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Toiletten-Schild an Berliner Uni vollgekritzelt: „Super, wie fortschrittlich eine Frau symbolisiert wird“

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Zur Toilette muss jeder Mensch ab und zu. Dass hierbei die Beschilderung, wenn auch grundsätzlich richtig gewählt, für Zündstoff sorgen kann, beweist sich nun an der Freien Universität Berlin.

Berlin – Links oder rechts, Rock oder Hose, „D“ oder „H“ – Wer außerhalb der eigenen vier Wände das stille Örtchen aufsuchen will, macht sich meist nicht allzu viele Gedanken darüber, dass Frauen und Männer in unterschiedlich gekennzeichneten Räumen ihre Notdurft verrichten. Die Freie Universität Berlin wollte dieses – ihr gesetzlich im Übrigen vorgeschriebene – Prinzip durchsetzen, entfachte durch die „künstlerische“ Beschilderung dabei allerdings eine Diskussion auf der Toilettentüre.

Öffentliche Toiletten: Damen hier, Herren dort – Was hat es mit der Trennung der WCs auf sich?

Es ist ein bekanntes Bild: Eine lange Schlange bildet sich vor der Damentoilette, während im Waschraum für Herren gähnende Leere zu herrschen scheint. Der Gedanke, schlichtweg die gleich gestalteten Kabinen im anderen Raum aufzusuchen, liegt nahe. Und doch hält einen etwas zurück.

Dabei waren bis ins 19. Jahrhundert öffentliche Toiletten meist nicht nach Geschlechtern getrennt; erst in der viktorianischen Ära entwickelte sich mit der „Ideologie der getrennten Sphären“ die Vorstellung, durch getrennte WCs moralische Arbeit zu leisten. Die Frau sollte in ihrem Ruf geschützt werden, indem sie sich nicht im selben Raum entkleiden musste wie ihre männlichen Zeitgenossen.

Diese Trennung ist, auch wenn die Waschräume mittlerweile deutlich freundlicher für die Privatsphäre ausgestaltet sind, geblieben. Im Rahmen des Bestrebens, allen Geschlechtern den Gang auf das stille Örtchen zu ermöglichen, das sie ihrem Selbstbild als zugehörig empfinden, stellt sich die Frage, inwieweit die althergebrachte Beschilderung noch zeitgemäß ist. Diese Thematik bewegt auch die Gemüter an der FU Berlin. Dort scheinen einige mit einem Toilettenschild nämlich nicht einverstanden.

Toiletten-Zoff in der FU Berlin? Studierende stören sich an Beschilderung von WC

Die Grafik zeigt ein weiblich gekleidetes und ein männlich gekleidetes, weißes Symbol auf dunklem Grund.
So kennt man sie, die Symbolfiguren auf öffentlichen Toiletten. Doch ist diese Beschilderung noch zeitgemäß? (Symbolbild) © magann Panthermedia11915425 IMAGO / Panthermedia

Wer an die Schul- und Studienzeit zurückdenkt, weiß, dass sich die Diskussionen, die auf den Türen öffentlicher Toiletten geführt werden, meist in der Frage erschöpfen, wer angeblich mit wem liiert sein soll, oder dem Austausch von Tratsch und Frivolitäten dienen. Sogar mit versprühtem Tierabwehrspray machte eine Schultoilette schon von sich reden. An der FU Berlin allerdings sorgt die „Bemalung“ der Waschräume für einen ganz anderen Streit.

Ob von der Universität selbst, ist nicht mit Sicherheit zu sagen – fest steht aber: Das Toilettenschild wurde mit Filzstift gegendert. Der Figur verpasste man neben einem Lächeln lange Haare und ein Röckchen. Damit bebildert wurde der Hinweis, dass sich hinter der Türe die Damentoilette befindet. Die Reaktionen folgten prompt. „Super, wie fortschrittlich eine Frau symbolisiert wird!“, ist neben einem Venussymbol unter dem Kunstwerk, das eine Twitter-Userin öffentlich gemacht hat, zu lesen. Darstellungen eines zweifelhaften Frauenbildes im öffentlichen Raum erhitzten übrigens auch in Bayern erst kürzlich die Gemüter.

Toilettenschild in Berliner Uni sorgt für Zoff

Die Kritik der Berliner Studierenden wiederum stößt auf Unverständnis im Netz. „Toiletten-TERF-Zettel-Battle“ wird der Kommentar auf Twitter genannt. Wie frauenseite.bremen weiß, kommt das Wort TERF „ursprünglich aus dem Englischen und steht für ‚Trans-Exclusionary Radical Feminist‘.“ Damit sind Personen gemeint, „die einen vermeintlich radikalen Feminismus vertreten, aus dem sie jedoch trans Personen explizit ausschließen“. Bedeutet: Für Vertreter dieser Ansicht – einige zählen beispielsweise Autorin J.K. Rowling dazu – gibt es keine anderen Geschlechter als männlich und weiblich, wobei die Zugehörigkeit sich ausschließlich an biologischen Merkmalen definiert. Das Toilettenschild ist damit – wohl unfreiwillig – Symbol einer aktuellen gesellschaftlichen, sehr komplizierten Thematik geworden. (askl)

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