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Ulknudel, Gärtnerin, Häkelkönigin: Petra Perle

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Ihre besondere Masche … Petra Perle strickt den Dom. Das Foto wurde auf der Terrasse der Deutschen Eiche aufgenommen.
Ihre besondere Masche … Petra Perle strickt den Dom. Das Foto wurde auf der Terrasse der Deutschen Eiche aufgenommen. © Götzfried

München - "Das ganze Halli-galli ist bei mir durch", sagt Petra Perle. Was macht die 51-Jährige eigentlich heute?

Es war ein wunderschöner Blick auf München, an einem dieser sonnigen Januartage. Petra Perle (51) stand ganz oben auf der Dachterrasse der Deutschen Eiche in der Reichenbachstraße, schaute auf die Stadt, auf ihre Stadt, und sagte auf einmal: „Es ist Zeit geworden, dass ich’s ruhiger angehen lasse. Das ganze Halli-galli ist bei mir durch.“ Es waren ganz leise Töne, neue Töne, wie man sie ihr früher gar nicht zugetraut hätte.

Petra Perle, da gab es viele Jahre nichts anderes als Halligalli. Laut war sie, schrill, exzentrisch, gerade in den Neunzigern als Schlagersängerin. Später war sie Wirtin vom Turmstüberl im Valentin-Musäum, bis 2012, dann zog sie sich zurück. „Manchmal denke ich, ich habe so einen Zehn-Jahres-Rhythmus. Alle zehn Jahre ist es Zeit für eine neue Lebensphase.“ Theater spielen, Handarbeiten, Geschichten und Kolumnen schreiben. Und ihren Schrebergarten genießen. Das ist die neue Petra Perle.

Wenn man sie besucht, in der schönen Altbauwohnung im ersten Stock in der Dreimühlenstraße, erkennt man sofort ihre Vorliebe für Selbstgemachtes. Ihre Eltern hatten ein Antiquitätengeschäft in der Westenriederstraße, und ihr Vater, sagt Petra Perle, habe ihr schon früh beigebracht, dass man auch sehr gut außerhalb der Norm existieren kann. „Ohne dass man dauernd umeinander hetzt“, sagt sie. „Manchmal hat er in der Früh gesagt: Heut’ sperrn wir erst um elfe auf. Dann ist er erst einmal zum Wattn in die Stadt Kempten, die alte Wirtschaft am Viktualienmarkt. Eigentlich hat er das sehr oft gemacht. Fast jeden Tag.“

Sie selbst lernte Goldschmiedin, den Laden übernehmen wollte sie aber nicht. Anfangs hatte er noch 200 Mark Miete gekostet – als ihre Eltern aufhörten, waren’s 3800. „Diese Abhängigkeit wollte ich mir nicht antun. Außerdem war das Goldschmieden ein sehr einsamer Beruf.“ Bald hatte sie nur noch genau das Gegenteil von einsam: Party, Trubel, Heiterkeit. Nach ihrem ersten Versuch als Sängerin gründete sie den Wahren Grand Prix, eine herrliche Persiflage auf die Heile-Welt-Schlager, die bald Kult wurde. „Und bei Petra Perle dachte ich mir: Das ist ein Name, den man sich leicht merken kann.“

Sie war die Frontfrau der neuen Schlagerszene, sogar der Spiegel widmete ihr ein Porträt. Damals fuhr sie kreuz und quer durchs Land, von einer Show zur nächsten. „Das alles brauch ich nimmer zu meinem Glück“, sagt sie. Fürs Glück setzt sie sich heute aufs Radl und fährt fünf Minuten in den Schrebergarten am Flaucher. Den hat sie sich vor fünf Jahren zugelegt. „Der Garten erdet mich, die Jahreszeiten und das Wetter erfahre ich nun viel intensiver. Ich übersommere zwischen Blumen, Pflanzen und Singvögeln. Das ist pures Glück, so was erleben zu dürfen. Und man lernt, dass alles seine Zeit braucht, vom Säen bis zum Ernten, da muss man auch zuschauen können.“

Nach zehn intensiven Jahren als Wirtin war 2012 der richtige Zeitpunkt, mit der Schufterei aufzuhören. Petra Perle legte ein Sabbat-Jahr ein, dann noch eins, machte Pause, zog sich ganz zurück. Zur Neuorientierung. Endlich mit sich selbst sein, nicht mehr die nach außen immer lustige Unterhalterin geben, die nach innen in dieser Zeit auch schwere Krisen zu überstehen hatte, vor allem nach dem Tod ihrer Eltern, die 1999 kurz hintereinander starben. „Ich hab jahrelang gebraucht, um mich davon zu erholen.“

Mit ihren 51 Jahren muss sich Petra Perle jetzt nicht mehr zerreißen zwischen Schein und Sein. Glücklich mit ihrem Mann und voller Freude als Oma. Mit ihrer Enkelin Emilia (3), ihrem Sonnenschein. Oma Perle aber spielt nicht nur mit Stofftieren und Häkelnadeln: Nächste Woche steht sie als Schauspielerin wieder in der Drehleier auf der Bühne, im Stück Pension Schöller (27. – 31.1., Beginn 20.30 Uhr), bald bringt sie ein Buch mit Häkel-Anleitungen heraus, Häkeln ist ihre große Leidenschaft. Und eine neue Idee hat sie auch schon: Die Organisation der ersten Grantl-Weltmeisterschaft. „Das Münchner Grantln stirbt leider immer mehr aus“, sagt sie, deswegen plant sie einen Abend für alle Münchner, die wieder mal nach Herzenslust granteln wollen. Jeder hat fünf Minuten, eine Jury kürt dann den ultimativen Grantlmeister. Mia san Grant.

Das sind so die Ideen, die Petra Perle hat, und irgendwann kommt auch sicher wieder eine ganz neue Lebensphase. Spätestens so in zehn Jahren. Hauptsache, alles schön langsam angehen lassen.

Florian Kinast

Mein München-Platz

Meine geliebte Wohnung im Dreimühlenviertel, in der ich schon 30 Jahre zu Hause bin – und der schöne Schrebergarten nahe dem ­Flaucher. Das ist mein Paradies.

Mein München-Lokal

Das Indian Mango in der Zweibrückenstraße. Ein ganz kleines, aber ganz feines Lokal. Mein Lieblings-Inder. Und das Phuong Hoang in der Schäftlarnstraße. Das ist wie ein Kurzurlaub in Asien.

Mein Münchner

Alois Hingerl, der eigentliche Champion aller Grantler. Von ihm kann man es echt lernen. Luja, sog i!

Mein München-Gericht

Am liebsten esse ich Gemüse in allen Variationen, am besten schmeckt natürlich das selbstangebaute. Und italienische Nudeln mit Tomatensoße. Alles sehr bayrisch.

München – und sonst?

An einem hölzernen Steg in St. Heinrich am Starnberger See. Und überall dort, wo mein Mann glücklich ist.

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