Martin Gruber im Interview: Aufstieg mit Höhen und Tiefen

Im tz-Interview spricht Schauspieler Martin Gruber („Bergretter“) über das sich Hocharbeiten aus kleinen Verhältnissen, über Brüche im Leben, das Scheitern und den Erfolg.
München - Mit Anfang 20 flog er von Obergiesing nach Los Angeles. Mit 950 D-Mark in der Tasche, um Schauspieler zu werden. Martin Gruber (47) hat bewiesen, dass er alles kann – von Romantik über Action bis hin zu schwerer Kost, auch auf der Theaterbühne. Aufgewachsen ist Gruber in Obergiesing, bekannt wurde er durch seine Rollen in der Telenovela Sturm der Liebe und als Bergretter in der gleichnamigen ZDF-Serie. Nach sechs Staffeln stieg er aus der beliebten Serie aus, doch bis heute ist und bleibt er für viele Fernsehzuschauer der „Bergretter“. Martin Gruber erzieht in München zwei Kinder, Sohn Tristan (17) stammt aus einer früheren Beziehung, mit seiner Ehefrau Corinna hat er Tochter Paulina (6). tz-Kolumnistin Susanne Sasse sprach mit dem Schauspieler über das sich Hocharbeiten aus kleinen Verhältnissen, über Brüche im Leben, das Scheitern und den Erfolg.
Bereuen Sie es, bei den „Bergrettern“ hingeschmissen zu haben?
Martin Gruber: Nein, ich habe aufgehört, um mich wieder mehr meiner Familie und anderen Rollen widmen zu können. Es war wunderbar als Bergretter, die Dreharbeiten waren wie ein Sandkasten für große Jungs, mit offener Helikoptertür den Dachstein hochfliegen und solche Sachen. Aber auch anstrengend in oftmals 3000 Metern Höhe, fünf Jahre waren genug. Einmal habe ich mir nach dem Schwimmen in einem Bergsee eine Lungenentzündung geholt. Für mich war der Abschied aus der Serie auch kein Hinschmeißen. Geht eine Türe zu, öffnet sich eine andere. Ich betrachte Abschiede als Chancen, nicht als Verlust und als Scheitern.
Aber die Serie hatte mit Ihnen doch einen so großen Erfolg. Ist Ihnen Erfolg nicht wichtig?
Gruber: Die Frage ist doch, wie man Erfolg definiert. Für mich ist es ein Erfolg, wenn jemand einen Film mit mir anschaut und dabei eine gute Zeit hat und ich das Gefühl habe, eine gute Arbeit gemacht zu haben. Für mich misst er sich nicht an einem vollen Geldbeutel oder an großer Bekanntheit. Es ist auch Erfolg, wenn ich mich zum Beispiel für benachteiligte Kinder engagiere und etwas bewirke, sei es im Kleinen. Wenn ich helfe und damit auch noch andere begeistern kann, dann ist es noch besser. Ich möchte zeigen, dass jeder etwas tun kann.
Aber stehen Sie beruflich nicht doch auch unter Erfolgsdruck?
Gruber: IndemMoment,indem man im Leben verkrampft, geht es schief. Wenn man ungezwungen bleibt, kann man über sich hinauswachsen. Wenn man zum Beispiel den Huaber-Buam zuschaut, wie sie eine Wand hinaufklettern, dann sieht es ganz leicht aus. Wer es nachzumachenversucht, sieht, wieschwierig es ist. Beim Klettern konzentriert man sich – wie beim Schachspielen – immer auf die nächsten Kletterzüge. Deshalb klettere ich gerne, um meine Mitte zu finden. Ich bin ein zappelnder Typ, die Neugierde treibt mich nach vorne. Das Erfolgsrezept für mich in meinem Beruf ist es, gut vorbereitet zu sein und zugleich offen. Wenn man sich auf dem Erfolg ausruht, wird es gefährlich. Ich meine damit aber nicht, dass ich rastlos bin. Die besten Momente und nettesten Begegnungen in meinem Leben hatte ich, wenn ich mich treiben ließ, mit offenen Augen und mit offenem Herzen.
