Tiriac ist heute einer der reichsten Bürger Rumäniens. Sein Firmenkonglomerat hat Milliardenwert. Aber während der Rumäne nach dem Ende der Allianz mit dem Jungen aus Leimen sein Imperium festigte, wurde Beckers Lage schwer und schwerer. Heute, gut 30 Jahre nach der Trennung von Tiriac, kann man Becker in Werbespots beobachten, in denen er etwas schal über Kreditvergaben spricht.
Was ist bloß schief gelaufen mit und bei Becker bis zu diesen Tagen im März und April 2022, in denen er sich wegen der Behinderung in seinem Insolvenzverfahren zu verantworten hatte und sogar eine Gefängnisstrafe befürchten muss? Tiriac kann jedenfalls kaum glauben, wohin Beckers Weg führte: „Er hätte zu einem der reichsten Sportler werden können, ja müssen“, sagt der Impresario, „aber er hat nicht mehr auf die Leute gehört, die das Richtige für ihn wollten.“ Tatsächlich hatte Becker in seiner Karriere nur zwei Berater von Format – Tiriac und später noch der inzwischen verstorbenen Münchner Anwalt Axel Meyer-Wölden.
Nach seinem Karriereende wollte sich Becker von seinem vorherigen Leben emanzipieren und „anerkannt werden als jemand, der mehr kann“, Doch bereits eines der ersten ambitionierten Projekte, das Internetportal „Sportgate“, scheiterte krachend.
Schon 2003 bekam sein Image einen heftigen Kratzer ab, als es in München wegen Steuerhinterziehung „Die Bundesrepublik Deutschland gegen Boris Franz Becker“ hieß. Die jahrelangen Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden fanden ein glimpfliches Ende, er kam mit einer Bewährungsstrafe davon. Kurios genug, dass er das relativ milde Urteil einem gewissen Hans-Dieter Cleven zu verdanken hatte, dem früheren Generaldirektor der Schweizer Metro-Holding und Vermögensverwalter der milliardenschweren Beisheim-Gruppe. Cleven ist inzwischen jener Mann, der als größter Gläubiger im Insolvenzverfahren gegen Becker auftritt. Seine Forderungen beliefen sich auf bis zu 35 Millionen Euro.
Eigentlich verfestigte sich über die gut 20 Jahre von Beckers Leben nach den Centre Court-Duellen ein Befund: Je weiter er sich vom Tennis entfernte, umso schwieriger wurde es für ihn. Blieb er auf dem Terrain, in dem er einst der Beste war, feierte er auch später Erfolge. Als TV-Kommentator, Trainer des Weltranglisten-Spitzenreiters Novak Djokovic oder als Teamchef im deutschen Männertennis sammelte er Pluspunkte. Gleichzeitig häuften sich die Verbindlichkeiten.
Im Gerichtssaal war bei Becker nichts mehr von jener Laissez-Faire-Haltung zu spüren, mit der er jahrelang über geschäftliche Fehlschläge hinweggegangen war. „Ich habe vieles probiert, vieles hat auch geklappt, anderes nicht. Wem geht das nicht so“, hatte Becker vor ein paar Jahren einmal leichthin seinen Kritikern gesagt, „nur wird das bei Becker gleich zum Drama gemacht, zum Scheitern überhaupt. Bei mir geht es nur um Triumph und Tragödie.“ Bald steht der Ausgang des nächsten Kapitels fest…(Jörg Allmeroth)