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Höfl-Riesch tritt ab - "Traurig und erleichternd"

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München - Das Rätselraten um Maria Höfl-Rieschs Zukunft ist beendet. Am Flughafen in München hat die Skirennfahrerin ihr Karriereende bekannt gegeben. Hier gibt's die Pressekonferenz im Video!

Der Satz, auf den alle im Saal gewartet hatten, kam Maria Höfl-Riesch nur unter erkennbar großen Mühen über die Lippen. Ja, verkündete die dreimalige Olympia-Siegerin nach einem langen Anlauf schwer schluckend, sie habe sich entschieden, ihre Karriere als Ski-Rennläuferin zu beenden. „Es fällt mir schwer, aber ich denke, es ist die richtige Entscheidung“, erklärte sie, und der Kloß im Hals war deutlich zu hören, als sie ergänzte: „Es ist ein trauriges, wehmütiges, aber auch erleichterndes Gefühl.“

Die Ski-Königin steigt vom Thron, 13 Jahre, oder genau genommen 4780 Tage nach ihrem ersten Start bei einem Weltcup-Rennen, und dreieinhalb Wochen nach jenen Momenten, die ihre Entscheidung maßgeblich beeinflusst hatten. „Aufhören“, das sei „nach Olympia das erste Bauchgefühl gewesen“, berichtete Höfl-Riesch, dort in Sotschi habe sich ja schließlich alles erfüllt, wofür sie noch einmal alles gegeben hatte. Bei den Rennen in Rosa Chutor hatte sie Gold in der Kombination und Silber im Super-G gewonnen.

Beinahe die gesamte vergangene Saison hatte Höfl-Riesch zuvor gegrübelt. Weitermachen, noch eine Saison dranhängen, sich eine Art Abschiedstour gönnen? Oder aufhören? Als der Traum von Gold wahr geworden war, wusste sie die Antwort: „Ich habe so viel, alles, was ich hatte, noch mal in dieses Jahr hineingesteckt. Ich habe alles dafür getan, dieses höchste Ziel noch einmal zu erreichen. Der größte Traum hat sich für mich nochmal erfüllt, und man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.“

Neureuther fleht vergeblich: "Maria darf nicht aufhören"

Der Abschied wäre vollends perfekt gewesen, hätte Höfl-Riesch am vergangenen Wochenende auch noch ein zweites Mal nach 2011 die so begehrte große Kristallkugel für die Beste im Gesamtweltcup gewonnen. Im viertletzten Saison-Rennen der Saison aber war sie vergangenen Mittwoch beim Weltcup-Finale in Lenzerheide schwer gestürzt - der ramponierte Ellbogen schmerzt noch immer. Sie gewann trotzdem den Abfahrtsweltcup, doch in der Gesamtwertung zog Anna Fenninger aus Österreich noch vorbei.

In den vergangenen Tagen und Wochen war Höfl-Riesch noch ein paar Mal beinahe auf Knien angefleht worden, ihre Karriere doch bitte fortzusetzen. „Maria darf nicht aufhören. Wir brauchen sie unbedingt“, sagte ihr langjähriger Weggefährte Felix Neureuther. Auch er räumte allerdings ein: „Ich würde es verstehen, wenn sie aufhört. Denn sie hat alles in ihrer Karriere gewonnen.“ Und sie gewann oft dann, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stand.

Ihre Bilanz ist eindrucksvoll, national sowieso - dort sind ihr allenfalls Rosi Mittermaier und Katja Seizinger ebenbürtig. Auch international gehört sie zur Liga der Größten - vor allem wegen ihrer Erfolge bei Großveranstaltungen. Die Bilanz: Dreimal Gold bei Olympia, dazu einmal Silber; zweimal Gold und viermal Bronze bei Weltmeisterschaften; ein Gesamtweltcup, fünf weitere kleine Weltcup-Kugeln. 27 Rennen im Weltcup gewonnen. „Eine traumhafte Karriere, wenn man sich das so anschaut“, sagte Höfl-Riesch.

Erfolge werden nun rar werden

Es hätte noch mehr werden können: Doch Kreuzbandrisse im Januar 2005 und Dezember 2005 verhinderten einen Start bei der WM 2005 und bei Olympia 2006, und bei der WM 2007 war Höfl-Riesch noch nicht wieder so richtig fit. „Ich bin schon stolz“, sagte sie, „dass ich nach den schwersten Verletzungen meine größten Erfolge hatte.“ Aufzustehen, wenn sie am Boden lag - das war die größte Stärke von Höfl-Riesch. Und nicht selten gelang ihr das auch noch innerhalb von nur einem Tag.