Mutig sind Sie auf jeden Fall. Mit Anfang 20 verließe Sie Obergiesing Richtung USA. Haben Sie Ihre Hotelfachausbildung zuvor eigentlich abgeschlossen?
Gruber: Nein. Ich habe zwei Monate vor der Abschlussprüfung aufgehört. Das war aber den Umständen geschuldet, wir durchliefen alle möglichen Stationen im Hotel, Küche, Magazin, Portier, Hausmeisterei, mussten fünf Monate Zimmer putzen, dann war ich in der Buchhaltung und musste Lochkarten stanzen. Das mochte ich nicht, das war gefühlte Unterforderung. Ich fragte also in der Bar nach, und arbeitete dann in allerhand Szenekneipen in München hinter der Bar. Zudem als Komparse beim Film. Mit 950 D-Mark in der Tasche ging ich dann in die USA und sprach in Los Angeles für eine Rolle in Der Ring der Musketiere vor, die ich dann auch bekam. Zweieinhalb Jahre lebte ich danach in New York wie ein armer Bettelstudent. Ich habe in einem Fitessstudio geputzt und bei einem privaten Sozialdienst gearbeitet, um die 200 Dollar Gebühren für die Schauspielschule in New York zusammenzubekommen. Schauspieler wollte ich werden, um die Welt zu entdecken.
Und Ihre Eltern? Was sagten die?
Gruber: Die konnten mit all dem nichts anfangen, am Anfang sagten sie, nach einem Monat bist du eh zurück. Meine Eltern arbeiteten als Krankenschwester und als Krankenpfleger. Wir haben das Leben der Giesinger Arbeiter geführt, ohne Luxus, aber mit viel Liebe und einer wunderbar freien Freizeit, in der wir auf Bäume kletterten und mit dem BMX durch Parks radelten.
Wir führen dieses Interview in Obergiesing im Park vor der Grundschule an der Weißenseestraße, die Sie früher besucht haben. Was kommen Ihnen da für Erinnerungen?
Gruber: Um die Grundschule herum war damals kein Zaun, neben ihr war damals noch kein Park, sondern eine Kleingartensiedlung. In der hatte mein Vater eine Garage, in der er das Auto reparierte. Der Geruch nach körniger Handwaschpaste ist der Geruch meiner Kindheit. Ich war hier seit 20 Jahren nicht mehr, bin immer nur vorbeigefahren. Obergiesing hat sich in der Zwischenzeit ganz schön herausgeputzt.
Susanne Sasse
Gruber hilft benachteiligten Kindern
Schauspieler Martin Gruber engagiert sich seit Jahren sozial. Er hat im Sommer 2014 die Martin- Gruber-Stiftung gegründet, weil er selbst helfen wollte und die Kontrolle darüber haben möchte, für wen das Geld verwendet wird. Den Ausschlag gab ein leukämiekranker kleiner Bergretter-Fan. Den lud Gruber zum Dreh ein, sogar mit dem Hubschrauber durfte der Bub mitfliegen – bis heute ist Gruber mit ihm in Kontakt. Unter der Treuhand der Stiftung kids to life des Unterhachinger Immobilienunternehmers Anton Schrobenhauser kümmert sich Martin Gruber mit seiner Stiftung um benachteiligte Kinder aus München und Umgebung und arbeitet dabei eng mit Kinderheimen und sozialen Einrichtungen zusammen. Mit dem aktuellen Projekt WerteRaum unterstützt Gruber ein Programm, das Grundschülern mit Migrationshintergrund Werte spielerisch und aktiv näherbringt. Seit März ist Martin Gruber außerdem Botschafter der José-Carreras-Stiftung für Leukämie. Auch in seiner Familie ist jemand an dieser heimtückischen Krankheit erkrankt, vor zehn Jahren starb Grubers Vater an Krebs. „Ich möchte dazu beitragen, dass mehr Geld in die Erforschung von Krebs fließt, damit er irgendwann besiegt werden kann. Ich will es einfach nicht einsehen, dass die Menschen den Mars erkunden, aber Krebs nicht heilen können“, sagt er. Mehr Informationen unter www.martin-gruberstiftung.de.