Aufruhr bei Anne Will: „Das sollte man nicht im Fernsehen zeigen“
Berlin – Bei „Anne Will“ ging es am Sonntagabend um die Frage, warum sich immer mehr junge Menschen radikalisieren und zum Islam konvertieren. Vor allem eine Teilnehmerin des Talks sorgte für Wirbel.
Eine heftige Diskussion brandet auf, als die Moderatorin die Internetbotschaft einer vermummten Frauenbeauftragten vorliest. Besonders Innenexperte Wolfgang Bosbach ist entsetzt.
„Ein wichtiger Grund für meine Konvertierung zum Islam war die Rolle der Frau. Es ist wunderbar, wie viel Respekt mir entgegengebracht wird.“ Der Satz kommt überraschend und verwundert nicht wenige. Er kommt von Nora Illi in der Sendung Anne Will. Später wundern sich die Gäste nicht mehr, sie sind entsetzt.
Krieg als bitterharte Langzeitprüfung?
Illi ist im mit 18 Jahren zum Islam konvertiert und zeigt sich seitdem nur mit einem Gesichtsschleier in der Öffentlichkeit. Illi: „Für mich bedeutet der Niqab Freiheit und Selbstbestimmung.“ So weit, so gut. Doch Illi ist die Schweizer Frauenbeauftragte des Islamischen Zentralrats und geht scheinbar nicht ganz angemessen mit ihrem Amt um. Denn in einer Botschaft auf der Homepage des Vereins schreibt sie, dass sie Jugendliche verstehe, die nach Syrien gingen, „um dann im gelobten Land gegen die Schergen Assads und für Gerechtigkeit zu kämpfen. Daran ist aus islamischer Sicht auch gar nichts auszusetzen.“ Illi setzt das sogar mit Zivilcourage gleich.
Ungläubiges Staunen. Allerdings geht der Text noch weiter: Jugendliche sollten sich nicht den Illusionen der IS-Facebook-Propaganda hingeben, heißt es zusammengefasst. Denn so schön sei es im Krieg – Illi verwendet dafür das Synonym „bitterharte Langzeitprüfung“ – nicht. Kurios: Illi erklärt, sie wollte mit dieser Botschaft deutlich machen, dass die jungen Menschen eben nicht nach Syrien gehen sollten. Sie glaubt: „Anders erreicht man die jungen Leute heute nicht.“ Verwirrend.
„Bitterharte Langzeitprüfung? Das ist doch kein Ironman“, poltert Innenexperte Bosbach fassungslos: „Frau Will, sowas sollte man nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zeigen. Diese Propaganda sehen jetzt Millionen. Der Text kann bei einer solchen Botschaft nur heißen: Hände weg, bleibt hier.“
Islamismus-Experte und Psychologe Ahmad Mansour geht sogar noch weiter: „Das ist kein Dialog, sondern öffentliche Kriegspropaganda. Das hat im Fernsehen nichts zu suchen.“ Will verteidigt sich: „Wir setzen uns auch mit den Meinungen anderer auseinander. Das gehört dazu.“
Weitere Gäste Anne Wills in der Sendung mit dem Titel „Mein Leben für Allah - Warum radikalisieren sich immer mehr junge Menschen?“ waren Sascha Mané, dessen Tochter 2015 nach Syrien ging, und Mohamed Taha Sabri, der nicht ganz unumstrittene Imam der Dar-as-Salam-Moschee in Berlin Neukölln. Der steuerte wenig bei, doch ein Satz blieb hängen: „ISIS hat eine faschistische Ideologie. Das sind Verbrecher gegen die Menschheit“, sagt Taha Sabri. Deutliche Worte eines Imam.
Den emotionalen Höhepunkt bei Anne Will liefert Vater Mané, als er erzählt, wie er seine Tochter an den IS verlor. Er sagt, die Behörden hätten ihm nicht geholfen. Der Staat tue einfach nicht genug. Und: „Wenn ich sie in der Türkei noch gefunden hätte, hätte ich sie aufgehalten.“ Die Geschichte weist Parallelen zum vorher gelaufenen ARD-„Tatort“ auf, als der Kommissar versucht eine junge Frau vor den Fängen des IS zu bewahren. Der Titel: „Borowski und das verlorene Mädchen“.
Ob Sascha Mané daran glaube seine Tochter wiederzusehen, fragt ihn Anne Will zum Schluss. Schwierig schätzt er, aber „die Hoffnung stirbt zuletzt.“