Der Filmball – weniger ist jetzt viel mehr

München - Inzwischen geht es beim Deutschen Filmball der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft im Nobelhotel Bayerischer Hof zumindest rein äußerlich legerer zu als früher. Die tz schaute genau hin.
Update vom 30. März 2015: Seine Serienschöpfungen Monaco Franze, Kir Royal und Rossini gelten als Kult. Jetzt ist Regisseur Helmut Dietl gestorben. Er litt an Lungenkrebs und wurde 70 Jahre alt.
Ach, das waren noch Zeiten, als auf Tischen getanzt und Schampus aus Pumps getrunken wurde – mit Hannelore Elsner als Hauptdarstellerin. Als sich die Ferres mit dem Dietl coram publico gestritten hat; als man sich kreuz und quer geküsst und geknutscht hat; als Leute unter den Tischen lagen, jedoch die Fliege am Kragen zwingend vorgeschrieben war – denn oben ohne gab es keinen Einlass.
Heute geht es beim Deu

tschen Filmball der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft im Nobelhotel Bayerischer Hof zumindest rein äußerlich legerer zu, allerdings auch weit leidenschaftsloser, wie die 42. Ausgabe mit 1000 Gästen Samstagnacht zeigte. Die früheren Protagonistinnen, wie eben die Elsner, Iris Berben oder Senta Berger, fehlten komplett – einzige Konstante ist noch Uschi Glas, die seit Anbeginn hier tanzt; Hasardeure vom Format eines Bernd Eichinger sind so gut wie ausgestorben, und der entfesselte Konsum von allem ist nicht mehr gesellschaftsfähig. Selbst in den Kreativzentralen haben inzwischen Controller die Macht übernommen; und die Filmfirmen, die beim Ball ihre Tische haben, zelebrieren ihren Auftritt weit bescheidener: Zwei große Verleiher haben den Filmball in diesem Jahr als Werbeplattform gleich ganz gestrichen. Und Kaviar wird sowieso nur noch am Tisch der Constantin- Film gelöffelt.
Die zwar jüngeren, aber nicht weniger berühmten Schauspieler wie Elyas M’Barek, Karoline Herfurth, Tom Schilling oder Friedrich Mücke feiern zumindest öffentlich zurückhaltender. Da ist ein Duell mit Serviettenrollen für die Fotografen schon das Höchste der Gefühle. Allein Katja Riemann dreht noch richtig auf. Zeiten ändern sich.
„So ausgelassen und wild wie früher wird hier nicht mehr gefeiert“, erinnert sich auch Nachwuchsregisseur David Dietl (König von Deutschland). „Ich war als Teenager mit meinen Eltern hier. Damals sind hier noch die Flaschen und Gläser geflogen.“ Damals. Da war sein Vater Helmut Dietl einer der wichtigsten Figuren des Filmballs überhaupt, und er war gesund. Wie es ihm geht? „Es geht.“
Beständigkeit hat allein der Ablauf der Nacht: erst Schaulaufen am roten Teppich, dann Eröffnung durch SPIO-Präsidentin Manuela Stehr, danach Tanzen, Essen und Trinken, und um Mitternacht geht’s in den Palais-Keller zum Weißwurstessen, worauf sich der Berliner Charakterdarsteller Burghart Klaußner (Elser, Das weiße Band, Good bye, Lenin) besonders freute, schließlich ist er in Gräfelfing zur Schule gegangen – und beherrscht die bairische Sprache noch perfekt. „Nach München zurückzukommen, ist immer ein Traum“, strahlt er an der Seite von Elser-Darsteller Christian Friedel, den er für einen der talentiertesten Schauspieler hält, denen er je begegnet sei. Freitagabend wurde der Film Elsner mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet – da kann man schon ausgelassen tanzen. Am überhaupt liebsten hätte Klaußner Romy Schneider aufgefordert ... Lange her, dass sie auf dem Deutschen Filmball war, aber unvergessen!
Die Münchner Filmfest- Chefin Diana Iljine brachte sich einen alten Freund fürs Parkett mit – den Arzt, Biochchemiker und Seuchen- Forscher Prof. Dr. Alexander Kekulé – „einer der besten Tänzer überhaupt!“ Wie übrigens auch der Schauspieler Peter Lohmeyer, der die Damen übers Parkett nur so fliegen ließ.
