Lauf-Ass Gesa Krause: „Mutter sein und Leistungssport? Ich werde das alles schaffen!“

München – „Ich bin schwanger, nicht krank“: Gesa Krause wird in diesem Jahr keinen Wettbewerb bestreiten. Aus dem wohl schönsten Grund: Das deutsche Lauf-Ass (WM-Bronze über 3000 m Hindernis 2019) erwartet Nachwuchs. Im Interview mit unserer Zeitung spricht die 30-jährige Krause über ihr weiter aktives Leben während der Schwangerschaft und den Traum von Olympia in Paris.
Gesa Krause, auf den sozialen Medien haben Sie kürzlich geschrieben: „Das beruhigendeste und beste Gefühl ist, abends von dir getreten zu werden.“ Ihre Schwangerschaft verläuft also gut?
Das ist ein schönes Zeichen, wenn man das abends spürst. Dann weiß man: Es ist alles in Ordnung! Auch die Routineuntersuchung bei meiner Gynäkologin verlief gut, das gibt einem Sicherheit. Ich bin ja noch sehr aktiv und viel unterwegs, da nimmt man die kleinen Tritte tagsüber vielleicht nicht immer so wahr. Umso schöner und intensiver sind dann die Ruhemomente.
Zum Beginn der Schwangerschaft haben Sie auch von einer Phase berichtet, in der es Ihnen nicht gut ging.
Ich war anfangs vielleicht auch ein bisschen naiv. Meine Vorstellung von Schwangerschaft war, dass ich in den ersten drei Monaten nicht zunehme und daher normal weiter trainieren kann. Da wurde ich relativ schnell eines Besseren belehrt (lacht). Mir ging es teilweise echt gar nicht gut. Man kennt zwar die Begriffe wie Schwangerschaftsübelkeit. Irgendwie hatte ich aber nie im Kopf, dass mich das groß tangiert. Das waren ein paar Wochen, in denen ich immer müde war, mich schlapp gefühlt habe und mir dauerhaft schlecht war. Es gab mehrere Tage, an denen ich gerne trainiert hätte, es aber einfach nicht ging. An den Tagen, an denen es mir gut ging, habe ich durchgepowert. Das hat sich dann kurze Zeit später doppelt gerächt.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Man musste erst mal eine Balance finden. Wie viel ist machbar und was kann ich überhaupt noch machen? Man muss seine eigenen Erwartungen runterschrauben. Und lernen, damit umzugehen, dass man sich als sehr aktiver Mensch auf einmal gar nicht mehr danach fühlt, aktiv zu sein. Das hat mich wachgerüttelt: Okay, du bist jetzt schwanger und darauf liegt die Priorität. Das hat mir auch die Augen geöffnet und gezeigt, dass Schwangerschaft nicht immer ein Kinderspiel ist. Das hat mir ein besseres Körpergefühl gegeben. Früher war es wie ein Weltuntergang, wenn ich mal zwei Tage nicht trainiert habe. Jetzt weiß ich, wie gut die Regeneration dem Körper tut. Die Anfangszeit hat mich sehr geprägt. So wunderschön es ist, Nachwuchs zu erwarten, gehören die schweren Tage auch dazu. Tage, die belastend sind. Für einen selbst, für die Partnerschaft – und für das ganze Umfeld, wenn man nur am Jammern ist (lacht).
Im Dezember haben Sie am Silvesterlauf in Trier teilgenommen. Haben Sie den vorerst letzten Wettkampf mit einem lachenden und einem weinenden Auge bestritten?
Es war mehr ein lachendes Auge. Ich habe mich sehr darauf gefreut, noch mal einen Wettkampf zu genießen und meinen Verein zu repräsentieren. Von Woche 12 bis 22 habe ich mich sehr gut gefühlt und das Training lief super. Am letzten Tag des Jahres konnte ich noch mal das tun, wofür ich lebe und brenne. Die Resonanz war überwiegend positiv, ich wurde in Trier richtig gefeiert.
Es gab auch Kritik, dass Sie mitgelaufen sind. Sie haben anschließend klargestellt: Ich bin schwanger, und nicht krank!
Im Vorfeld kamen natürlich viele Stimmen nach dem Motto „Warum läufst du noch so viel?“ oder „Warum machst du noch einen Wettkampf?“. Man muss das aber auch richtig einordnen. 17:30 Minuten über fünf Kilometer sind für mich als Profisportlerin keine Höchstleistung. Ich bin schwanger, mir geht es gut, ich bin nicht krank. Von den Ärzten gibt es keine Einwände. Also kann ich auch weiterhin aktiv sein und Sport treiben. Dafür bin ich sehr dankbar. Solange ich mich so fühle, möchte ich mich während der Schwangerschaft möglichst fit halten. Meine sportliche Karriere ist noch nicht vorbei. Ich lege mich jetzt nicht auf die faule Haut. Die Leidenschaft und das Feuer für den Sport brennt weiter. Natürlich immer alles unter der Voraussetzung, dass die Ärzte grünes Licht geben.
Möchten Sie auch die Botschaft senden, dass Nachwuchs den Leistungssport nicht ausschließt?
Mein Trainer und seine Frau haben mir das immer vorgelebt. Katrin Dörre-Heinig hatte ihre besten Jahre nach der Geburt ihrer Tochter. Ich hatte nie Angst oder Respekt davor, dass nicht beides möglich ist. Das hat mir immer Mut gemacht. Für mich war immer klar, dass eigener Nachwuchs nicht das Karriereende bedeuten muss. Mir hat es auch Mut gemacht, das bei anderen Sportlerinnen zu sehen.
Sie leben von dem Sport. War sofort klar, dass Ihre Sponsoren bleiben?
Am Anfang weiß das natürlich niemand. Man macht sich Gedanken, wie es weitergeht. Natürlich gibt es den Druck, dass spätestens 2024 die Wettkampfleistung wiederkommen soll. Für das aktuelle Jahr haben mir meine Sponsoren den Rückhalt zugesichert. Die positive Resonanz hilft mir sehr. Ich werde meinen Weg auf jeden Fall gehen. Egal, was kommt. Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Im Laufe der Schwangerschaft habe ich noch mal mehr Vertrauen gewonnen, dass ich das alles schaffen werde.
Auch eine erneute Teilnahme an Olympischen Spielen?
Mein Ziel ist ganz klar die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris. Diesen Traum will ich mir nächstes Jahr im Frühjahr erfüllen. Wenn ich zu Olympischen Spielen fahre, will ich die beste Version meiner selbst sein. Es wird aber eine ganz andere Ausgangslage sein. Ich bin dann quasi zwei Jahre kein Hindernis gelaufen. Das kann einem Angst machen. Aber die Vorfreude, diese Herausforderung anzunehmen, ist größer. Und der Gedanke, dass meine Tochter in Paris mit im Stadion sein kann, ist natürlich auch sehr verlockend.
Interview: Nico-Marius Schmitz