„Verlieren bis zu 24 Cent pro Flasche“: Spezi-Chef will 10 Euro Pfand auf Getränkekisten erheben

Die Getränkehersteller in Deutschland stehen vor einem Problem: Das Pfandsystem ist nicht mehr zeitgemäß. Jetzt könnten drastische Erhöhungen beim Pfand drohen.
Augsburg – Der Spezi-Chef Sebastian Priller-Riegele in Augsburg verfolgt ein hehres Ziel, und zwar nichts Geringeres als die Revolution des Pfandsystems. Denn sowohl die Brauereien als auch das Mehrwegsystem stünden vor großen Problemen. Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen erklärt er, er wolle das Pfand auf Glasflaschen und Getränkekisten drastisch erhöhen.
Aber ist das wirklich nötig? In der Getränkebranche bestehe schon seit Langem das Problem, dass große Mengen an Pfandgut nicht den Weg zurück zum Hersteller finden, so der Unternehmer aus Augsburg. Die Kisten würden sogar teilweise als Dekoration oder Baumaterial verwendet. Hinzu komme, dass der Großhandel die Pfand-Kisten teilweise zu Plastikgranulat schreddern lasse – wegen gestiegener Transportkosten. Das sei für diese am Ende oft günstiger, aber „ökologischer Irrsinn“, so der Spezi-Chef.
10 Euro Pfand auf Kisten: Spezi-Kästen könnten bald teurer werden
„Wir verlieren bis zu 24 Cent pro Flasche“, erklärt er weiter. Derzeit werden bei Bier meist lediglich 8 Cent Pfand pro Flasche erhoben, der Augsburger Brauerei-Chef fordert eine Anhebung auf 25 Cent, also auf Dosenpfand-Level. Ein Bierkasten soll im Wert von 1,50 Euro auf 5 Euro steigen. Für einen Kasten „Spezi“ aus der Riegele-Brauerei, der 20 Flaschen fasst, will er 10 Euro Pfand veranschlagen. Zuvor lag der bei 3,10 Euro Pfand.
Ein drastischer Unterschied, doch wie der Unternehmer auf diesen Wert kommt, lässt sich leicht erklären: Der Einkauf der Kästen koste den Hersteller nun mal 10 Euro. Seine Brauerei stehe durch die fehlenden Kisten und Flaschen, die sie ersetzen muss, jährlich vor einem Millionenschaden. Die geltenden Pfandbeträge seien dem aktuellen Materialwert schlichtweg nicht mehr angemessen. Seit dem Ukraine-Krieg sei etwa der Glaspreis enorm gestiegen.
Verbraucher aufgepasst: Spezi-Kästen für 10 Euro zurückgeben
Das Pfandproblem ist kein neues, eine Lösung wurde bislang nicht umgesetzt. Gegner einer Umstellung befürchten, dass die Branche des Getränkehandels bei einer schlagartigen Erhöhung des Pfandwertes vor finanziellen Problemen stünden. Denn sobald das Pfand angehoben wurde, könnte auch Leergut eingelöst werden, das zu den niedrigen Sätzen gekauft wurde.
Priller-Riegele ist allerdings überzeugt, dies sei lediglich ein kurzfristiger Effekt, auf den der Handel sich vorbereiten könne – wenn der denn will. Dadurch, dass fast alle Sortierbetriebe den großen Konzernen gehörten, könnten diese erst die Kästen ihres eigenen Unternehmens füllen und erst dann die übrigen Flaschen in Kästen von Riegele und anderen kleinen Brauereien sortieren. Ein weiteres Marktinstrument, mit dem die kleinere Konkurrenz klein gehalten werde, so Priller-Riegele gegenüber der Augsburger Allgemeinen. „Deshalb gibt es von dieser Seite natürlich auch kein großes Interesse, am Pfandsystem etwas zu ändern.“
Pfand-Erhöhung und Neueinführung? Bald Pfand auf Weinflaschen möglich
Von ähnlichen Rückgabe-Problemen berichtet unter anderem der Getränkehersteller Anheuser-Busch InBev, Hersteller des Corona-Bier-Mixgetränks. Aus einer stichprobenartigen Befragung gehe hervor, dass über die Rückgabe des Leerguts beim Verbraucher noch immer Unklarheit herrsche. Mit einer Informationsinitiative wolle man die Quote des zurückgegebenen Leerguts um 20 Prozent erhöhen, so eine Pressemitteilung des Konzerns.
Im Weinhandel gibt es ebenfalls eine Bewegung hin zum Pfandsystem – und zwar möglichst von Beginn an einheitlich. Eine Initiative aus Baden-Württemberg entwickelte eine 0,75-Liter-Flasche für die gesamte Branche, die bald über ein bundesweites Mehrwegsystem verfügbar werden soll. (na)