Einen Grund zu ausgelassener Freude hatte auch PR-Agentur-Inhaberin Alexandra Freifrau von Rehlingen, deren Mann, der Medienanwalt Prof. Dr. Matthias Prinz, Ende Oktober beim Joggen einen Herzstillstand erlitt. „Es geht ihm schon viel besser – und trotz einiger Monate Reha ist er glücklich, überlebt zu haben.“
Allein Elyas M’Barek hatte mit Standard-Tanzen nichts am Hut: „Tanzschule fand ich ziemlich uncool; da hätt’ ich mal besser auf meine Mutter hören sollen.“
Zeiten ändern sich, Zeiten ändern dich. Wie die Siegels. Kriemhild und Ralph Siegel kamen zum ersten Mal getrennt zum Filmball. Während Kriemhild von Friseur Jörg Oppermann begleitet wurde („Ich habe ihn vor drei Jahren Rehbeim Berliner Rosenball kennengelernt – wir sind kein Paar“), nahm Ralph Siegel seine Tochter Julia mit. Er hat losgelassen – in jeder Beziehung. „Ich habe 30 Kilo abgenommen“, gibt er zu Protokoll. Und wenn er im September 70. Geburtstag feiert, soll seine Autobiografie erscheinen – 600 Seiten Auf und Nieder.
Im Hoch schwebt gerade der frisch vermählte Soko-Schauspieler Michel Guillaume, der mit Ehefrau Georgia in seinen 48. Geburtstag hineinfeierte: „Wir haben uns vor sieben Jahren beim Filmball kennengelernt.“
Hollywood war mit Oliver Stone auch da; freilich zum Partylöwen mutierte der Starregisseur grad nicht – und angesprochen werden durfte er – wenn überhaupt – auch erst, wer sich nach Vermittlung über eine PR-Agentin seinem Snowden-Film-Produzenten Philip Schulz-Deyle vorstellte. Ach Gottchen!
Aufsehenerregend aber war noch ein ganz anderer Auftritt, bei dem sich so mancher die Augen rieb – angesichts der Frisur des Burgschauspielers Oliver Masucci. Er ist nämlich wieder da! Hitler. Im Satire- Bestseller von Timor Vermes und ab Oktober im Kino. Masucci hat noch zwei Drehtage, dann darf er endlich wieder ganz er selber sein. Seine Erfahrungen in dieser Rolle, teils dokumentarisch in realen Alltagssituationen gefilmt: „Heftig! Erschreckend. Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet.“ Aber das Spiel mit Extremen reizt den renommierten Bühnenstar halt auch ... Und sein erster Filmball? „Schön anzusehen!“
Tom Schillings Prognose, dass da die Leute betrunken von den Tischen fallen, hat sich eher nicht bewahrheitet. Aber (be-)rauschend war diese Ballnacht trotzdem – auch in jüngerer Besetzung.
Ulrike Schmidt
Filmbranche feiert sich selbst in München
Gästeliste
Auf Einladung von Manuela Stehr, Präsidentin der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (begleitet von Ehemann Stefan Arndt) und unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Horst Seehofer feierten u.a. auch den Deutschen Filmball: Schauspielerin Christiane Paul, die händchenhaltend mit Produzent Benjamin Herrmann über den roten Teppich marschierte; Moritz Bleibtreu, Autorin Katja Eichinger, die Schauspieler David Kross, Jan Josef Liefers und Anna Loos sowie Nadja Uhl mit Kay Bockhold, Aylin Tezel, Nadeshda Brennicke, Sabin Tambrea, Lisa Martinek, Elmar Wepper und Gattin Anita, Soo Leng Kuchenreuther, die am Sonntag noch mit Freunden ihres im Jahr 2013 verstorbenen Gatten Steffen Kuchenreuther gedachte, der viele Jahre Gastgeber des Filmballs war; Constantin- Film-Boss Martin Moszkowicz, FilmFernseh- Fonds-Chef Dr. Klaus Schaefer, Schauspieler Max von Thun und Schwester Gioia, Comedian Oliver Kalkofe, Stephanie Stumph, Prof. Werner Mang mit Gattin Sybille, der vor dem Filmball noch einige Gäste mit Hyaluron und Botox verschönert hat; Erfolgsproduzent Oliver Berben mit Ehefrau Katrin, Christian Ulmen und Collien Ulmen- Fernandes, Regisseur Sönke Wortmann und Frau Cecilia, Kabarettistin Karin Engelhard, die im Februar 50. Geburtstag feiert; Medienprofi Martin Krug mit Freundin Julia Trainer, der eine Hochzeit in diesem Jahr für möglich hält und zwei Filmprojekte in Arbeit hat; die Schauspieler Bibiana Beglau und Benjamin Sadler, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, der Ehrenfilmpreisträger Gernot Roll mit Tochter Laura, die Münchner Schauspielerin und Wirtschaftsstudentin Alicia von Rittberg, die mit Brad Pitt für Herz aus Stahl vor der Kamera stand („Er ist super entspannt, wahnsinnig nett und witzig. Ein echt cooler Typ!“), Schauspielerin Diana Körner mit Erich Müller, TV-Ärztin Dr. Antje-Katrin Kühnemann mit Dr. Jörg Gühring, Elser-Regisseur Oliver Hirschbiegel sowie Synchron-Studio-Mogul und Batonde- Barrique-Erfinder Michael Haacke.