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Die Frau, die nicht Amy heißen will

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Duffy, Amy: 23 Jahre jung, „aus dem hinterwäldlerischsten Kaff“, startet eine Weltkarriere.
Duffy, Amy: 23 Jahre jung, „aus dem hinterwäldlerischsten Kaff“, startet eine Weltkarriere. © 2007 Max Dodson / Universal Music

London - Von der Kellnerin zum neuen Popstar: Duffy aus Wales im großen tz-Porträt

Wie erfährt man als junger Musiker im Zeitalter von iPod und Internet, ob man es geschafft hat? Erstens: Man schaut auf die Chartposition seiner Platte. Zweitens: Man googelt sich selbst.

Um ihre Platzierung in den Hitlisten muss sich Amy Duffy keine Sorgen mehr machen. Seit Anfang März regiert die junge Waliserin sowohl die britischen Single- als auch die Albumcharts. Duffy hat mit ihrem Debütalbum „Rockferry“, das bei uns am Freitag erscheint, keine Geringere als ihre Namensvetterin Amy Winehouse von Platz 1 gestoßen. Ihren Vornamen hat die 23-Jährige dabei gleich zu Beginn ihrer Popkarriere aus den Akten gestrichen: „Duffy ist mein Nachname, und darunter soll auch meine Musik bekannt werden.“ Eine kluge Entscheidung – wen wundert’s, dass man bei Google unter dem Stichwort „Amy“ hauptsächlich Einträge über die besagte Amy Winehouse findet?

Die britische Klatschpresse sieht das natürlich anders. Duffy habe ihren Vornamen aus Angst vor Vergleichen mit der heute schon legendären Skandalnudel verbannt. Fragt sich nur, was genau man vergleichen sollte, denn wirklich viele Gemeinsamkeiten haben die beiden bis auf das Alter und eine markante Soulstimme nicht (die freilich unterschiedlicher kaum sein könnte). Duffy ist blond, süß, verträumt, schüchtern, clean. Ihre Stimme ist hell, klar, leicht metallen. Amys Stimme dagegen dunkel und sinnlich-brodelnd. Duffy trägt hochgeschlossene Kleider mit Perlenkette. Keine Tatoos, keine Schlagzeilen. Duffy ist Amy Winehouse für Brave.

Ihre Kindheit verbringt sie im entlegenen 2500-Seelen-Dorf Nefyn an der Küste von Wales. „Man wächst dort abgeschnitten vom Rest der Welt auf. Bei uns gab es keinen einzigen Plattenladen, der nächste war eine Busreise entfernt “, erinnert sich Duffy. „Wir hatten so gut wie keine CDs zu Hause, meine Eltern waren nicht besonders musikalisch, und ich wusste nicht wirklich, was gerade angesagt war.“

Die Vorstellung, Sängerin zu werden, hat Duffy dennoch schon mit sechs Jahren. „Ich bin aber nicht in pinken Kleidchen durchs Haus getanzt und habe Karaoke gesungen. Das war nie so mein Ding.“ Als sie zehn ist, lassen sich ihre Eltern scheiden. Mit ihrer Mutter und ihren zwei Schwestern zieht die kleine Waliserin nach England – und das war für die kleine Amy mit einigen Schwierigkeiten verbunden: „In der Schule musste ich Englisch lernen. Damals hatte ich große Probleme mit dem Sprechen, also zog ich mich zurück und schrieb Songs, um mich zu artikulieren.“

Mit 15 bricht sie die Schule ab, tourt aus eigener Tasche durch die Clubs Europas – ohne Erfolg. Niedergeschlagen und pleite kehrt Duffy nach Wales zurück, hält sich als Kellnerin in einem französischen Restaurant über Wasser. Einmal die Woche singt sie abends in einer Bar, verschickt zahllose Demobänder an Plattenfirmen. Eines Tages erhält sie doch noch eine Einladung nach London. „Ich kam aus dem hinterwäldlerischsten Kaff in diese riesige Stadt – das war der Schock meines Lebens“, sagt Duffy. Die Produzenten sind begeistert, vergleichen ihre Stimme mit den 60er-Jahre-Ikonen Dusty Springfield und Aretha Franklin. Eigentlich ein großes Kompliment für das junge Talent – „ich hatte nur nicht die leiseste Ahnung, wer diese Frauen waren.“

Duffy erhält praktischen Nachhilfeunterricht: einen iPod, bespielt mit 50 Jahren Musikgeschichte. „Ich hab’ mir alles angehört, von Al Green bis Arcade Fire, von Betty Swan bis Beyoncé.“ Drei Jahre tüftelt sie in London an ihrem Erstlingswerk.

Die Arbeit hat sich gelohnt. „Rockferry“ verkauft sich in Großbritannien innerhalb von zehn Tagen eine halbe Million Mal. Zahlen, die für die zurückhaltende Blonde aus der Provinz fast zu hoch sind. „Ich bin doch nur ein Mädchen aus Wales. Ich hoffe, ich überlebe diesen ganzen Trubel“, sagt Duffy. Wirklich ausgerastet vor Freude ist sie vor einigen Tagen über etwas anderes: „Die beste Nachricht ist, dass jemand einen Wikipedia-Eintrag über mich erstellt hat. Mein Geburtsdatum und mein Wohnort stimmen zwar nicht, aber hey, es ist ein Anfang!“ Das ist es. Für mehr: Googeln Sie einfach „Duffy“.

Quelle: tz

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