Warum alle gehofft haben, dass Höfl-Riesch doch noch ein Jahr weitermacht, ist leicht zu erklären: Mit Ausnahme von Viktoria Rebensburg, bei Olympia schon mit Gold (2010) und Bronze (2014) im Riesenslalom dekoriert, gibt es keine Siegfahrerin mehr im Deutschen Skiverband. Erfolge werden rar werden, die Lücke, die Höfl-Riesch hinterlässt, wird womöglich über Jahre nicht zu schließen sein. Was sie selbst nun tun wird? „Urlaub.“ Und dann? „Da ist noch nichts spruchreif.“

Eine Entscheidung der Vernunft

Einer wird sie ganz besonders vermissen, in vielerlei Hinsicht. Er hat sie entdeckt, sie gefördert. „Die Maria ist noch nicht so alt, dass sie aufhören muss. Und sie ist eine leidenschaftliche Skifahrerin“, sagte Wolfgang Maier, früher ihr Trainer, heute der Alpin-Direktor des DSV. Er habe gehofft, sagte er mit einem traurigen Blick, dass Höfl-Riesch „mit dem Herzen“ entscheide - nun war es der Bauch. Und ein bisschen auch die Vernunft.

Aber nein, leicht war es nicht. Als sie am Donnerstag in einem Saal am Münchner Flughafen Abschied nahm, vor ihren Eltern, vor Ehemann Marcus, vor vielen Wegbegleitern, da brandete am Ende noch einmal heftiger Applaus auf - und Maria Höfl-Riesch kämpfte gegen die Tränen an.

Maria Höfl-Riesch im Stenogramm

Maria Höfl-Riesch (geb. Riesch), geboren am 24. November 1984 in Garmisch-Partenkirchen;verheiratet seit 14. April 2011 mit Marcus Höfl

Wohnort: Kitzbühel/Österreich

Familie: Mutter Monika, Vater Siegfried, Schwester Susanne/Bruder Matthias (Zwillinge)

Beruf: Skiprofi, Hauptwachtmeisterin der Bundeszollverwaltung

Größte Erfolge:

Olympiasiegerin in der Super-Kombination 2010 und 2014, Slalom 2010, Olympiazweite im Super-G 2014 (damit erfolgreichste deutsche alpine Ski-Rennläuferin bei Olympischen Spielen)

Weltmeisterin im Slalom 2009, Super-Kombination 2013; WM-Dritte Mannschaftswettbewerb 2013, Abfahrt 2013, Abfahrt 2011 und Super-G 2011

Gesamtweltcupsiegerin 2011 (als einzige Deutsche neben Rosi Mittermaier/1976 und Katja Seizinger/1996 und 1998)

Weltcupsiegerin Abfahrt 2014, Slalom 2009 und 2010, Super-G und Kombination 2008,

Junioren-Weltmeisterin 2001 (Kombination), 2002 (Super-G), 2003 (Kombination) und 2004 (Abfahrt, Riesenslalom) - insgesamt 9 Medaillen (Rekord)

Karriere:

Erster Sieg bei einem Skirennen im Alter von 5 Jahren

Aufnahme in den Kader des Deutschen Skiverbandes (DSV) 1999, erste FIS-Rennen im Dezember 1999, erste Starts im Europacup März 2000

1. Start im Weltcup: 16. Februar 2001 in Garmisch-Partenkichen, Super-G, Rang 20

1. Weltcup-Podium: 22. Dezember 2002 in Lenzerheide/Schweiz, Kombination, Rang 3.

1. Weltcupsieg: 30. Januar 2004, Haus im Ennstal/Österreich, Abfahrt

Insgesamt 356 Starts im Weltcup (81 mal auf dem Podium - Rang 1 in Deutschland, Rang 7 ewige Bestenliste international)

27 Weltcupsiege (Rang 2 in Deutschland hinter Katja Seizinger/36, Rang 11 ewige Bestenliste international)

- Weltcupsiege Abfahrt: 11 (Rang zwei in deutschland hinter katja Seizinger/16, Rang 9 ewige Bestenliste international)

- Weltcupsiege Super-G: 3

- Weltcupsiege Riesenslalom: -

- Weltcupsiege Slalom: 9 (Rang 1 in Deutschland,Rang 10 ewige Bestenliste international)

- Weltcupsiege Kombination: 4 (Rang 1 in Deutschland, Rang 7 ewige Bestenliste international)

Maria Höfl-Riesch: Stationen ihrer Karriere in Bildern

Sonstiges:

„Sportlerin des Jahres“ 2010

Fahnenträgerin der deutschen Mannschaft bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2014

- Bei Olympia 2010 gelang es Höfl-Riesch als erster Ski-Rennläuferin überhaupt, in allen fünf Disziplinen unter die ersten Zehn zu fahren.

- Höfl-Riesch belegte in sieben aufeinander folgenden Jahren immer mindesten Rang drei im Gesamtweltcup (2008 bis 2014). Das gelang außer ihr nur Gustav Thöni (Italien), Pirmin Zurbriggen (Schweiz), Benjamin Raich und Katja Seizinger.

- Die WM 2005 und Olympia 2006 verpasste Höfl-Riesch wegen Kreuzbandrissen im rechten Knie (Januar 2005) und im linken Knie (Dezember 2005)

- Botschafterin für Laureus und Franz-Beckenbauer-Stiftung

So schön: Die Ski-Damen der Saison 2013/2014

sid/tz

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