Heino: "Erst fanden's die Stars zum Kotz..."

München - Mit seinem neuen Album "Mit freundlichen Grüßen" stürmt Heino die Hitparade. Im tz-Interview spricht der blonde Sänger mit der dunklen Sonnebrille über seinen Erfolg - auch und gerade bei jüngeren Fans.
Heino wirkt eigentlich ziemlich entspannt. Und „coole Sau“ hat seine Hannelore ihren Gatten schon vor 13 Jahren beim tz-Interview genannt. Dass Heinz Georg Kramm alias Heino allerdings im zarten Alter von 74 Lenzen beim Internet-Verkaufsportal Amazon bisher mehr Platten verkauft als die Plätze 2 bis 25 zusammen, ist schon ein Ding. Mit freundlichen Grüßen mit Coversongs von Rammstein, Nena, den Sportis, den Ärzten, Peter Foxx, den Toten Hosen & Co. bringt nicht nur den Enzian, sondern auch das Konto zum Blühen. Und täglich wird es immer mehr, was Heino auf seinem iPad und iPhone fleißig kontrolliert. Auch bei iTunes steht er auf Platz 1. In der tz spricht der neue Volksmusik-Rockstar.
Glückwunsch, Heino! Wie sind jetzt die Reaktionen der Kollegen von Rammstein & Co. auf Ihren sensationellen Gipfelsturm?
Heino: Ich weiß, dass die das am Anfang alle zum Kotzen fanden. Die Beweise hat mein Manager. Nach außen machen ein paar ein bisschen Krawall, aber insgeheim freut sich jeder.
Warum?
Heino: Weil es jetzt im Portemonnaie klingelt, die Leute haben schließlich die Autorenrechte.
Gibt’s nach Ihrem Erfolg jetzt gleich die Fortsetzung, „Mit freundlichen Grüßen, Teil 2“?
Heino: Nein, jetzt mache ich erstmal die Arbeit fertig. In der nächsten Woche bin ich bei Florian Silbereisen und seinem Frühlingsfest und werde ein paar Songs singen. Vielleicht Junge von den Ärzten und Leuchtturm von Nena.
Sie haben sich – etwa in Ihrem „Enzian“ – schon selbst als Disco-Stampfer gecovert und Selbstironie bewiesen. Haben Sie mit dem Erfolg gerechnet, und können Sie den Wirbel verstehen?
Heino: Überhaupt nicht. Allerdings ist mein neues Album ernst gemeint. Ich mag die Songs, sie haben Qualität. Sie sind alle Volkslieder der neuen Zeit, der jungen Generation. Genau dasselbe habe ich schon 1965 getan, als ich Lieder des Wandervogels, der bündischen Jugend aufgenommen habe. Die waren mit dem damaligen System auch nicht zufrieden. Es waren die Rocker und Popper der Jahrhundertwende. Die Lieder können nichts dafür, was die Nazis daraus machten. Vom Singen sind die Rocksongs nicht schwer. Mein Enzian hat drei Oktaven, die hier ungefähr eine.
Bei Rammstein sogar weniger …
Heino: Das haben jetzt Sie gesagt.
Aber das ist ja auch kein Qualitätskriterium!
Heino: Stimmt.
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Und was sagen die jungen Leute zu Ihrer CD, wenn sich schon die Stars nicht bei Ihnen melden?
Heino: Ich bekomme sehr viele Mails und auch auf Facebook viel Feedback – die jungen Leute finden das toll und sind ganz glücklich. Und genau das will ich: die Menschen glücklich machen. Erst gestern etwa war ich auf der Autobahn unterwegs …
...in Ihrem schwarzen Heino-Mobil?
Heino: Genau. Auf einmal fahren vier junge Leute in ihrem Auto neben uns auf der linken Spur und heben alle die Daumen. Einer hatte sogar ein Album dabei und reckte es in die Höhe.
Heino: Blondes Phänomen mit schwarzer Brille
- Wem Heino Zahnschmerzen macht, kein Wunder: Sein Vater war Zahnarzt Heinrich Kramm.
- Wer Heino erzmusikalisch findet, kein Wunder: Sein Großvater war Domorganist zu Köln.
- Wer findet, dass Heino mit seinen Liedern bekehren will, kein Wunder: Seine zwei Cousins waren Pfarrer.
- Der Vater fiel am 2. August 1941 im Zweiten Weltkrieg als Soldat an der Front.
- Heino wurde 1938 in Düsseldorf-Oberbilk geboren. Er lebte bis 1945 bei Mutter und älterer Schwester, dann wurde er im sächsischen Großenhain eingeschult.
- 1952 absolvierte er in Düsseldorf eine Lehre zum Bäcker und Konditor.
- Von 1996 bis 2012 betrieb er Heinos Rathaus-Café in Bad Münstereifel. Mittlerweile ist es ins Kurhaus der Stadt umgezogen.
- Kuchen und Kicken: Als junger Mann spielte Heino beim SC Schwarz-Weiß 06 in Düsseldorf Oberbilk. Bis heute hat er Kontakt zum Verein.
- Heino leidet an Morbus Basedow, die seine Augen hervortreten lässt. Seit den 70ern trägt er eine dunkle Sonnenbrillen, die zu seinem Markenzeichen wurde.
- Heino erntete viel Kritik, als er alle drei Strophen der Deutschlandhymne sang.
- Heino ist in dritter Ehe verheiratet: Aus der ersten Ehe mit Henriette Heppner – sie war bei der Hochzeit 1959 erst 18 – ging Sohn Uwe hervor. Die Scheidung war 1962.
- Sechs Jahre später wird Heino Vater einer unehelichen Tochter, die sich 2003 das Leben nahm – wie schon deren Mutter 15 Jahre zuvor.
- 1965 die zweite Ehe mit Lilo, Scheidung 1978. Sie starb 2010.
- Seit 1979 verheiratet mit Hannelore, die er 1972 bei der Miss-Austria-Wahl kennenlernte.
Matthias Bieber