Wochenlange Streiks bei der Bahn drohen: Diese Rechte haben Fahrgäste
Weitere Zugausfälle und Verspätungen durch Warnstreiks bei der Bahn drohen. Was Reisende tun können, wenn der Zug nicht fährt und welche Rechte sie haben.
München – Zwei Streiks hat es dieses Jahr bereits bei der Deutschen Bahn gegeben: Im März und April legten die Bahnmitarbeitende die Arbeit nieder und das Streckennetz lahm – doch zu einer Einigung kam es bislang nicht. Bahnreisende müssen sich also auch weiterhin auf massive Zugausfälle einstellen. Denn die Bahngewerkschaft EVG kündigte bereits weitere Warnstreiks für die nächsten Wochen an. Diese sollen dann auch länger dauern als der letzte deutschlandweite Streik am 21. April 2023.
Gewerkschaft EVG könnte „Bahn wochenlang lahmlegen“ – was können Fahrgäste dann tun?
Theoretisch könne man die Bahn „wochenlang lahmlegen“, wie die Verhandlungsführerin der EVG, Cosima Ingenschay, gegenüber der Süddeutschen Zeitung (SZ) erklärte. Auch sollten die Streiks diesmal länger dauern als der letzte, bei dem am 21. April 2023 der Nah- und Fernverkehr in Deutschland zeitweise stillstand. Bei der S-Bahn kam es ebenfalls zu Ausfällen
Viele Passagiere waren an Bahnhöfen gestrandet oder hatten die Reise gar nicht erst angetreten. Viele fragen sich daher, welche Rechte Bahnreisende eigentlich haben, wenn ihr Zug wegen eines Streiks ausfällt oder es zu starken Verzögerungen der Reise kommt. Gibt es dafür eine Entschädigung, beziehungsweise was kann man darüber hinaus noch tun, wenn man die Fahrt unbedingt antreten muss?
Streik bei der Bahn: Was tun bei Zugausfall oder Verspätung?
Grundsätzlich gilt: Auch im Streikfall gelten die Fahrgastrechte der EU-Fahrgastverordnung – wie auch bei Verspätungen oder Zugausfällen aus anderen Gründen. An den letzten Streiktagen hatte die Bahn allerdings extra Kulanzregeln aufgelegt: Wer seine Bahnfahrt im bestreikten Zeitraum nicht antreten wollte, konnte sein Ticket für den Fernverkehr bis eine Woche danach flexibel nutzen.
Fahrt wird wegen Streiks gar nicht erst angetreten: Bahnkunden erhalten Erstattung
Auch Sitzplatzreservierungen konnten kostenlos storniert werden. Dies gilt allerdings meist nur für Fahrkarten, die vor Ankündigung des Streiks gekauft wurden. Wer die Reise mit der Bahn wegen eines Streiks also gar nicht mehr antreten möchte, der bleibt zumindest nicht auf den Fahrtkosten sitzen. Die Erstattung muss entweder schriftlich mit dem Fahrgastrechte-Formular beantragt werden. Diese ist in den Reisezentren erhältlich und muss ausgefüllt und mit der Post eingeschickt werden.
Erstattung des Tickets kann online oder per Post beantragt werden
Einfacher ist es bei Online-Tickets. Diese kann man sich über das Kundenkonto auf bahn.de oder über die DB-Navigator-App ganz einfach erstatten lassen. Bei beiden Wegen hat man die Wahl, ob man das Geld für das Ticket als Gutschein oder per Überweisung aufs Konto erhalten möchte.

Welche Entschädigung es bei streikbedingten Zugverspätungen gibt
Wer am Streiktag unterwegs ist, weil er nicht umplanen konnte oder die Einschränkungen in Kauf nimmt, der sollte zum einen Geduld mitbringen und sich zum anderen vorab genau erkundigen, welche Züge fahren und welche nicht. Auch nach Streikniederlegung kommt es oft noch stundenlang zu massiven Beeinträchtigungen im Bahnverkehr. Verspätungen sind da nicht ausgeschlossen.
