Seine Sendung in der Woche nach den Entgleisungen wird die letzte Matuschke-Show: Die Wellen des Hasses treffen via Telefon und Mail ein beim Sender – aus Europa, Asien, Südamerika, Zeitzone für Zeitzone stößt neu dazu. Fortan bleibt Matuschkes Mikro aus. Die Sendung wird Wochen später endgültig abgesetzt – eine Umstrukturierung unabhängig vom Geschehen, wie der BR beteuert.
Der 56-Jährige stürzt derweil in die Krise. „Die Nerven lagen blank.“ Die nächsten acht Wochen versinken in einem Nebel – daran ändert auch die Unterstützung von Kollegen, Fans, Freunden und Familie nichts. „Ich habe rumgeheult, konnte nicht schlafen, nahm Psychopharmaka“, so Matuschik. Eine diffuse Angst um seine Lieben treibt ihn um, denn die Army marschiert noch immer: „Es gab Morddrohungen, meine Mutter wurde beschimpft, auf intime Details aus meinem Privatleben wurde ein Kopfgeld ausgesetzt!“ Immerhin bleibt es in seinem unmittelbaren Umfeld weitgehend ruhig.
Irgendwann versucht Matuschke, sich gegen die übelsten Hetzer anwaltlich zu wehren. „Aber die meisten dieser Fans sind Kinder oder Teenager, also nicht strafmündig.“ Das Sammeln von Informationen über die Army und Selbstreflexion helfen ihm, klarer zu sehen. Er weiß nun, dass es sich dabei um den wohl am besten organisierten Fanclub der Welt handelt. Mitglieder lauern auf kleinste Schnipsel über ihre Lieblinge – sei es Lob oder Kritik, gegen die dann orchestriert vorgegangen wird.
Im September wagt sich Matuschke als Kabarettist mit seinem Programm Gerne wider erstmals erneut in die Öffentlichkeit: „Ich hatte echt Bammel vor meinem Auftritt.“ Das Publikum empfängt ihn mit einem anderthalbminütigen Applaus. „Das war der Wahnsinn“, sagt er und klingt noch immer gerührt. Inzwischen schmiedet der gebürtige Oberpfälzer weitere Pläne. Ab 10. Januar wird er auch wieder moderieren: Bei Radio C, einem neuen Webradio in Luxemburg, will er von Montag bis Donnerstag ab 19 Uhr auf Sendung gehen – „ohne Schere im Kopf und spontan“.
Eine Erkenntnis hat er aus diesem Jahr gezogen: „Das Netz hat die Macht, Menschen zu vernichten. Und mich beeindruckt der Elan der Army – aber ich frage mich: Was könnten diese Kids leisten, wenn sie sich mit demselben Engagement für unsere Welt einsetzten?“ Katrin Basaran