Barbara Rütting will Sterbefasten legalisieren lassen

München - Barbara Rütting (89), ehemaliger Filmstar, ist auch bekannt für ihr Engagement als Grünen-Politikerin. Gerade fordert sie die Legalisierung einer besonderen Form der Sterbehilfe.
Die in Berlin geborene Schauspielerin Barbara Rütting kennt man nicht nur als Filmstar der 1950er- und 60er-Jahre und Autorin von Kinderbüchern und Gesundheitsratgebern – auch als engagierte Politikerin hat sie sich einen Namen gemacht. Zwei Jahre lang saß die inzwischen 89-Jährige als Abgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen, im Bayerischen Landtag.
2009 hat Rütting ihr Mandat aus gesundheitlichen Gründen niederlegen müssen und ist mittlerweile sogar aus der Partei ausgetreten, doch das gesellschaftliche Engagement bleibt. So setzte sie sich in der Vergangenheit zum Beispiel für Tierschutzorganisationen ein. Aktuell ist eine Petition in aller Munde, mit der Barbara Rütting helfen möchte eine besondere Form der Sterbehilfe zu legalisieren. Aktuell hat sie bereits 38.000 Unterstützer auf ihrer Seite.
Münchner Merkur: Sie sind Initiatorin einer Petition mit dem eigentlich eindeutigen Titel „Gestorben wird Zuhause. – Ja zum Sterbefasten!“ Erzählen Sie unseren Lesern bitte trotzdem kurz, worum es dabei geht.
Barbara Rütting: Es bedeutet, freiwillig auf Nahrung und Flüssigkeit zu verzichten, um den eigenen Tod herbeizuführen. Diese Möglichkeit des Freitodes wird immer häufiger praktiziert, es fehlt aber eine gesetzliche Regelung. Ärzten und Pflegepersonal muss es erlaubt sein, Schwerstkranke und Sterbende beim Sterbefasten zu begleiten! Die Sterbefastenbegleitung darf auf keinen Fall mit der Suizidbegleitung verwechselt oder gleich gestellt werden.
MM: Das Begleiten dieses Sterbeprozesses durch nahestehende Personen ist von außen betrachtet leicht als Akt der Liebe zu begreifen. In der akuten Situation ist es aber sicher schwer durchzuhalten nicht einzugreifen, wenn ein geliebter Mensch beschließt, zu sterben. Müsste es da eine psychologische Hilfestellung geben?
Rütting: Gerade wenn man jemanden liebt, sollte man doch akzeptieren, dass er nicht unnötig leidet.
MM: Wie sind die Reaktionen auf Ihre Petition bisher?
Rütting: Gigantisch! Innerhalb der ersten Woche haben mehr als 35 000 UnterstützerInnen die Petition unterzeichnet.
MM: Gibt es in Ihrem persönlichen Umfeld negative Erfahrungen mit lebenserhaltenden Maßnahmen?
Rütting: Es gab mehrere Schlüsselerlebnisse, das erste war das qualvolle durch die Apparatemedizin endlos verlängerte Dahinsiechen meiner Mutter. Das machte mich zur Befürworterin der aktiven Sterbehilfe – die allerdings in Deutschland verboten ist. Das zweite war ein Erlebnis auf der Intensivstation. Nach einem Schwächeanfall lag ich zwei Nächte mit einem 93-jährigen gelähmten Schlaganfallpatienten in einem Zimmer und begann, mich mit dem Thema Sterbefasten zu beschäftigen.
MM: Ist das Sterbefasten für Sie selbst eine Option oder geht es hauptsächlich um die Freiheit der Wahl?
Rütting: Natürlich habe ich längst eine unbedingt notwendige Patientenverfügung unterschrieben, die eine künstliche Lebensverlängerung verbietet. Ich finde den Gedanken, mich auf diese Weise vom Leben verabschieden zu können, ungemein tröstlich, doch die meisten Menschen wissen gar nichts von dieser Möglichkeit. Selbst unter Ärzten herrscht Unklarheit darüber, was erlaubt ist und was nicht.
MM: Wie schätzen Sie die Chancen auf einen Erfolg Ihrer Petition ein?
Rütting: Sehr groß, wie das Interesse der Medien und auch aus allen Bevölkerungsschichten zeigt.
Das Interview führte Yvonne Franke.
Die Petition von Barbara Rütting läuft bei change.org
Wer Barbara Rüttings Petition durch seine Unterschrift unterstützen möchte, kann dies Online unter change.org tun. Wenn gewünscht, auch anonym und ohne Angabe von Gründen. Am Montag, 8. August, um 17.45 Uhr ist die Schauspielerin mit ihrem Anliegen auch in der ZDF-Sendung „Leute heute“ zu sehen.