Wer sein Ziel nicht pünktlich erreicht, hat dennoch Anspruch auf Entschädigungen nach der EU-Fahrgastverordnung – genau wie bei sonstigen Verspätungen der Bahn. Diese sehen folgendermaßen aus:
- ab 60 Minuten Verspätung an Ihrem Zielbahnhof erhält man 25 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt zurück
- ab 120 Minuten Verspätung an Ihrem Zielbahnhof gibt es eine Erstattug von 50 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt
- bei Fahrkarten für die Hin- und Rückfahrt wird die Entschädigung auf der Grundlage des halben entrichteten Fahrpreises berechnet. (Quelle: Webseite der Deutschen Bahn)
Verspätung bei der Bahn wird immer daran gemessen, wann der Fahrgast den Zielbahnhof erreicht
Wichtig ist dabei: Selbst, wenn ein Zug nur zehn Minuten zu spät war und man dadurch den Anschluss verpasst, gilt der Anspruch nicht auf die Verspätung von zehn Minuten, sondern für die Verzögerung, mit der man sein Ziel erreicht. Denn in der Regel muss man auf den nächsten Zug warten, der einen zum gewünschten Ziel befördert.
Die Verbraucherzentralen raten, sich die Verspätung von Bahnmitarbeitenden am jeweiligen Bahnhof bestätigen zu lassen. Es ist aber auch möglich, andere Belege zu sammeln. Geeignet sind zum Beispiel Screenshots von der App oder der Webseite oder Fotos von den Anzeigetafeln, aus denen die Verspätung hervorgeht.
Zahlt die Bahn bei einem Streik die Kosten für andere Verkehrsmittel oder ein Taxi?
Wenn der Zug nicht fährt, dann bietet sich auch die Fahrt mit einem anderen Verkehrsmittel wie dem Auto an. Die Kosten dafür werden von der Bahn allerdings nicht übernommen. Auch sollte man mehr Wegzeit wegen möglicher Staus einplanen, da durch den Bahnstreik eventuell auch viele andere Menschen dieselbe Idee hatten.
Einfach auf eigene Faust ins Taxi zu steigen, ist ebenfalls schwierig. Denn die Rechnung dafür muss von der Bahn nicht automatisch übernommen werden. Die Bahn muss die Kosten für eine Taxifahrt nur bis maximal 80 Euro erstatten – und auch nur, wenn die geplante Ankunft am Ziel zwischen 0:00 Uhr und 5:00 Uhr nachts liegt und der Zug mindestens 60 Minuten verspätet ankommt, wie der Verbraucherzentrale Bundesverband auf seiner Webseite erklärt. Das Gleiche gilt, wenn der letzte planmäßige Zug des Tages ausfällt und Sie Ihr Ziel bis 24:00 Uhr nicht anders erreichen.
Im Streikfall: Wann die Bahn ein Hotel bezahlen muss und was bei einem verpasstem Flug passiert
Wer wegen des Streiks an einem Bahnhof strandet und am selben Tag von dort nicht mehr wegkommt, auch auf anderem Weg, dem muss die Bahn eine Unterkunft stellen und auch die Fahrt dorthin sowie am nächsten Tag zurück zum Bahnhof organisieren. Wer selbst ein Hotel buchen will, dem rät die Verbraucherzentrale, sich unbedingt bestätigen zu lassen, dass die Bahn keine Fahrt an diesem Tag mehr durchführen wird.
Wer aufgrund des Streiks seinen Flug verpasst, der startet möglicherweise ziemlich übel gelaunt in den Urlaub. Denn wenn die Bahntickets einzeln gekauft wurden, dann guckt man in die Röhre. Die Bahn muss hier keine Entschädigung für den Flug leisten, nur für die Bahnfahrt an sich. Hier ist man als Reisender also selbst in der Pflicht, sich rechtzeitig zu informieren und um Alternativen zu kümmern. Bei Rail-and-Fly-Tickets muss der Reiseveranstalter unter Umständen einen Ersatzflug stellen.