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Rodler Felix Loch mit scharfer IOC-Kritik: „Herr Bach will sich keinen Schiefer einziehen beim Herrn Putin“

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Von: Nico-Marius Schmitz

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IOC-Präsident Thomas Bach
Verstehen sich: IOC-Präsident Thomas Bach (l.) und Russlands Präsident Wladimir Putin. Das Bild stammt von einem Treffen aus dem Jahr 2019. © Foto: Imago

München – Der Rennrodler und mehrfache Olympiasieger Felix Loch engagiert sich seit Kriegsbeginn im Verein „Athletes for Ukraine“. Im Interview mit dem Merkur übt der 33-Jährige harte Kritik an der Entscheidung von IOC-Präsident Thomas Bach, die Tür für russische Athleten in den Weltsport zu öffnen.

Hat Sie die Entscheidung des IOC, eine Empfehlung der russischen Rückkehr in den Weltsport unter bestimmten Auflagen, noch überrascht?

Man hat in den letzten Monaten ja immer schon heraushören können, dass beim IOC eine gewisse Meinung vorherrscht. Das ist schon enttäuschend. Es ist ja erst mal nur eine Empfehlung des IOC an die Verbände, russische und belarussische Athleten unter bestimmten Auflagen wieder zuzulassen. Die Auflagen finde ich schon „interessant“. Von wem oder wie soll genau nachgeprüft werden, ob die Kriterien eingehalten werden? Jetzt werden viele russische Athleten vermutlich auf einmal nicht mehr bestimmten Behörden angehören, sondern einfach zivile Personen sein, die ihren Sport ausüben. Am Ende starten sie dann aber für Russland, da ändert auch eine angebliche Neutralität nichts dran. Jeder weiß, für welches Land sie starten. Wir haben schon bei Olympia 2018 und 2022 gesehen, für welche Zwecke die neutralen Athleten benutzt werden und für was sie im Endeffekt auch weiter Werbung machen, nämlich für Russlands Propaganda. Generell wird der Sport in Russland benutzt, um Propaganda zu machen. Es wird jetzt spannend zu sehen sein, zu welcher Seite sich die Verbände bekennen.

Ist das nicht ein Wegducken des IOC, wenn man die Entscheidung letztendlich den Verbänden überlässt?

Ja. In der Pressekonferenz vom IOC gab es viele Widersprüche, es wurde ganz schön rumgeeiert. Das IOC will am Ende nicht den „schwarzen Peter“ haben, so kommt es mir vor. Das soll den Verbänden zugeschoben werden. Wenn beispielsweise der Rodelverband russische Sportler ausschließen sollte, wird Russland dann eben gegen den internationalen Rodelverband vorgehen, und nicht gegen das IOC. Da will Herr Bach sich anscheinend keinen Schiefer einziehen beim Herrn Putin.

Thomas Bach beruft sich immer darauf, dass der Sport nicht politisch sein soll.

Wir haben es 2014 bei den Spielen in Sotschi gesehen, als Russland alles gegeben hat, um bei Olympia erfolgreich zu sein. Das wurde ja auch von höchster politischer Ebene gesteuert. Der Sport ist politischer denn je – und war auch immer schon politisch. Das Statement „Der Sport soll nicht politisch sein“ passt hinten und vorne nicht.

Sie engagieren sich seit Kriegsbeginn im Verein „Athletes for Ukraine“. Nun sollen laut IOC ukrainische und russische Sportler wieder gemeinsam im Wettkampf starten, während der russische Angriffskrieg in der Ukraine weiter andauert.

Ich kann mir das immer noch nicht vorstellen, wie das funktionieren soll. Tausende Kilometer entfernt liegen sie sich an der Front gegenüber – dort herrscht Krieg. Und hier sollen sie dann friedlich nebeneinander im Starthaus sitzen und sich um Podestplätze duellieren. Das ist für mich nicht vorstellbar. Das kann man keinem ukrainischen Sportler zumuten. Ich weiß auch nicht, wie die internationalen Verbände das handeln wollen. Du müsstest beide Seiten ständig schützen – und das ist nicht machbar. Stellen wir uns das im Biathlon vor: Da steht dann ein russischer Sportler mit einer Waffe neben einem ukrainischen Sportler mit Waffe. Das ist so skurril und surreal, das geht einfach nicht. Ich weiß nicht, wie die Verbände das regeln sollen.

Interview: Nico-Marius Schmitz

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