon zu erholen“, gab er im Magazin The Players’ Tribune zu. Nach dem Aus in Katar sei „die Wunde wieder aufgekratzt“ worden. Sie wird hoffentlich etwas schneller verheilen. Denn: Im Vergleich zu damals ist seine private Situation eine andere. Kimmich ist mittlerweile verheiratet und Vater von drei kleinen Kindern. Zu Hause ist er als Ehemann und Papa gefragt, er wird auf andere Gedanken kommen. Mut sprach ihm auch Frankreich-Star Antoine Griezmann via Twitter zu: „Du wirst wieder aufstehen, Joshua.“ Ein Ende seiner DFB-Karriere schloss Kimmich nach dem bitteren dritten Turnier-Aus nacheinander aus. Bald wird er den Fokus auf die Heim-EM 2024 legen. M. Bonke, P. Kessler