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So zahlen Sie keine Steuern: Experte erklärt wichtige Regeln für Eheleute beim Testament

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Von: Corinna Maier

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Eheleute können sich mit dem Berliner Testament absichern
Eheleute können sich mit dem Berliner Testament absichern. © Imago

Das Berliner Testament ist das wohl beliebteste gemeinschaftliche Testament in Deutschland. Es hat viele Vorteile - aber auch Nachteile, vor allem, was die Steuer angeht.

München - Paare sichern sich häufig mit einem Berliner Testament gegenseitig ab. Der Vorteil: Diese Regelung ist klar und einfach. Der Nachteil: Das Finanzamt bekommt oft mehr, als es müsste. Dabei setzt der eine den jeweils anderen zunächst als Alleinerben ein. Die Kinder kommen erst nach dessen Tod zum Zuge. Doch es ist komplexer. Der Präsident des deutschen Forums für Erbrecht, Anton Steiner, erklärt bei IPPEN.MEDIA worauf es ankommt und gibt wichtige Tipps.

Was genau ist ein Berliner Testament?

Steiner: Ein Berliner Testament können nur Ehegatten verfassen. Inhaltlich werden darin zwei Erbfälle geregelt: Was passiert, wenn der erste Ehegatte stirbt und was passiert, wenn der zweite Ehegatte stirbt? Üblicherweise ist das so formuliert: Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein - das ist der erste Erbfall. Schlusserben beim Tod des zweiten sind unsere Kinder zu gleichen Teilen - der zweite Erbfall. Wenn keine Kinder da sind, können die Nichte oder der Tierschutzverein eingesetzt werden.

Wie läuft das formal ab?

Steiner: Entweder man macht es handschriftlich selbst. Also: Einer schreibt den gesamten Text per Hand und beide unterschreiben dann. Oder man geht zum Notar.

Den Leuten, die ein Berliner Testament machen, geht es in erster Linie darum, ihren Partner zu schützen, oder?

Steiner: Genau. Das ist die bestmögliche Absicherung des überlebenden Ehegatten. Deshalb bin ich eigentlich ein großer Fan des Berliner Testaments. Es ist ja auch nachvollziehbar: Ehepaare in einer funktionierenden Beziehung sehen sich ja auch wirtschaftlich als Team. Da ist ja klar, dass beide sagen: Warum soll sich an der wirtschaftlichen Situation etwas ändern, wenn einer der beiden stirbt.

Kinder, die nicht zum Zuge kommen, können ihren Pflichtteil verlangen

Andererseits: Die Kinder werden ja im ersten Erbfall sozusagen enterbt, bekommen also gar nichts. Sorgt das nicht für Verdruss in der Familie?

Steiner: Ich sehe das nicht als einen Nachteil des Berliner Testaments an. Es ist nur die logische Folge dessen, dass der überlebende Ehepartner alles bekommt. Es stimmt, dass die Kinder, die beim ersten Erbfall nicht zum Zuge kommen, ihren Pflichtteil verlangen können. Aber das kann ich mit keiner Art des Testaments verhindern.

Berliner Testament: Die beste Sicherung für Ehegatten

Dr. Anton Steiner

Dennoch kann der Pflichtteilsanspruch den überlebenden Ehegatten in Probleme stürzen - etwa dann, wenn er nur eine Immobilie erbt und den Pflichtteil aber in Cash auszahlen muss.

Steiner: Stimmt. Dafür gibt es aber die Möglichkeit der Pflichtteilsstrafklausel. Eine Art Zuckerbrot und Peitsche, das Kind, das den Pflichtteil verlangt, wird bestraft. Damit hat unser Berliner Testament bereits drei Klauseln. Klausel eins: Wir setzen uns gegenseitig als Erben ein, Klausel zwei: Schlusserben werden die Kinder, Klausel drei: Wer beim ersten Erbfall den Pflichtteil fordert, bekommt auch beim zweiten Erbfall nur den
Pflichtteil.

Was sind denn die Nachteile beim Berliner Testament?

Steiner: Der größte Nachteil ist steuerlicher Art. Zum einen droht Doppelbesteuerung, zum anderen gehen Freibeträge verloren. Das spielt freilich nur dann eine Rolle, wenn entsprechend viel an Vermögen da ist, sprich, wenn die steuerlichen Freibeträge in der Familie überschritten werden. Das ist bei uns in Oberbayern recht schnell der Fall, wenn eine Immobilien im Spiel ist. Da reicht in München schon eine Eigentumswohnung.

Erbe: Rechenbeispiel zeigt, wie Steuern beim Testament vermieden werden können

Haben Sie ein Rechenbeispiel?

Steiner: Nehmen wir einen ganz einfachen Fall. Ein Ehepaar mit zwei Kindern hat sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt, der Ehemann stirbt, die Frau erbt alles. Dieser erste Erbfall ist steuerlich meistens noch gar nicht so schlimm, denn es gibt ja die Steuerbefreiung für das Familienheim, den Freibetrag des Ehegatten von 500 000 Euro, einen Versorgungsfreibetrag bis zu 256 000 Euro, vielleicht noch einen steuerfreien Zugewinnausgleich. Also, das geht oft ohne Erbschaftssteuer aus. Aber beim zweiten Erbfall kommt es meistens dicke.

