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Droht Jan Ullrich jetzt das Gefängnis?

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Jan Ullrich
Jan Ullrich auf einem Foto aus dem Jahr 2008 © dpa

München - Muss Jan Ullrich jetzt ins Gefängnis? Schließlich sagte er einst in einer eidessattlichen Versicherung aus, nicht gedopt zu haben. Die tz klärt die wichtigsten Fragen mit Sportanwalt Christoph Schickhardt.

Der Aufschrei nach dem Untersuchungsbericht des französischen Senats über positive Proben war groß. Sportlich drohen Jan Ullrich und Erik Zabel keine Konsequenzen. Der Radsport-Weltverband UCI schloss ein erneutes Umschreiben der Siegerlisten von 1998 aus. Lance Armstrong forderte auf dem Internetportal Cyclingnews sogar einen Abschluss der Vergangenheitsbewältigung: „Wenn wir uns nicht zusammensetzen und einen Schlussstrich ziehen, dann sind wir alle angeschissen“, so der 41-Jährige. Aber wie sieht die rechtliche Sachlage aus? Zabels Lügen bei seinem großen Geständnis-Schauspiel 2007 lassen ihn nur charakterlich in einem schlechten Licht erscheinen. Ullrich hingegen hat am 18. Juni 1999 im Prozess mit dem Spiegel vor dem Landesgericht in Hamburg in einer eidessattlichen Versicherung ausgesagt: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt verbotene Dopingmittel konsumiert, gespritzt oder auf andere Art und Weise zu mir genommen.“ Muss er deswegen nun ins Gefängnis? Die tz klärt die wichtigsten Fragen mit Sportanwalt Christoph Schickhardt.

Welche Auswirkungen kann Ullrichs Aussagen von 1999 haben?

Es kommt auf die Art der Verhandlung an. „Beim Prozess zwischen Ullrich und dem Spiegel handelte es sich um ein Zivilrechtsverfahren. Es ging dabei um eine einstweillige Verfügung. Ullrich hat damals als betroffene Partei eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Es ist viel schwerwiegender, wenn Ullrich als Zeuge bei einem Strafverfahren unter Eid falsch ausgesagt hätte“, so Schickhardt. Strafrechtlich hatt Ullrich also nichts mehr zu befürchten. Auch hier ist alles verjährt.

Könnten ehemalige Sponsoren Ansprüche erheben?

Letztendlich stellt sich hier die Frage, ob Ullrich & Co. betrogen haben oder nicht. Der Betrug hat zwei Bestandteile. Der Sportler muss etwas Unwahres sagen und er muss seinen Vertragspartner absichtlich täuschen. Schickhardt: „Ich sehe das kritisch. Die Fahrer haben offensichtlich gelogen, aber ich bin der Meinung, dass alle, die damals im Radsport beteiligt waren, wissen hätten müssen, dass der Sport verseucht ist. Nur wer die Wahrheit kennt, kann getäuscht werden und Ansprüche stellen. Zudem liegt die Tat schon 15 Jahre zurück und ist längst verjährt.“

Wie wichtig ist das Vorhandensein einer B-Probe?

„Jeder hat das Recht auf eine B-Probe. Wenn man sie nicht machen kann, kann man auch niemanden rechtlich belangen“, so Schickhardt.

Wäre ein ähnlich entlarvender Bericht in Deutschland möglich?

Fraglich. Die nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) hat keine besonders große Lobby. Zudem lassen einige Funktionäre und Verbände das Unheil sehend über sich ergehen. „Wenn Rudolf Scharping 1998 nichts davon wusste, wusste war er entweder fehl am Platze oder aber seiner Aufgabe als höchster Vertreter dieser Sportart nicht gewachsen.“, so Schickhardt.

Im Bericht ist unter anderem auch Frankreichs Fußballnationaltrainer Didier Deschamps befragt worden. Welche Auswirkungen könnte der Bericht auf den Fußball haben?

Deschamps, Kapitän der französischen Weltmeistermannschaft 1998 und ehemaliger Spieler von Juventus Turin, verhinderte, dass seine Aussagen veröffentlich werden. „In Fußball-Deutschland gab es bisher keinen Fall des systematischen Dopings. Ich würde schon hochschrecken, wenn das bei anderen Mannschaften der Fall gewesen sein soll“, so Schickhardt.

Mathias Müller

Die größten Doping-Skandale der Sportgeschichte

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