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Von Höchstwertung bis „Was ne Scheiße“: Extreme Reaktionen auf München-„Tatort“ – Fans feiern Balkon-Gag

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Von: Armin T. Linder

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Ungewöhnliche Folge, extreme Meinungen: Der München-„Tatort“ mit dem Titel „Mord unter Misteln“ polarisiert mächtig. Und hält ungewöhnliche Gags bereit.

München - Ein besonderer „Tatort“ an einem besonderen Tag: Die Folge „Mord unter Misteln“ lief am 26. Dezember und ließ die Zuschauer staunen. Denn der Großteil der Episode spielte im England des Jahres 1922, wo Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) als Lightmyer und Partridge in einem Mordfall ermitteln: Wer hat den Butler getötet? 

„Mord unter Misteln“: München-„Tatort“ spielt im England des Jahres 1922

Hintergrund: Assistent Kalli (Ferdinand Hofer) hat zum vorweihnachtlichen Beisammensein eingeladen. Dass es sich dabei um ein Krimi-Dinner handelt, erfahren die Kommissare erst, als sie schon da sind und es somit zu spät ist. Von dort aus wird die Runde hundert Jahre in die Vergangenheit katapultiert. Der Mord geschieht also nicht in München, sondern innerhalb des Krimi-Dinners. Wo sich der Großteil der „Tatort“-Folge abspielt.

Tatort: Mord unter Misteln München
Chief Inspector Francis Lightmyer (Udo Wachtveitl, links vorne) und Constable Ivor Partridge (Miroslav Nemec, rechts vorne) untersuchen Arthur im Kaminzimmer. Lady Bantam (Sunnyi Melles), Charles (Ferdinand Hofer) und Dr. Mallard (Alexander Hörbe, rechts hinten) beobachten sie. © BR/Bavaria Fiction GmbH/Hendrik Heiden

Leitmayr wird zu Inspector Francis Lightmyer, Batic zu Constable Ivor Partridge - ein ungewohntes Machtgefälle, das Batic (aka Partridge) alles andere als gefällt. Sie müssen nun rausfinden, warum der Butler tot auf dem Orient-Teppich vorm Weihnachtsbaum liegt, stoßen dabei auf die schlüpfrige Vergangenheit des Hausmädchens und auf eine noch sehr viel skandalösere der Dame des Hauses.

„Mord unter Misteln“: München-„Tatort“ spaltet Kritiker und Fans

Klingt skurril? Ist es auch. Und es rief bei zahlreichen Zuschauern extreme Reaktionen hervor. In negativem oder im positiven Sinn, denn die „Tatort“-Folge polarisiert mächtig. Schon im Vorfeld kam sie bei den Kritikern unterschiedlich an. Spiegel.de verteilt im Schnellcheck nur 4/10 Punkte und schreibt: „Dieser Versuch eines Meta-Miss-Marple-Krimis reißt das Publikum dann auch nicht mehr aus der wohligen Sediertheit des zweiten Weihnachtstages.“.

Das Portal wiewardertatort.de vergibt hingegen glatte 10/10 und meint: „Solch ein hinreißendes, auf ganzer Linie gelungenes Krimidinner-Experiment hat es in 52 Jahren Tatort-Geschichte noch nicht gegeben – und deshalb verdient sich der 90. Fall der altgedienten Münchner Kommissare den minimalen Abstrichen und prominenten Vorlagen zum Trotz als Tatort-Meilenstein sogar die Höchstwertung auf unserer Bewertungsskala.“ Und stuttgarter-zeitung.de schreibt: „Experiment geglückt“ - mit Schulnote 2 für Logik und 4 für Spannung.

Auch bei Twitter wird die Folge heiß diskutiert. „Ich habe es jetzt echt 2 mal versucht mit dem Tatort heute - aber zum Henker, was ist das für ein Mist? Völlig verschenkte Sendezeit“, motzt eine Person. Eine weitere Nutzerin schaltete vorzeitig ab: „Kann nur die ersten 15 Minuten beurteilen. Danach habe ich das spannungslose Konstrukt beendet.“

„Ziemlich perfekte Weihnachtsunterhaltung“, schreibt hingegen ein anderer Nutzer, der aber auch Längen sah. Ein weiterer meint: „Wirklich ein schöner, skurriler Weihnachts-Tatort Passte alles, Schauspieler, Musik, Kostüme, Dialoge. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt.“ Eine Userin geht noch weiter und schreibt: „Glatte 1! Clever, ironisch, meta und humorvoll - was für ein charmanter, toller ‚Tatort‘. Habe sehr gelacht. Und Kalli ist einfach klasse!“

