Schauspielerin Shannon Purser, die Barb in der sehr erfolgreichen Netflix-Originalserie „Stranger Things“ darstellt, rät Zuschauern, die Selbstmordgedanken haben oder sexuell missbraucht wurden, keinesfalls „13 Reasons Why“ zu schauen. Auf Twitter verbreitete sie Warnungen und diskutierte mit ihren Followern:
Auch die Tochter von Michael Jackson, Paris Jackson, meldete sich nach der Ausstrahlung von Staffel eins zu Wort. Allerdings auf Instagram. Dort postete sie, gefährdete Zuschauer sollten die Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ nicht schauen.
Netflix hat sicher geahnt, Zuschauer und Experten mit der sehr realistischen Selbstmord-Szene aufzuregen. Denn parallel zur ersten Staffel hatte der Streamingdienst eine Dokumentation über „Tote Mädchen lügen nicht“ hochgeladen. Darin sprechen der Buchautor, die Produzenten, Hauptdarsteller und Psychologen über die Entscheidung, „13 Reasons Why“ genau so und nicht anders zu zeigen. Jay Asher, der das Jugendbuch „13 Reasons Why“ geschrieben hat, sagt: „Selbstmord ist ein unangenehmes Gesprächsthema. Aber es passiert, also muss man darüber reden. Es ist gefährlich, nicht darüber zu reden, weil es immer Raum für Hoffnung gibt.“
Einer vom Produzententeam, zu dem auch Selena Gomez gehört, sagt: „Es gab Leute, die uns gefragt haben, warum sich Hannah so umgebracht hat und warum wir es gezeigt haben. Es war uns wichtig, nichts Willkürliches zu tun. Wir wollten, dass es schmerzhaft anzuschauen ist, damit man weiß, dass Selbstmord niemals eine Lösung ist.“
Der Autor Jay Asher stellt klar, Hannah Baker sei keine Heldin - und widerspricht damit indirekt dem Vorwurf der Organisation „Save“. „Hannah hätte mehr tun können.“ Sie hätte die Leute weggestoßen und ihrem Vertrauenslehrer zu wenige Anhaltspunkte gegeben. „Das hätte sie tun sollen. Sie war nicht perfekt.“ Hannah Baker (überragend gespielt von Katherine Langford) hätte am Ende die Stärke gefehlt zu sagen, was wirklich passiert ist, was ihr wirklich zugestoßen ist.
Kate Walsh (berühmt aus der Krankenhaus-Serie „Grey‘s Anatomy“) spielt in „Tote Mädchen lügen nicht“ Hannah Bakers Mutter. Für sie war die Selbstmord-Szene „der Höhepunkt der Serie, an dem man die Menschen ehren will, die so etwas wirklich durchleben mussten. Man möchte ihnen Tribut zollen und es realistisch darstellen“. Und die Psychologin Dr. Helen Hsu kommentiert: „Es muss gezeigt werden, dass es kein schöner, kein einfacher Tod ist.“
Und die Serie sei auch als Augenöffner für Eltern von Teenagern gedacht. „Cybermobbing hört nicht auf, wenn die Schule aus ist“, sagt die Psychiaterin Dr. Hu Rona von der Stanford University. Die Serie zeige etwas Unvorstellbares für Erwachsene, die so etwas im Teenager-Alter nie erlebt haben. „Erwachsenen ist nicht klar, wie verletzend Cybermobbing ist.“
Der Regisseur Tom McCarthy (er führte zum Beispiel bei „Spotlight“ Regie) sagt: „Während des Prozesses dachte jeder an seine Erfahrungen in der Highschool zurück. Dinge, die wir falsch oder richtig gemacht haben. Da gab es Momente wie ‚Dieser eine Typ. Ich habe das getan. Ich hätte was sagen sollen.‘ Ich hoffe, dass Diskussionen entstehen, wenn die Serie läuft, nicht nur unter Freunden in Schulen, sondern auch unter Eltern.“
Und Selena Gomez untermauert dies mit dem Satz: „Wir wollten etwas tun, was Menschen helfen kann.“
Netflix hat Anfang Mai auf das negative Feedback reagiert. Laut Elite Daily will der Streamingdienst Warnungen vor jede Episode von „Tote Mädchen lügen nicht“ schalten - zusätzlich zu den Warnungen, die ohnehin bei bestimmten Folgen eingeblendet wurden.
Karl-H. Beine, Chefarzt im Marienhospital Hamm (Nordrhein-Westfalen) und Professor für Psychiatrie und Psychotherapie, hat mit WA.de* über die Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ gesprochen. Er sieht in darin ein gut geeignetes, drastisches Unterrichtsmaterial. „Man muss darüber reden, jedoch auf eine andere Art und Weise. Es ist eine verzweifelte Tat eines verzweifelten Menschen, der das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr sieht. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, das das Licht am Ende des Tunnels nie dunkel wird“, sagt Beine. Eltern rät er Folgendes: „Eltern, deren Kinder die Serie sehen wollen rät der Experte: „Sie sollten sie mit ihren Kindern zusammen ansehen. Sich über das Gesehene austauschen, Fragen beantworten. Auf keinen Fall sollten die Kinder damit allein gelassen werden.“
Die Netflix-Originalserie hat von den Streaming-Abonnenten fünf von fünf Sternen bekommen. Auf IMDB hat die Serie 8,3 von 10. Zum Vergleich: „House of Cards“ hat 8,9, „Narcos“ ebenfalls 8,9 und „Game of Thrones“ 9,5.
Netflix, manchmal übertriffst du dich selbst. Du hast TV-Serien entwickelt, die wir an einem Stück sehen wollen. So angefixt sind wir. Liebe User, starten Sie eine dieser Serien nur an einem freien Wochenende.
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Weltweit hat der Streaming-Dienst Netflix mittlerweile rund 125 Millionen Abonnenten weltweit und auch in Deutschland wird der Dienst immer beliebter. Doch wann gibt es neue Filme und Serien auf dem Streaming-Portal zu sehen? Wir haben für Sie eine Übersicht erstellt, damit Sie in Sachen Netflix immer auf dem neuesten Stand sind.
sah
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