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Drama nach #allesdichtmachen-Aktion: Schauspieler weinen - „Meine Schwester ist am Boden zerstört“

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Mehrere deutsche Schauspieler:innen wollten auf besondere Art und Weise Kritik am Corona-Management üben. Doch damit kamen sie nicht überall gut an.

Update vom 26. April 11.30 Uhr: Nach harscher Kritik von mehreren Seiten an der #allesdichtmachen-Aktion deutscher Schauspieler:innen, kommen nun auch noch Morddrohungen hinzu. Nach Informationen der Bild muss die Tatort-Darstellerin Meret Becker schon um ihr Leben fürchten.

So erklärte ihr Bruder und Schauspieler Ben Becker weinend: „Meine Schwester ist am Boden zerstört“. Sie sitze weinend zu Haus. Er betonte erneut, dass seine Schwester und alle weiteren Schauspieler:innen der #allesdichtmachen-Aktion auf keinen Fall „etwas mit den Corona-Leugnern oder rechten Irren zu tun“ haben würden.

#allesdichtmachen: Tatort-Schauspielerin Meret Becker erhält bereits Morddrohungen

Die Reaktionen auf die Videos könne er nicht nachvollziehen: „Ich dachte, das wäre alles längst Vergangenheit. Was ist nur aus unserem Land geworden, dass man nicht mehr kritisch hinterfragen darf?“ sagt der Schauspieler. Mittlerweile würde am Filmset bereits empörte Menschen nach ihm Fragen. „Das macht Angst“ gibt er zu.

Und die Sorge um weitere noch heftigere Rückmeldungen reißt auch weiter nicht ab: „Wer weiß, was noch alles passieren wird. Aber viel schlimmer ist, was meine Schwester ertragen muss. Sogar Morddrohungen!“ so Becker.

#allesdichtmachen: Armin Laschet stellt klar: „Von diesen 50 ist keiner AfD, ist keiner rechts“

Update vom 24. April, 9.39 Uhr: Nach heftigem Gegenwind wegen der Veröffentlichung von Video-Clips unter dem Hashtag #allesdichtmachen erklärte Schauspieler Josef Liefers in der Radio-Bremen-Talkshow 3nach9 seine Position. Ebenfalls dort zu Gast war der Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet. Auch gegen seine Politik richtete sich der Protest in den Videos. Der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens verteidigt die Schauspieler:innen aber sogar in gewisser Weise. Es sei berechtigt, „auch die anderen Opfer der Pandemie zu nennen“.

Die Aktion war unter anderem deshalb kritisiert worden, weil viele Rechte sie besonders bejubelt hatten. CDU-Politiker sagte aber über die Beteiligten an den Videos: „Von diesen 50 ist keiner AfD, ist keiner rechts.“ Kritik müsse man äußern dürfen, erklärt er. „Man kann das sagen in einem freien Land. Man muss es nicht teilen.“

Geäußert hatte sich gegenüber dem Spiegel auch Oliver Berben. Der Filmproduzent ist Vorstandsmitglied der Constantin Film. Er bezeichnete die Aktion als „nicht sonderlich geglückt“. Man solle Satire denen überlassen, die sie auch beherrschen.

 „Man darf das sagen in einem freien Land. Man muss es nicht teilen.“

Update vom 24. April, 7.43 Uhr: Nach der Videoclip-Aktion #allesdichtmachen hat sich Schauspieler Jan Josef Liefers nachdenklich über das gewählte Mittel geäußert. „Ich finde auch den Punkt interessant, dass vielleicht Ironie wirklich ein ungeeignetes Mittel ist.“ Das sagte er am Freitagabend in der Radio Bremen-Talkshow 3nach9. Er sehe aber derzeit eine Lücke: „Es gibt nicht nur auf der Seite der Erkrankten Trauer und Leid, sondern auch auf der Seite derer, die unter diesen Maßnahmen inzwischen nun wirklich anfangen zu leiden, die sehe ich nicht so richtig vertreten.“

„Wenn man dann was sagt, passiert das eben durch so framingartige Situationen, dass man sofort ziemlich radikal in so Ecken gepusht wird, in die man gar nicht reingehört“, sagte der 56-jährige Schauspieler. Es gebe Menschen, die man gerade verliere, weil es für sie keine Stimme gebe. Für ihn sei in der Corona-Krise derzeit nicht ersichtlich, wie Entscheidungen überhaupt zustande kämen. „Mir fehlt im Moment die Transparenz. Wie kommt eine Bundesregierung nach so vielen im Grunde halben, Viertel, ganzen, Dreiviertel-Lockdowns auf die Idee, es immer wieder zu machen?“

Kritik an Aktion #allesdichtmachen: Mehrere Schauspieler distanzieren sich

Mit seinem waren Videos von rund 50 andere Schauspieler:innen veröffentlicht worden. Mehrere distanzierten sich mittlerweile von ihren Beiträgen - unter anderem Ulrike Folkerts. Sie bezeichnete ihre Teilnahme an der Aktion als Fehler. „Die Videos, die entstanden sind, wurden falsch verstanden, sind vielleicht falsch zu verstehen“, wie die „Tatort“- Kommissarin am Freitagabend auf Instagram schrieb. „Ich habe einen Fehler gemacht, ich war naiv genug zu glauben, mit meinen Kollegen*innen ein gewinnbringendes Gespräch in Gang zu bringen. Das Gegenteil ist passiert.“ Es tue ihr leid, „Menschen verletzt und vor den Kopf gestoßen zu haben“.