Tatort: Mord unter Misteln
Liegend: Arthur Rogers (Christoph Mory); sitzend, von links: Detective Constable Ivor Partridge (Miroslav Nemec), Lady Mona Bantam (Sunnyi Melles), Detective Chief Inspector Francis Lightmyer (Udo Wachtveitl) und Kitty (Katharina Schlothauer), stehend: Reverend Teal (Joshua Seelenbinder), Heather (Marie Rathscheck), Dr. Mallard (Alexander Hörbe) und Charles „Charlie“ Bantam (Ferdinand Hofer). © BR/Bavaria Fiction GmbH/Hendrik Heiden

„Mord unter Misteln“: München-„Tatort“ hält in Balkon-Szene „Polizeiruf“-Gag bereit

Ein anderer will einfach keine Experimente zu Weihnachten und fordert: „Vielleicht klappt es in 2023 mal wieder mit einem ganz normalen ‚Tatort‘. Schießerei, Tod, Ermittlung. Ohne Kostüm und psychopathischen Drehbuchschreibern. Was ne Scheiße. Zack und umgeschaltet.“

Einige Referenzen auf andere Krimis sorgten für Lacher bei genauem Hinhören. Der Satz „Wir sind doch hier nicht im Orient-Express“ ist nur einer davon. Nach 43 Minuten setzt sich Partridge (Nemec) ans Klavier und scheint die „Tatort“-Melodie anzuspielen. Noch skurriler: die Balkon-Szene in einer kurzen Krimi-Dinner-Pause. Batic (Nemec) begleitet Gast Katrin (Katharina Schlothauer) zum Rauchen. Die fragt ihn: „Kennst du ‚Sherlock‘? Die BBC-Serie?“ Batic antwortet: „Äh, ich schau eigentlich keine Krimis. Höchstens mal ‚Tatort‘ ... vielleicht ‚Polizeiruf‘.“

Für manchen Fan ein Schenkelklopfer, wie sich bei Twitter zeigt. „Jetzt ist es passiert. Batic hat gerade ‚Polizeiruf‘ im ‚Tatort‘ gesagt“, staunt einer. „Etwas unheimlich“ sei das, meint ein anderer. Weitere zitieren aus dem Dialog mit lachenden Emojis.

„Mord unter Misteln“: München-„Tatort“ thematisiert möglichen Leitmayer-Abschied - der sich in Luft auflöst

Basis der ungewöhnlichen Folge bildet eine Hintergrund-Story zwischen den Kommissaren: Leitmayr und Batic, seit mehr als 30 Jahren das Traumduo des Sonntags-Krimis, haben in ihrem nunmehr 90. Fall eine Krise, eine existenzielle sogar. Leitmayr hat nämlich über Umwege erfahren, dass Batic sich erkundigt hat, wie das denn aussieht mit einem möglichen vorzeitigen Ruhestand. Leitmayr ohne Batic? Ein eigentlich unvorstellbares Szenario.

Leitmayr ist nicht nur sauer, dass sein langjähriger Kollege ihm nichts gesagt hat, sondern tief verletzt und traurig, obwohl er natürlich der Letzte wäre, der das zugibt. Kalli hat das Dinner auch eingefädelt, weil er seine beiden Chefs versöhnen wollte.

Dass das „Tatort“-Ermittler-Duo seinen Hut nimmt, müssen die Fans nicht befürchten. Das wurde schon im Vorfeld der Weihnachtsfolge klar. „Ein unmittelbarer Ausstieg ist nicht geplant“, betonte der zuständige BR-Redakteur Cornelius Conrad. Und das unterstreicht auch Nemec im Interview mit derwesten.de: Die Diskussion spiele nur in „Mord unter Misteln“ eine Rolle, so der Darsteller, „aber danach haben wir schon drei weitere Filme gedreht, die nächstes Jahr ausgestrahlt werden. Und auch für nächstes Jahr stehen wieder drei Drehs an. Man kann ein Zahlenspiel anstellen. ‚Mord unter Misteln‘ ist unser 90. Tatort, wir haben aber schon 93 gedreht und drehen drei pro Jahr. 99 wäre eine tolle Zahl, man kann aber auch 111 machen, oder 222 oder 333 oder 999. Das wären dann 300 Jahre.“ „Tatort“-Star Udo Wachtveitl schrieb kürzlich mit Nachbarschaftsstreitigkeiten Schlagzeilen. (lin mit Material von dpa)

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