Berlinale eröffnet anklagend und mahnend
Berlin - Bei der Eröffnung der Berlinale zeigte sich das Filmfestival erneut politisch ambitioniert. Kulturstaatsminister Bernd Neumann erinnerte an die Menschen in Syrien.
Die Berlinale macht ihren Ruf als politischstes der großen Filmfestivals auch in diesem Jahr wieder alle Ehre. Zur Eröffnungsgala der 62. Festspiele am Donnerstagabend im Berlinale-Palast war es Kulturstaatsminister Bernd Neumann, der dem Festival die Aufgabe zuwies, Flagge zu zeigen für Menschenrechte und die Freiheit der Kunst. Dieser Aufgabe stellt sich das Festival: Es werden unter anderem Filme über den arabischen Frühling und über den in China unterdrückten Künstler Ai Weiwei gezeigt.
62. Berlinale eröffnet: Die Stars auf dem Roten Teppich
Neumann nutzte das Forum vor den rund 1.800 Gästen, harsche Kritik an China zu üben. Trotz aller Diplomatie und wirtschaftlichen Interessen dürfe man nicht dazu schweigen, dass in China “die Freiheit von Kunst und Kultur mit Füßen getreten wird“, sagte er unter dem Beifall des Publikums. Es müsse immer wieder gesagt werden, dass Ai Weiwei unterdrückt werde - “auch wenn wir im Moment nicht direkt helfen können“.
Erinnern an Panahi
Auf dem Podium stand auch wieder der iranische Regisseur Asghar Farhadi, der 2011 mit seinem Drama “Nader and Simin. A Separation“ der große Berlinale-Triumphator war - und nun mit dem Werk sogar für den Oscar nominiert ist. Zur Politik und seinem im Iran unterdrückten Landsmann Jafar Panahi wollte er sich dieses Mal jedoch nicht äußern. Anders dagegen sein Jury-Kollege, der algerische Schriftsteller Boualem Sansal, der 2011 auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden war. Er sprach ausführlich über die Umwälzungen im arabischen Raum.
Neumann erinnerte nicht nur an den im Iran zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufsverbot verurteilten Panahi, dessen Jury-Stuhl im vergangenen Jahr leer geblieben war, sondern versicherte auch den unterdrückten Menschen in Syrien seine Solidarität. Darüber hinaus ging der CDU-Politiker auf die Revolution in Kairo vor einem Jahr ein. Die Berlinale habe in den vergangenen Jahren mit anspruchsvoller Filmkunst und großem Kino wichtige Einblicke in die Welt ermöglicht. “Nirgendwo sind Kino, Politik und Weltoffenheit derart beispielhaft vereint“, betonte er. Die Berlinale, die politischer denn je sei, stehe “ganz im Zeichen des Umbruchs und des Aufbruchs“.
Dieter Kosslick und Anke Engelke gelangweilt
Politisch war dann auch der Eröffnungsfilm, das Historiendrama “Leb' wohl, meine Königin“, das sich mit den Anfängen der Französischen Revolution im Juli 1789 beschäftigt. Auch in vielen anderen Produktionen steht die Politik im Fokus: Thematisiert werden das Ende des chinesischen Kaiserreichs (“Bai Lu Yuan“), eine Entführung von Touristen auf den Philippinen (“Captive“), Gewalt gegen Minderheiten (“Just the wind“), das Leben von Kindersoldaten (“War Witch“).
In der Reihe Berlinale Special wird nicht nur ein Dokumentarfilm über Ai Weiwei präsentiert. In dieser Sektion zeigt Angelina Jolie auch ihr Regiedebüt. “In the land of blood and honey“ beschäftigt sich mit dem Bürgerkrieg in Jugoslawien. Und in der Sektion Panorama setzen sich gleich vier Produktionen mit dem arabischen Frühling und seinen Auswirkungen auseinander.
Seltsam gelangweilt wirkten bei der Eröffnung Festival-Direktor Dieter Kosslick und Moderatorin Anke Engelke. Zum sechsten Mal eröffneten sie nun gemeinsam die Berlinale, erklärte Kosslick. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit konterte: Ihm mache die Berlinale immer Spaß. Um zum elften Mal in dieser Funktion dabei zu sein, habe er im vergangenen Jahr hart gekämpft, sagte er und spielte auf seine Wiederwahl 2011 an.
dapd