Die Corona-Maßnahmen bezeichnete Folkerts als „absolut richtig“. Sie sei weit davon entfernt, „Querdenkern und Rechten Argumente in die Hände zu spielen“, betonte sie. „Es ist furchtbar, dass man mir das unterstellt.“ Die Aktion sei „schief gegangen und unverzeihlich“.

Auch Schauspieler Richy Müller distanzierte sich inzwischen von der Aktion. „Ich musste feststellen, dass mein Video vielen Menschen wehgetan hat, die ich niemals kränken oder veralbern wollte“, sagte der 65-Jährige dem Nachrichtensender ntv. Er sei blauäugig gewesen. Dabei sei er indirekt sogar selbst betroffen: „Die Tochter meiner Frau ist mit Anfang 20 zu Beginn der Pandemie an Corona erkrankt. Und sie hatte ein halbes Jahr lang Probleme mit der Atmung.“

#allesdichtmachen: Schauspiel-Kollegen zerreißen Kampagne - Politiker fordert „Tatort“-Aus für zwei TV-Stars

Update vom 23. April, 15.12 Uhr: Die deutsche Schauspiel-Welt wirkt nach der #allesdichtmachen-Aktion gespalten. Nachdem Top-Schauspieler:innen die Corona-Politik der Bundesregierung kritisiert haben, erhielten sie auch von vielen Kolleg:innen ihrer Zunft deutliche Kritik für ihre Stellungnahme. Es werden nun sogar ernstere Konsequenzen gefordert.

Wie die Bild berichtet, fordert der SPD-Politiker und WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin harte Konsequenzen für beteiligte Schauspieler. So sollen etwa die Hauptdarsteller aus der Krimi-Reihe „Tatort“, Jan Josef Liefers (Tatort Münster) und Ulrich Tukur (Tatort Hessen), seiner Meinung nach nicht mehr für ihre Rollen engagiert werden.

„Liefers und Tukur verdienen sehr viel Geld bei der ARD, sind deren Aushängeschilder. Auch in der Pandemie durften sie ihrer Arbeit zum Beispiel für den Tatort unter bestem Schutz nachgehen. Durch ihre undifferenzierte Kritik an ‚den Medien‘ und demokratisch legitimierten Entscheidungen von Parlament und Regierung, leisten sie denen Vorschub, die gerade auch den öffentlich-rechtlichen Sendern gerne den Garaus machen wollen“, wird Duin von der Bild zitiert.

Beide hätten sich daher als „deren Repräsentanten“ unmöglich gemacht „Die zuständigen Gremien müssen die Zusammenarbeit - auch aus Solidarität mit denen, die wirklich unter Corona und den Folgen leiden - schnellstens beenden“, erklärt Duin demnach. Diese Meinung soll der Politiker übrigens auf Twitter kundgetan haben. Seine Tweets habe er aber nach einem massiven Shitstorm wieder gelöscht.

#allesdichtmachen: Schauspiel-Kollegen zerreißen Kampagne - Politiker fordert Konsequenzen für „Tatort“-Stars

Update vom 23. April, 13.14 Uhr: Seit der Veröffentlichung der Künstler-Kampagne unter dem Hashtag „allesdichtmachen“ gegen das Corona-Management der Bundesregierung melden sich immer mehr Schauspiel-Kolleg:innen zu Wort. Viele von ihnen schämen sich wegen der Videos, in denen über 50 deutsche Schauspieler:innen mit Zynismus und Sarkasmus die Corona-Maßnahmen kritisieren wollten. Wayne Carpendale‘s Antwort auf die Protest-Aktion bringt er beispielsweise mit dem Hashtag „ichversinkimboden“ zum Ausdruck. Auf Instagram veröffentlichte er ein Statement.

„Wer sich für meinen Account interessiert, weiß, wie sehr ich Ironie mag und wie oft ich in den letzten Monaten hier viele Lockdown-Maßnahmen und die dafür verantwortlichen Politiker und Medienmacher (auch ironisch) kritisiert habe. Kritik und Meinung müssen wir aushalten!!! Da gibt es für mich keine Gegenmeinung!“. Doch für ihn hat die Kampagne seiner Kolleg:innen offenbar nichts mehr mit konstruktiver Kritik zu tun.

„Die geschätzten Kollegen, die sich zu dieser Aktion haben hinreißen lassen, in die Querdenker- oder gar rechte Ecke zu stellen, nur weil sie Applaus auch von den Falschen kriegen, finde ich Quatsch. Und der Aufruhr zeigt ja auch, dass man mit der Aktion ins Wespennest gestochen hat - für manch Künstler eine Berufsdefinition.“ Die Beiträge wirken auf ihn „beklemmend“ und die damit ausgestrahlte „Überheblichkeit“ unangebracht.

