Darum muss man Conchita Wurst einfach lieben

Wien - Sie kennen Conchita Wurst, die im vergangenen Jahr den Eurovision Song Contest gewonnen hat: Dieses Jahr meldet sie sich aus dem Green Room beim ESC 2015 in Wien. Das sollten Sie über die Dragqueen mit Bart wissen.
Update vom 22. Mai 2015: Sie sind auf der Suche nach einem Live-Ticker zum Finales des Eurovision Song Contest? Wir bieten einen launigen Kommentar unseres tz.de-Redakteurs Haakon Nogge, News und Infos live aus Wien von unseren Reportern vor Ort und sicherlich auch den ein oder anderen Blick hinter die Kulissen. Wer beim ESC 2015 wann an den Start geht? Wir haben die Reihenfolge aller Teilnehmer zum Ausdrucken als PDF-Tabelle für Sie.
Wer Interviews mit Conchita Wurst sieht und liest, denkt: Die mag ich. Die Dragqueen redet sehr entspannt, höflich, witzig, schlagfertig. Deshalb wird sie beim Finale des 60. Eurovision Song Contest in Wien am Samstagabend (23. Mai 2015) hinter der Bühne die Kandidaten interviewen. Am Dienstagabend hatte sie das erste Halbfinale des ESC 2015 eröffnet.
Im vergangenen Jahr beim Eurovision Song Contest in Kopenhagen hatte Conchita für Österreich die pompöse Ballade "Rise Like A Phoenix" gesungen – und gewonnen. Conchita Wurst landete in den weltweiten Google-Suchtrends 2014 auf Platz sieben. In Deutschland wurde Conchita Wurst in der Kategorie "Musik" am häufigsten im Google-Suchfeld eingetippt, und damit häufiger als das Wort "ESC".
Bei Interviewterminen sieht Conchita Wurst mit ihrem Hosenanzug oder dem Bleistiftrock und der hochgeschlossenen Bluse aus, als gehe sie danach ins Büro. Doch dafür ist sie mit ihren unechten, dichten und flauschigen Wimpern eigentlich zu überschminkt. Noch mehr als auf ihren Wimpernfächer achten die Menschen jedoch auf Conchita Wursts Markenzeichen: den schwarzen Bart. So ist sie schon vergangenes Jahr beim Eurovision Song Contest aufgefallen.
Conchita Wurst, Siegerin des Eurovision Song Contest (ESC), sagt: Der Bart kommt niemals ab
„Conchita gibt es nur mit Bart“, stellt die Moderatorin des Eurovision Song Contest klar. „Ohne ihn wäre ich einfach nicht mehr Conchita. Ob ich ohne auch denselben Erfolg gehabt hätte, wer weiß das schon?“, sagte Conchita Wurst im April im Interview mit der Deutschen Presseagentur (dpa).
Die Österreicherin hat vor dem ESC-Finale Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in einer Suite des Hotels "Le Méridien" zum Interview empfangen. Auf die Frage, wann die das letzte Mal Tom Neuwirth war, antwortete sie: „Heute Morgen und die ganze Nacht.“
Fans von Conchita Wurst wissen, dass der heute 26-jährige Tom Neuwirth früher die Klamotten seiner Mama und Oma angezogen hat. Die Familie in der Steiermark steht voll hinter ihrem Tom und der weiblichen Bühnenfigur Conchita Wurst, die es seit 2011 gibt. "Wir lachen uns die ganze Zeit weg, wenn mein Papi mir noch in den Mantel hilft und die Tür aufhält.“
ESC 2015: Österreicher feiern Conchita Wurst wie zweite Kaiserin Sissi
Die Österreicher verehren ihre ESC-Siegerin aus dem vergangenen Jahr wie eine zweite Kaiserin Sissi. Den Eurovision Song Contest zu gewinnen, war wichtig. Ein Zeichen für Toleranz. Conchita Wurst traf sich sogar mit dem UN-Generalsekretär.
Doch die Dragqueen Conchita Wurst, die sich beim Eurovision Song Contest (ESC) aus dem Green Room meldet, bleibt realistisch, hat nicht zu hohe Erwartungen, wie sie gegenüber dem Deutschlandradio Kultur verdeutlicht: Die Akzeptanz sei gestiegen, aber es bleibe auch viel Scheinheiligkeit: "Ich bin nicht naiv, zu glauben, dass ein Statement reicht. Ich muss aber daran glauben, dass wenn man kontinuierlich darüber spricht, dass es Menschen gibt, die das hören, die vielleicht gewissen Einfluss haben auf gewisse rechtliche Situationen."
Doch rechtlich habe sich 2014 für Schwule und Lesben in Österreich ehrlich gesagt kaum etwas verbessert, erklärt Rechtsanwalt Helmut Graupner im Gespräch mit dem Radio: "Es hat eine ganze Menge von Ankündigungen gegeben, eine wahre Inflation. Aber keine einzige Ankündigung ist bis jetzt umgesetzt worden." Conchita Wurst muss also sicherlich noch ein bisschen bleiben, wo sie mittlerweile angekommen ist: in der Öffentlichkeit.
Idee zum Eurovision Song Contest 2015 in Wien: Homosexuelle Ampel-Pärchen mit Herzchen
Denn dass Wien als eine weltoffene, tolerante Stadt gesehen werden will, zeigen die neuen leuchtenden hetero- und homosexuellen Ampel-Pärchen, die extra vor dem Eurovision Song Contest an 120 Ampeln angebracht wurden: Frau/Mann, Frau/Frau, Mann/Mann mit Herzchen. München will diese Idee kopieren. Die Stadt bekommt zum Christopher Street Day schwule Ampelmännchen und lesbische Ampelfrauen.
Die Österreicher jedenfalls sind von ihrer Conchita Wurst schon mehr als überzeugt: Nach einer aktuellen Studie von FriendScout24.de sind 14 Prozent der Österreicher der Meinung, dass eine Frau mit Vollbart und Abendkleid an Attraktivität gewinnen kann. Denn vor allem die österreichischen Damen sind voll im Fieber von Conchita Wurst - 19 Prozent glauben laut der Studie sogar an eine Stärkung der Sexyness durch den Bart. Männer reagieren verhaltener, bei ihnen denken das nur 9 Prozent.
Am Samstagabend werden die Zuschauer ihre Augen wieder auf Conchita Wurst, die ESC-Siegern aus dem vergangenen Jahr, richten. Und vielleicht kommt ihre wichtige Botschaft diesmal noch mehr an.
sah