Bierbrauer wollen Pfand erhöhen – 10 Euro pro Kasten in der Diskussion
Das deutsche Mehrwegsystem hat ein Problem. Brauer klagen, dass die Flaschen zu langsam zurückkommen. Jetzt debattiert die Branche über höhere Pfandpreise.
München – In der deutschen Brauereibranche wird aktuell über Pfand diskutiert. Die gestiegenen Preise für neue Flaschen erhöhen laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur den Leidensdruck. Während manche in der Branche eine drastische Erhöhung für nötig halten, um das Mehrwegsystem auf Dauer gut aufzustellen, warnen andere vor Kosten von Hunderten Millionen Euro und verschreckten Kunden.
Doch vor allem die Umstellung würde kurzfristig wohl für Probleme sorgen. Kern des Problems ist, dass eine neue Bierflasche sehr viel mehr kostet, als das auf sie erhobene Pfand von in der Regel acht Cent. „Mit der aktuellen Pfandhöhe ist der Rückgabeanreiz nicht groß genug. Dadurch gehen viele Flaschen und Kästen verloren und müssen teurer nachgekauft werden“, sagt Lothar Ebbertz, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds. Ein höheres Pfand hingegen könnte die Flaschen schneller zurückbringen, sagt er.
Brauerei-Branche: Muss das Pfand steigen? Erhöhung ist schwer umzusetzen
Dennoch ist der Verband der Brauer kein Verfechter einer Erhöhung. „Der Teufel steckt im Detail“, sagt Ebbertz. Auch der Deutsche Brauer-Bund ist zurückhaltend. Eine Pfandsatzerhöhung wäre „nur sehr schwierig umzusetzen“ und „extrem kostenintensiv für die Brauereien“, betont Hauptgeschäftsführer Holger Eichele. Zudem müssten neben allen Getränkeherstellern und Abfüllern auch Handel und Verbraucher mitziehen.
Die Belastung für die Brauer würde insbesondere dadurch entstehen, dass sie bei einer Erhöhung des Pfandes für Flaschen und Kästen, die bereits im Umlauf sind, mehr Pfand zurückzahlen müssten, als sie zuvor eingenommen haben und in der Bilanz höhere Rückstellungen nötig würden. Eine Erhöhung des Pfandsatzes auf 15 Cent würde bei vier Milliarden Mehrweg-Bierflaschen auf dem deutschen Markt bei den Brauereien zu einem Aufwand von insgesamt 280 Millionen Euro führen, rechnet Eichele vor. Bei 25 Cent wären es sogar 680 Millionen Euro.
Steigt das Bierpfand? Langfristig amortisiert sich die Umstellung für die Brauer
Die Belastung für die Branche sieht auch Sebastian Priller, Chef der unter anderem für Spezi bekannten Brauerei Riegele in Augsburg. Priller hat die Debatte mit seiner in der Augsburger Allgemeinen gestellten Forderung nach zehn Euro Pfand für einen Kasten, befüllt mit 20 Flaschen, neu entfacht. Sein Argument: Für viele Betriebe würde eine Umstellung zwar kurzfristig Verluste bedeuten. Auch in seinem eigenen Haus würde einer Erhöhung auf zehn Euro pro Kasten eine einmalige Belastung von rund fünf Millionen Euro bedeuten, sagt der Brauerei-Chef. Dem stehen allerdings siebenstellige Kosten pro Jahr durch den Verlust von Flaschen und Kästen gegenüber. Ein höheres Pfand würde diese deutlich senken, davon ist zumindest Priller überzeugt.

Priller glaubt, dass die Flaschen dann schneller zurückgegeben würden und einer verlorenen Flasche ein höheres Pfand als Ausgleich gegenüber stünde. Beim Deutschen Brauer-Bund hat man allerdings Zweifel, ob das Leergut mit höherem Pfand wirklich schneller zurückkommt. In einer Umfrage hätten sich nur 22 Prozent der Verbraucher entsprechend geäußert, sagt Eichele. Und grundsätzlich funktioniere der Mehrweg-Kreislauf auch mit den aktuellen Sätzen „nach wie vor sehr gut“.
Verbraucher werden durch Pfanderhöhung auf Bierflaschen überfordert
Die Großbrauerei Veltins im Sauerland positioniert sich deutlich gegen eine Pfanderhöhung. Es sei der falsche Weg, „den treuen Verbraucher gerade in diesen konsumbelasteten Zeiten durch sprunghafte Pfandsatzerhöhungen zu überfordern“, warnt der Generalbevollmächtigte Michael Huber. „Diese Versuche werden in regelmäßigen Abständen in die Diskussion geworfen, um dann an der Komplexität des deutschen Mehrwegsystems zu scheitern.“ Die Risiken einer Umstellung seien „enorm“.
„Die Diskussion ist ins Laufen gekommen“, sagt Branchenexperte Niklas Other, der das Getränkemarktmagazin Inside herausgibt. Es sei naheliegend, dass man nach sehr, sehr vielen Jahren am Pfand drehen wolle. Doch noch stehe die Debatte am Anfang. „Es ist alles unausgegoren.“
Brauerei-Branche: Leidensdruck für die Brauer steigt mit jedem Cent mehr
In den vergangenen Jahren wäre der Leidensdruck durch das objektiv zu niedrige Pfand nicht so hoch, „dass die Branche bereit gewesen wäre, die Kosten und Schwierigkeiten einer Umstellung auf sich zu nehmen“, ruft Lothar Ebbertz in Erinnerung. Doch vom Tisch ist das Thema damit nicht. Der Leidensdruck steige mit jedem Cent mehr, den die Flaschen im Einkauf teurer würden. „Wir nähern uns einem Punkt, an dem wir uns des Themas annehmen müssen.“ Zumindest könnte das Bundeskartellamt den Brauern hier nicht in ihre Preispolitik reinpfuschen, wie einst, als es Millionen Bußgelder für bekannte Marken verhängte.
Während die Brauer noch über eine Preisanpassung ihrer Flaschen diskutieren, plant die EU derweil neue Vorgaben für Plastikflaschen in Supermärkten. (dpa)