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Verbände wüten nach Russland-Comeback im Spitzensport: „Völlig indiskutabel“

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Von: Stefan Schmid

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Das IOC und Präsident Thomas Bach wollen den Weg für russische Sportler bei den olympischen Spielen 2024 ebnen.
IOC-Präsident Thomas Bach vor dem russischen Fechtteam bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. © Sergei Ilnitsky/dpa

Die vom IOC angestrebte Rückkehr russischer Sportler auf die große Sportbühne kommt bei den Verbänden nicht gut an, die nun erste Konsequenzen ziehen.

Berlin/Stockholm - Das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit seinem umstrittenen Präsidenten Thomas Bach plant die Rückkehr russischer und belarussischer Sportler auf die internationale Sportbühne, im Fechten ist die Rückkehr gar schon beschlossene Sachen. Gegenüber diesen Entwicklungen äußern sich nun nicht nur Teile der Politik äußerst kritisch, sondern auch Landessportverbände beziehen klar Stellung und haben bereits erste Konsequenzen gezogen.

Internationales Olympisches Komitee (IOC)
Präsident: Thomas Bach
82 anerkannte internationale Verbände verschiedener Sportarten
Gründung: 23. Juni 1894

Athleten kritisieren IOC-Vorstoss zu russischen Sportlern

Bereits Ende Januar veröffentlichte das IOC ein Statement, welches die Tür für russische und belarussische Sportler wieder öffnen sollte. Dort hieß es, dass ein Ausschluss der Athleten aufgrund ihrer Nationalität diskriminierendes Handeln sei und diese deshalb unter bestimmten Voraussetzungen wieder an Wettkämpfen teilnehmen könnten. So dürfen sie nicht unter der Fahne ihres Landes starten, nicht den Ukraine-Krieg aktiv unterstützen und sie müssen sich vollständig zu der olympischen Charta bekennen. Damit wäre der Weg für eine Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris für russische Athleten faktisch frei.

Gegenwind gab es da schon von der internationalen Athletenvereinigung Global Athlete. In ihrer auch auf Twitter geteilten Erklärung erhob der Verband schwere Vorwürfe gegen das IOC. Die Entscheidung sende „die Botschaft an die Welt, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) den brutalen Krieg und die Invasion der Ukraine durch Russland unterstützt. Indem das IOC russische und belarussische Athleten zu den Wettkämpfen zulässt, stärkt es die russische Propagandamaschinerie, ermächtigt das Putin-Regime und untergräbt den Frieden.“

Russland feiert Entscheidung von Fecht-Weltverband

Als erster internationaler Verband hieß nun der Fecht-Weltverband FIE die russischen und belarussischen Wettkämpfer wieder willkommen. Auf dem am 10. März online abgehaltenen außerordentlichen Kongress des Verbandes wurde der Antrag der verbannten Fechter, die Teilnahme an Einzelwettbewerben „unter Einhaltung der Bedingungen der Neutralität und der individuellen Zulassung“ zu ermöglichen, mit 89 zu 46 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.

Die Entscheidung, an den Qualifikations-Wettkämpfen für die Spiele in Paris teilnehmen zu können, wurde in Russland gefeiert. Ukrainische Fechter hingegen zeigten sich geschockt, der ukrainische Fechtverband war zuvor in zwei Anläufen gescheitert, die Abstimmung zu verhindern. Pikant dabei ist, dass der Kongress der Fechter seit 2008 vom russischen Oligarchen Alischer Usmanow finanziert wurde. Derzeit lässt Usmanow aufgrund von Sanktionen durch die Europäischen Union sein Amt als Präsident des FIE allerdings ruhen.

Wladimir Putin mit Alischer Usmanow, der derzeit sein Amt als Präsident des Welt-Fechtverbandes ruhen lässt.
Wladimir Putin mit Alischer Usmanow, der derzeit sein Amt als Präsident des Welt-Fechtverbandes ruhen lässt. © IMAGO / ITAR-TASS

DOSB: Russland könne „Wettkämpfe zu kriegspropagandistischen Zwecken missbrauchen“

Mit der Entscheidung dürfen jedoch nicht nur die Sportler zu den Wettbewerben anreißen, sondern auch Teams und Delegierte aus Russland und Belarus. Das ruft Kritik hervor, auch aus dem Sportausschuss des Bundestages. So bezeichnet der stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Philip Krämer (Grüne) die Wiederaufnahme der Athleten als „den falschen Weg“. Der Forderung von Ausschuss-Mitglied Fritz Güntzler (CDU), dass der Deutsche Olympische Sportbund DOSB sich klar positionieren solle, ist dieser mittlerweile nachgekommen.

Eine Woche nach der Entscheidung des Fecht-Weltverbandes hat sich der DOSB zu einer Konferenz getroffen und die Rückkehr der Wettkämpfer aus Russland und Belarus verurteilt. „Russland und Belarus dürfen keine Gelegenheit bekommen, die Teilnahme und Erfolge ihrer Athlet*innen bei internationalen Wettkämpfen zu kriegspropagandistischen Zwecken zu missbrauchen“, ließ der Verband in einer Mitteilung verlauten.

Thomas Weikert als Präsident des DOSB verurteilt die Rückkehr russischer Sportler.
Thomas Weikert als Präsident des DOSB verurteilt die Rückkehr russischer Sportler. © Martin Hoffmann via www.imago-images.de

Fechtverbände sagen Wettkämpfe wegen russischer Sportler ab

Von den nun unmittelbar betroffenen Fechtverbänden folgten erste Reaktionen und harsche Kritik. Als „völlig indiskutabel, dass wir Wettkämpfe mit Beteiligung dieser beiden Länder veranstalten, wenn sie in der Ukraine einen sehr blutigen Krieg begonnen haben“, bezeichnete Otto Drakenberg, Präsident des schwedischen Fechtverbandes, die Entscheidung. Man verzichte in Schweden deshalb auf die Austragung zweier FIE-Veranstaltungen: Der SAF-Pokal und der Rehbinder-Preis hätten am 16. und 17. September in Stockholm stattgefunden.

Schon einen Tag zuvor, am 16. März, sagte der Deutsche Fechter-Bund den Weltcup in Tauberbischofsheim am 6. und 7. Mai aufgrund der Wiederzulassung der russischen Sportler ab. Die Präsidentin Claudia Bokel gab außerdem ihre Befürchtungen, ob des Signals vom Welt-Fechtverband zu Protokoll. „Das Ergebnis daraus, dass wieder sämtliche Sportler und Sportlerinnen teilnehmen dürfen, könnte ein Zeichen sein für weitere Abstimmungen in den nächsten Wochen in der Sportwelt.“ (dpa/sch)

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