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Wirbel um Stinkefinger-Video: Das sind die Fakten

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Von: Haakon Nogge

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Böhmermann und Varoufakis.
Hat Jan Böhmermann das Stinkefinger-Video von Yanis Varoufakis gefälscht, oder hat er nicht? © dpa

Berlin - ZDF-Moderator Jan Böhmermann behauptet, seine Redaktion habe das Video, in dem Griechenlands Finanzminister Varoufakis den Stinkefinger, gefälscht. Doch das stimmt nicht. Trotzdem geht der Wirbel weiter.

ARD-Talker Günther Jauch hatte am Sonntagabend ein Video von einem Varoufakis-Auftritt aus dem Jahr 2013 auf einer Bühne in Zagreb  ausgestrahlt, das zeigen soll, wie der griechische Finanzminister Deutschland symbolisch den ausgestreckten Mittelfinger zeigt. Varoufakis bezeichnete das Video in der Sendung umgehend als manipuliert. „Das ist getürkt. Das hat es nicht gegeben“, schimpft er. Er schäme sich, dass ihm so etwas zugetraut werde. Darauf brach in den Medien eine große Debatte aus, in der der Politiker nicht selten als Lügner dargestellt wurde.

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Die umstrittene Stinkefinger-Sequenz: Gefälscht oder nicht? © dpa

Mittwochabend verbreiteten Video erklärte Jan Böhmermann, Moderator des satirischen Magazins „Neo Magazin Royale“, seine Redaktion habe die umstrittene Sequenz manipuliert. Seine Begründung: Es habe Material für einen Spott-Song über den griechischen Finanzminister gefehlt. Dann beschreibt der 34-Jährige genüsslich, welche aufwändigen Computertricks bei der Fälschung verwendet wurden. Schnell erreict der Clip eine Million Klicks, der Hashtag #varoufake war geboren.

Das Stinkefinger-Video ist echt!

Fakt ist jedoch: Das Video ist echt. Varoufakis selbst hatte vor drei Tagen ein, wie er schrieb, "nicht manipuliertes Video" von der fraglichen Rede getwittert. Darauf sieht man (bei der 40:30-Minuten-Marke) deutlich, wie er den Stinkefinger zeigt.

Der Politiker hätte also besser nicht abstreiten sollen, dass er jemals seinen Mittelfinger in der Öffentlichkeit ausgefahren hat. Entscheidend ist jedoch der Kontext, in dem er das tat: Nicht nur der Medienkritiker Stefan Niggemeier meinte, Varoufakis' Aussage sei im Jauch-Talk durchaus verfälscht worden: Für die Zuschauer sei nicht klar erkennbar gewesen, das der Politiker damals als Wissenschaftler die eigenen Politiker in Athen attackierte.

Aus #varoufake wird #varoufakefake

Nach dem Böhmermann-Video vom Mittwochabend begann in den sozialen Netzwerken unter dem Hashtag #varoufakefake umgehend eine große Diskussion über die Echtheit der Fälschungs-Behauptung Böhmermanns. „Wer faked denn so was? Das einzige, was ich mir vorstellen kann, ist, dass das eventuell eine kleine gebührenfinanzierte Losershow war“, sagt Böhmermann in dem Video. Das Netz brodelt, Deutschland rätselt.

Darum geht es Böhmermann in Wirklichkeit

Am Donnerstagvormittag legte der 34-Jährige mit einem offiziellen Statement auf Youtube nach, in dem er sich über die "notwendige journalistische Debatte über einen zwei Jahre alten, aus dem Zusammenhang gerissenen Stinkefinger" lustig macht:

Denn darum ging es Böhmermann eigentlich: "Liebe Redaktion von Günther Jauch", sagt er in dem Video, "Yanis Varoufakis hat unrecht. Ihr habt das Video nicht gefälscht. Ihr habt einfach nur das Video aus dem Zusammenhang gerissen und 'nen griechischen Politiker am Stinkefinger durchs Studio gezogen, damit sich Mutti und Vati abends nach dem Tatort nochmal schön aufregen können: 'Der Ausländer, raus aus Europa mit dem! Er ist arm und nimmt uns Deutschen das Geld weg. Das gibt's ja wohl gar nicht. Wir sind hier die Chefs!' So. Das habt Ihr gemacht - und der Rest ist von uns." 

Vielen Nutzern der sozialen Netzwerke ist die Frage, ob Fälschung oder nicht, allerdings relativ egal. Sie sind der Meinung, dass Böhmermann mit seinem "Spiel mit der Wahrheit" einen wichtigen Beitrag in der Diskussion über die Glaubwürdigkeit von Medien und die vorgefertigte Meinung der Deutschen zu Griechenland geleistet habe.

Jauch versteht Satire nicht

Die Verwirrung ist also groß. 

Erst Stunden später stellte das ZDF am Donnerstag unmissverständlich in einem vor Ironie triefenden Tweet klar: Die Behauptung war nur eine Satire-Aktion.

Die Idee ist gar nicht so blöd, denn zumindest die Produktionsfirma von Günther Jauch kann offenbar mit Satire nicht viel anfangen. i&u TV forderte Böhmermann auf, Beweise für seine Behauptungen vorzulegen, man sei auf ein von seiner Redaktion gefälschtes Video hereingefallen.

Varoufakis fordert Entschuldigung von Jauch

Jetzt fragte der Politiker auf Twitter nach, ob von Günther Jauch "eine Entschuldigung in Sicht sei", da dieser "ein gefälschtes Video" benutzt habe, um "eine versöhnliche griechische Stimme zum Schweigen zu bringen".

Böhmermann hingegen lobte der Grieche: "Humor, Satire und Selbstironie sind hervorragende Lösungsmittel für blinden Nationalismus. Wir Politiker  brauchen Sie dringend."

Von der enormen Resonanz auf seinen Coup überwältigt, twitterte der TV-Satiriker am Donnerstagvormittag dieses Bild von sich, versehen mit dem im Internet häufig zu lesenden Spruch: "Das ist ja ganz schön schnell eskaliert." 

dpa/hn

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