Dr. Anton Steiner
Dr. Anton Steiner. © privat

Wieso?

Steiner: Das Vermögen der Ehegatten hat sich akkumuliert und die Kinder haben nur einen Freibetrag, den des Letztverstorbenen. Den Freibetrag aus dem ersten Erbfall können Kinder leider nicht mehr nutzen. Um im Beispiel zu bleiben: Die Ehefrau hatte 800 000 Euro Vermögen, der Ehemann ebenfalls, Die Ehefrau hat unter Nutzung aller Freibeträge die 800 000 Euro ihres Mannes bekommen, ohne dafür Steuern bezahlen zu müssen. Wenn sie selbst stirbt, geht es bei den Kindern schon um eine Summe von 1,6 Millionen Euro. Und der Freibetrag liegt nur bei 400 000 Euro je Kind. Bleiben 400 000 Euro, die jedes der beiden Kinder mit 15 Prozent versteuern muss. Macht 60 000 Euro je Kind, zusammen 120 000 Euro. Das sind zwar wohlhabende Menschen, aber ganz sicher keine Superreichen. Wenn es dann noch nur um eine Immobilie geht, von der ich nicht so leicht etwas abknapsen kann, dann sind 120 000 Euro Erbschaftssteuer aus meiner Sicht schon eine ganze Menge.

Wie hätte man das verhindern können?

Steiner: Man hätte festlegen können, dass die Kinder schon beim ersten Erbfall etwas bekommen, der überlebende Ehegatte wird aber durch Nießbrauch abgesichert. Das heißt, er behält die Kontrolle und den Ertrag aus einer gemeinsamen Immobilie. Damit hätten wir die Erbschaftssteuer auf null gedrückt, weil die Kinder auch den Freibetrag aus dem ersten Erbfall hätten nutzen können. Dazu kommt, dass die Kinder beim zweiten Erbfall auch entsprechend weniger bekommen - also auch weniger Geld zu versteuern haben.

Und das kann man auch in einem Berliner Testament regeln?

Steiner: Ja, in einem optimierten Berliner Testament.

Spezielle Regelungen kann man in weiteren Klauseln des Testaments festlegen

Das Berliner Testament hat auch eine starke Bindungswirkung. Das heißt, der überlebende Partner kann mit dem Vermögen nicht mehr machen, was er will.

Steiner: Ich sehe das nicht als einen Nachteil des Berliner Testaments an. Es ist nur die logische Folge dessen, dass der überlebende Ehepartner alles bekommt. Es stimmt, dass die Kinder, die beim ersten Erbfall nicht zum Zuge kommen, ihren Pflichtteil verlangen können. Aber das kann ich mit keiner Art des Testaments verhindern.

Wie?

Steiner: Es gibt drei Möglichkeiten: Bindung, keine Bindung, eingeschränkte Bindung. Bindung: der Überlebende kann nichts mehr ändern, keine Bindung: er ist vollkommen frei, eingeschränkte Bindung: er kann zum Beispiel innerhalb des Kreises der gemeinschaftlichen Abkömmlinge - so eine häufige Formulierung - andere Regelungen treffen oder bis zu einer bestimmten Summe anderweitig verfügen. Das alles lässt sich in weiteren Klauseln des Testaments festlegen.

Steuerfreibeträge für Verwandte:

ErbschaftssteuerklasseVerwandtschaftsgrad zum ErblasserSteuerfreibetrag
1Ehepartner500 000 €
1Kinder, Stiefkinder, Enkel (Nacherben von verstorbenen Kindern)400 000 €
1Enkel200 000 €
1Sonstige Personen100 000 €
2Eltern, Voreltern, Geschwister, Nichten Neffen, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Ehepartner20 000 €
3Sonstige Personen20 000 €
Quelle: Immobilien Reicheneder

Was ist im Fall einer Scheidung?

Steiner: Dann gibt es die gesetzliche Vermutung, dass es nicht mehr gilt, aber der Klarheit halber sollte man es aufheben und neu verfügen.

Wird die Bindungswirkung aufgehoben, wenn der überlebende Ehepartner noch mal heiratet?

Steiner: Der Gesetzgeber sieht vor, dass, wenn der überlebende Partner noch einmal heiratet - oder auch jemanden adoptiert -, er das Testament anfechten und sich so aus der Bindung befreien kann.

Und wenn man das genau nicht will?

Steiner: Dann muss man auch das testamentarisch regeln. Man kann auf dieses Anfechtungsrecht verzichten. Das wäre Klausel 4: Wir verzichten auf das Recht der Anfechtung, insbesondere für den Fall der Wiederverheiratung oder Adoption. Auch da kommt ein Laie wohl eher nicht drauf, wenn er sich nicht von einem Fachmann beraten lässt. (Corinna Maier)

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