#allesdichtmachen: Stars fordern „Lockdown für immer“ - Einige machen bereits Rückzieher

Erstmeldung vom 23. April 2021: Berlin - Das Ende der Corona-Krise steht bislang noch in den Sternen. Seit über einem Jahr ist das Leben vieler Menschen auf der ganzen Welt geprägt durch Maßnahmen und Beschränkungen, um das Virus einzudämmen. Auch in Deutschland wird weiterhin gegen die Ausbreitung gekämpft. Nach einem „hartem Lockdown“, dem „Lockdown Light“ wird jetzt schließlich in der anhaltenden Pandemie die „Corona-Notbremse“ gezogen. Dabei gibt es Branchen und Bereiche, die besonders hart von den von der Bundesregierung oder Ländern beschlossenen Maßnahmen betroffen sind.

Eine davon ist die Kulturbranche: Schauspieler:innen, Sänger:innen und andere Kulturschaffende sehen sich teilweise in eine Existenz-Krise hineinschlittern - oder sind längst mittendrin. Ob sich deshalb über 50 deutsche Schauspieler:innen nun zusammengetan haben, um öffentlich und mit Zynismus als Waffe Kritik an dem Krisen-Management der Politik zu üben? Dieser Schuss ging jedenfalls teilweise nach hinten los.

„Allesdichtmachen“: Über 50 Schauspieler:innen üben mit ironischen Videos Kritik an Corona-Management

Unter dem Hashtag „#allesdichtmachen“ verbreiteten sich am späten Donnerstagabend (23. April 2021) sowohl auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite als auch in den sozialen Medien die Videos der 53 Schauspieler:innen: Darunter mehrere „Tatort“-Darsteller:innen wie Jan-Josef Liefers, Ulrich Tukur, Ulrike Folkerts und Cem-Ali Gültekin. Aber auch Heike Makatsch und „Babylon Berlin“-Star Volker Bruch. Die Webseite brach sogar wegen zu hoher Besucherzahlen kurzzeitig zusammen.

In den inszenierten Clips arbeiteten die Promis vor allem mit dem Stilmittel der Übertreibung. Während Heike Makatsch beispielsweise in einer Wohnung sitzt und es immer wieder an der Tür klingelt, bleibt sie weiter sitzen und macht nicht auf. Es könnte Lieferando oder ein DHL-Bote sein, aber „ich mache nicht auf, es ist wichtig, dass wir alle nicht aufmachen.“ Die Reaktionen auf dieses Projekt reichen inzwischen von Zuspruch bis Unverständnis.

„Allesdichtmachen“: Kollegen reagieren mit Unverständnis auf Kampagne

In den sozialen Netzwerken werden die beteiligten Schauspieler:innen einerseits für ihren Mut gefeiert. Andererseits hagelt es jedoch auch viele kritische Stimmen. Mit ihrer Inszenierung sollen sie nämlich auch Corona-Leugnern, Anhängern der „Querdenken-711“-Bewegung oder auch Verschwörungserzählern in die Karten gespielt haben. Zudem wächst das Unverständnis dafür, dass sich privilegierte Stars ohne finanzielle Nöte derart präsentieren. Schauspiel-Kollege Elyas M‘Barek äußerte sich auf Instagram zu der Kampagne: „Come on, das ist doch Blödsinn“ und weiter: „Jeder will wieder zur Normalität zurückkehren, und das wird auch passieren.“ Mit Zynismus sei doch keinem geholfen.

Inzwischen haben sich jedoch auch bereits beteiligte Schauspieler:innen zu den Reaktionen geäußert. Heike Makatsch teilte beispielsweise ein Statement auf Instagram, in dem sie klarstellt, dass sie die Gefahr, die von der Corona-Pandemie ausgehe, erkenne und das Leid von Opfern und Angehörigen nicht schmälern wollte.

So meldete sich auch Jan-Josef Liefers zu Wort und teilte ein Statement: „Ich setze mich kritisch mit den Entscheidungen meiner Regierung zu SarsCoV2 und Covid 19 auseinander. Besonders wegen der in Kauf genommenen Verluste in Kultur und Kunst und der Veranstaltungsbranche. Auch im jüngsten Video, das ein ironischer Kommentar über Prioritäten von Medien war. Eine da hinein orakelte, aufkeimende Nähe zu Querdenkern u.ä. weise ich glasklar zurück“. Ihm gehe es vor allem um die, die unter der Krise leiden würden: „Den Verängstigten, den Verunsicherten, den Verstörten und Eingeschüchterten, den Verstummten, den Sensiblen, den Hin- und Hergerissenen. Denen, die während der ständig erneuerten ineffektiven Lockdowns häusliche Gewalt erleiden müssen und bei den unverzeihlichsten aller Kollateralschäden, den Kindern.“ Am Schluss zollt er schließlich Medizinern und Pflegekräften seinen Respekt. (jbr)

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