ARD-Film: Köhler und Benjamin spielen ein ungleiches Paar

München - Eine erfolgreiche Frau Ende 40 verliebt sich in einen über 20 Jahre jüngeren Pokerspieler – kann das gut gehen? Diese Frage stellt der sehr sehenswerte Film "Für eine Nacht … und immer?".
Eine erfolgreiche Frau Ende 40 verliebt sich in einen über 20 Jahre jüngeren Pokerspieler – kann das gut gehen? Und wenn ja: Wie viele Hindernisse werden der Liebe in den Weg gelegt? Wie viele skeptische Blicke des Umfelds müssen ausgehalten werden? Und kann es nicht am Ende doch eine ganz „normale“ glückliche Beziehung sein? All diese Fragen stellt der sehr sehenswerte Film "Für eine Nacht … und immer?", den die ARD am Freitag Abend ausstrahlt. In den Hauptrollen: die wunderbare Juliane Köhler (50) und Marc Benjamin (29), dessen Namen man sich spätestens nach diesem Fernsehabend auch merken wird. Die tz traf die beiden zum Interview.
Frau Köhler, dass Sie die Rolle der Eva spielen, stand früh fest. Ihren Partner durften Sie sich dann beim Casting mit aussuchen. Was hat Marc Benjamin, was alle anderen nicht hatten?
Marc Benjamin: Das wäre auch meine erste Frage gewesen (lacht).
Juliane Köhler: (lacht) Und ich beantworte sie gerne. Die Regisseurin Sibylle Tafel und ich waren uns einig, dass wir für die Rolle des Tom keine Klischeebesetzung wollten, also keinen rassigen Latin Lover oder so etwas. Denn dann hätte die Geschichte schnell ins Kitschige abdriften können. Wir wollten, dass jemand die Rolle spielt, der etwas Eigenes mitbringt. Als Marc zum Casting kam, war sofort klar: Er ist es! Da waren wir zwei Frauen uns ganz schnell einig.
Marc Benjamin: Ich denke, wir haben vor allem eines gemerkt: Dass wir das Thema des Films – der große Altersunterschied bei einem Liebespaar – dass wir genau das eigentlich gar nicht spielen mussten oder wollten. Ich hatte das Gefühl, wir sind uns auf Augenhöhe begegnet, obwohl zwischen uns privat ja auch ein paar Jahre liegen. Das spielte für mich aber überhaupt keine Rolle.
In der Tat geht Ihre Figur Tom ja auch viel selbstverständlicher mit dem Altersunterschied um als Eva. Er macht sich längst nicht so viele Gedanken über das, was „die anderen“ zu der Beziehung sagen könnten.
Marc Benjamin: Das stimmt, und das hat mir an der Rolle auch so gut gefallen. Für Tom stellt es überhaupt kein Problem dar, dass seine Freundin einige Jahre älter ist als er.
Juliane Köhler: Es gibt eine Stelle im Film, an der ich genau zu diesem Punkt sage: „Die Leute schauen auf mich und nicht auf dich. Ich bekomme die Blicke.“ Und ich glaube, dass das in der Realität auch so ist. Wenn eine Frau Mitte, Ende 40 einen deutlich jüngeren Freund hat, dann wird sie beäugt, nicht der Mann. Die Leute denken sich: Da hat sich die Alte aber einen jungen Typen geangelt! So ist die Gesellschaft. Die Emanzipation braucht eben ihre Zeit.
Ich habe gehört, dass Sie sich vor den Bettszenen im Film gefürchtet haben. Davon gibt es ja einige …
Juliane Köhler: Gefürchtet ist

vielleicht zu viel gesagt. Aber ich persönlich finde Bettszenen immer schwierig zu spielen. Die können ganz schnell nach hinten losgehen und dann sieht es unfassbar peinlich aus. Wir haben uns für diesen Film extrem viele Gedanken über die Bettszenen gemacht, haben uns oft mit der Regisseurin getroffen und die Szenen minutiös durchgesprochen. Das fand ich sehr professionell, denn ich mag es überhaupt nicht, wenn ein Regisseur sagt: „So, jetzt zieht euch mal aus, geht ins Bett und ich halte die Kamera drauf.“ Das geht nicht. Man ist ja kein Liebespaar, sondern wir sind zwei Schauspieler, die sich im wahren Leben nicht besonders gut kennen. Das ist eine Herausforderung, eine technische Angelegenheit, und gerade bei diesem Film war es mir wichtig, dass diese Szenen gut werden. Oder, Marc, was meinst du? Ich habe das Gefühl, ich rede so viel (lacht).
Marc Benjamin: Überhaupt nicht. Ich kann alles, was du gerade gesagt hast, unterschreiben. Gerade bei Liebesszenen ist es wichtig, dass man sich mit seinem Partner versteht.
Juliane Köhler: Alles andere ist grausam!
Marc Benjamin: Ich musste im Theater mal eine Kussszene spielen. Meine Partnerin hat so gestunken, dass ich es kaum ausgehalten habe. Später kam heraus, dass sie kurz vor dem Auftritt einen Döner mit Zwiebeln und Knoblauchsauce gegessen hatte. Das war nicht so toll (lacht). Juliane hat es mir nicht nur in dieser Beziehung ganz leicht gemacht. Die Arbeit mit ihr ist ein Geschenk.
Ihr Film hat im Sommer beim Münchner Filmfest Premiere gefeiert. Haben Sie Reaktionen bekommen?
Juliane Köhler: Auf mich sind ganz viele Frauen zugekommen und haben gesagt: Ich habe auch einen jüngeren Freund, ist das nicht toll? (lacht) Viele sagen aber auch, dass es einfach eine schöne Liebesgeschichte ist.
Marc Benjamin: Genau über diesen Satz – „Der Film erzählt eine schöne Liebesgeschichte“ – habe ich mich immer am meisten gefreut. Weil er eben nicht das Thema Altersunterschied in den Vordergrund stellt.
Juliane Köhler: Um ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern: Wir haben den Satz: „Tom, ich bin 21 Jahre älter als du“ ein paarmal aus dem Drehbuch rausgestrichen. Wir wollten nicht, dass das immer wieder betont wird.
Marc Benjamin: Ja, das stimmt. Das war fast ein Running Gag am Set. Das Thema ist, dass wir das Thema nicht zum Thema machen. Klingt ein bisschen eigenartig, aber so war es.
Am Ende sagt der Film: Es ist egal, wie alt man ist, Hauptsache man liebt sich.
Juliane Köhler: Ja, das ist die Botschaft. Wenn man sich auf Augenhöhe begegnet, sich gegenseitig Freiheiten lässt, mit Respekt behandelt und den anderen nicht verbiegen will, kann man eine glückliche Beziehung führen – ganz egal, wie alt man ist.
Marc Benjamin: Natürlich haben die beiden unterschiedliche Themen, mit denen sie sich beschäftigen. Aber das ist in vielen anderen Beziehungen, wo beide ungefähr gleich alt sind, doch auch oft so. Die Schwierigkeit und die Herausforderung ist doch, dass man den anderen nimmt, wie er ist. Das Alter ist letztlich nur eine Zahl.
Interview: Stefanie Thyssen
"Für eine Nacht … und immer?", Freitag, 20.15 Uhr, ARD