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Matuschik startet nach Shitstorm wieder durch: „Das Netz hat die Macht, Menschen zu vernichten“

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Von: Katrin Basaran

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Ex-„Bayern 3“-Moderator Matthias Matuschik kehrt als Moderator zurück.
Ex-„Bayern 3“-Moderator Matthias Matuschik kehrt als Moderator zurück. © imago / Christine Roth

Ein Shitstorm zerstörte beinahe seine Existenz: Moderator Matthias Matuschik kehrt 2022 zurück. Er erzählt von seiner schweren Zeit nach dem Eklat.

München - Ein spontanes Mundwerk gilt neben Sprachbegabung und Kreativität als Qualitätsmerkmal guter Moderatoren. Vielleicht sitzt nicht jeder Satz punktgenau, dafür entsteht eine Natürlichkeit, die Persönlichkeit zulässt. Es sind genau diese Eigenschaften, welche die Hörer an Matthias Matuschik und seiner BR3-Sendung „Matuschke – Der andere Abend“ in Bayern 3 so lieben. Am 24. Februar dieses Jahres überschreitet er jedoch mit einem Kommentar für etliche Zuhörer die Grenze des guten Geschmacks: Die Folge ist ein weltweiter und höchst persönlicher Shitstorm via Internet, die beinahe seine Existenz zerstörte.

Matuschik beleidigt Südkorea-Boyband und erntnet Shitstorm

Bei der Anmoderation des Coldplay-Hits Fix you redet sich der 56-Jährige um Kopf und Kragen: Er schlägt den Bogen zur südkoreanischen Boyband BTS, die besagten Song kurz zuvor gecovert hatte. Geht gar nicht für Matuschke: Dass er die Truppe als „kleine Pisser“ betitelt und das Cover „Gotteslästerung“ nennt, ist noch harmlos. Schlimmer wiegen Virus-Vergleiche und der Vorschlag, die Südkoreaner sollten dafür 20 Jahre in Nordkorea urlauben.

„Wenn mich heute eine gute Fee nach einem Wunsch fragte, würde ich diese Moderation rückgängig machen“, gibt Matthias Matuschik im tz-Gespräch zu. Als er an jenem Abend nämlich seinem Ärger Luft macht, schneidet eine 14-jährige BTS-Jüngerin irgendwo in Bayern sein Wortgewitter mit und stellt es unter dem Hashtag #Bayern3Racist bei Twitter ein. Eine Kriegserklärung an den Moderator, dem jetzt Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen wird.

Wellen des Hasses via Telefon und Mail aus der ganzen Welt

„Army“ nennen sich die weltweit rund 45 Millionen BTS-Anhänger weltweit – und die setzt sich nun in Bewegung. Ein Shitstorm gegen Matuschik stürmt los – und will trotz öffentlicher Abbitte des Moderators, der sich seit Jahren für Flüchtlinge und gegen Rassismus engagiert, bis heute nicht abebben.

Seine Sendung in der Woche nach den Entgleisungen wird die letzte Matuschke-Show: Die Wellen des Hasses treffen via Telefon und Mail ein beim Sender – aus Europa, Asien, Südamerika, Zeitzone für Zeitzone stößt neu dazu. Fortan bleibt Matuschkes Mikro aus. Die Sendung wird Wochen später endgültig abgesetzt – eine Umstrukturierung unabhängig vom Geschehen, wie der BR beteuert.

Der 56-Jährige stürzt derweil in die Krise. „Die Nerven lagen blank.“ Die nächsten acht Wochen versinken in einem Nebel – daran ändert auch die Unterstützung von Kollegen, Fans, Freunden und Familie nichts. „Ich habe rumgeheult, konnte nicht schlafen, nahm Psychopharmaka“, so Matuschik. Eine diffuse Angst um seine Lieben treibt ihn um, denn die Army marschiert noch immer: „Es gab Morddrohungen, meine Mutter wurde beschimpft, auf intime Details aus meinem Privatleben wurde ein Kopfgeld ausgesetzt!“ Immerhin bleibt es in seinem unmittelbaren Umfeld weitgehend ruhig.

Moderator versucht, sich gegen die Hetzer anwaltlich zu wehren

Irgendwann versucht Matuschke, sich gegen die übelsten Hetzer anwaltlich zu wehren. „Aber die meisten dieser Fans sind Kinder oder Teenager, also nicht strafmündig.“ Das Sammeln von Informationen über die Army und Selbstreflexion helfen ihm, klarer zu sehen. Er weiß nun, dass es sich dabei um den wohl am besten organisierten Fanclub der Welt handelt. Mitglieder lauern auf kleinste Schnipsel über ihre Lieblinge – sei es Lob oder Kritik, gegen die dann orchestriert vorgegangen wird.

Im September wagt sich Matuschke als Kabarettist mit seinem Programm Gerne wider erstmals erneut in die Öffentlichkeit: „Ich hatte echt Bammel vor meinem Auftritt.“ Das Publikum empfängt ihn mit einem anderthalbminütigen Applaus. „Das war der Wahnsinn“, sagt er und klingt noch immer gerührt. Inzwischen schmiedet der gebürtige Oberpfälzer weitere Pläne. Ab 10. Januar wird er auch wieder moderieren: Bei Radio C, einem neuen Webradio in Luxemburg, will er von Montag bis Donnerstag ab 19 Uhr auf Sendung gehen – „ohne Schere im Kopf und spontan“.

Eine Erkenntnis hat er aus diesem Jahr gezogen: „Das Netz hat die Macht, Menschen zu vernichten. Und mich beeindruckt der Elan der Army – aber ich frage mich: Was könnten diese Kids leisten, wenn sie sich mit demselben Engagement für unsere Welt einsetzten?“ Katrin Basaran

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